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In Sachen LiebeSoll ich mich auf eine Fernbeziehung einlassen?

Lesezeit 3 Minuten
Eine Frau sitzt mit einem Glas Rotwein vor ihrem Laptop. 

Mit dem Glas Rotwein im Video-Call: Kann man sich als Paar nah bleiben, wenn der Partner in einer anderen Stadt lebt?

Frage an den Paartherapeuten: Kann die Liebe Distanz verkraften? Oder kommen zwangsläufig Probleme mit Eifersucht oder der Sexualität auf Paare zu?

Ich lebe mit meinem Partner seit vier Jahren glücklich zusammen. Nun hat sich für ihn eine grandiose berufliche Perspektive ergeben, für die er allerdings nach Paris ziehen müsste. Meinen Job, der mir sehr viel bedeutet, könnte ich dort nicht ausüben. Daher sind wir derzeit in der Überlegung, uns auf eine Fernbeziehung einzulassen. Allerdings bereitet mir die Vorstellung ziemliche Sorgen. Ich frage mich, ob eine Beziehung diese Distanz verkraften kann, wir weiterhin glücklich miteinander sein können und auch, ob Themen der Sexualität und Eifersucht auf uns zukommen werden. (Silke, 52)

Mit diesen Fragen sind Sie nicht allein. Mehr als die Hälfte der Deutschen hat schon mindestens einmal eine Fernbeziehung geführt. Mehr als jede achte Person lebt sogar gegenwärtig in einer Fernbeziehung. Insofern gibt es zumindest sehr viele. Hoffnungsfroh stimmen Umfragen, denen zufolge Menschen in Fernbeziehungen weder unglücklicher mit ihrer Beziehung noch unzufriedener mit Ihrem Sexleben sind als andere Paare.

In einer Beziehung ist nicht nur Körperkontakt wichtig

Ob für Sie und Ihren Partner eine Fernbeziehung in Frage kommt, können und sollten aber nur Sie beide entscheiden. Es ist hochindividuell, wie viel Nähe eine Person benötigt und mit wie viel Distanz jemand zurechtkommt. Zudem gehen räumliche und partnerschaftliche Nähe nicht zwingend miteinander einher. In einer Beziehung ist schließlich nicht nur Körperkontakt wichtig, sondern auch viele andere Faktoren, wie eine gute Kommunikationsbasis, Vertrauen, gesehen und anerkannt werden, Unterstützung und Freiräume erfahren.

All das ist auch in einer Fernbeziehung möglich. Wichtig scheint mir in Ihrem Fall, sich im Vorhinein über möglichst viele damit einhergehende Aspekte bewusst zu werden und sich dazu offen mit Ihrem Partner auszutauschen. Hilfreiche Fragen könnten hier sein: Wie oft möchten und können wir uns sehen? Wer besucht wann wen? Wie teilen wir die Reisekosten auf? Welche Medien möchten wir nutzen, um zu kommunizieren? Wie nah soll es sein, wenn wir uns treffen und welche Freiräume brauchen wir auch in dieser Zeit? Welche Sorgen und andere Emotionen beschäftigen uns und wie können wir fürsorglich damit umgehen?

Fragen zu Sexualität und Eifersucht können im Diskurs über die Zeit entwickelt und beantwortet werden

Aber auch: Wie gehen wir eigenständigen Interessen nach und gestalten unseren Alltag ohne das Gegenüber? Und: Gibt es eine Perspektive, zu einer bestimmten Zeit wieder zusammen zu leben? Sollten Sie sich für die Fernbeziehung entscheiden, hört damit der Kommunikationsbedarf nicht auf. Wie in allen Beziehungsformen ist eine regelmäßige Reflexion der jeweiligen Bedürfnisse sinnvoll. Diese können und dürfen sich schließlich ändern. Ihre Fragen zu Sexualität und Eifersucht können so auch im Diskurs über die Zeit entwickelt und beantwortet werden.

Die gute Nachricht ist, dass die Distanz Gelegenheit bietet, immer mal wieder in Ruhe zu reflektieren, was es gerade braucht, und dass daraus vielleicht sogar kreative Auflösungen entstehen können. Und wo wir schon bei guten Nachrichten sind: Fernbeziehungen bringen auch Vorteile mit sich. Es besteht das Potenzial, Kontakte sehr bewusst zu gestalten, sei es digital, telefonisch oder in Präsenz, da hier jeweils eine Verabredung notwendig ist. Zudem ist es mitunter leichter, in Abwesenheit des anderen eigenen Interessen und Hobbys nachzugehen. Umgekehrt kann gegenseitiges Vermissen das Wiedersehen dann umso attraktiver machen.

Unser Team von Expertinnen und Experten beantwortet Ihre Fragen in der Zeitung. Die Psychotherapeuten Désirée Beumers, Carolina Gerstenberg und Daniel Wagner sowie die Diplom-Psychologinnen Elisabeth Raffauf und Katharina Grünewald sind versiert in der Beratung rund um Liebe, Beziehung und Partnerschaft. Der Urologe Volker Wittkamp kennt sich mit allem aus, was Liebe mit unserem Körper macht – und umgekehrt. Schreiben Sie uns, was Sie in der Liebe bewegt! Ihre Zuschriften werden anonymisiert weitergegeben. Schicken Sie Ihre Frage an: in-sachen-liebe@dumont.de.