In Sachen Liebe„Mein Mann möchte alles ausdiskutieren – mir ist das oft zu viel“

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Ein Mann und eine Frau sitzen auf einem Sofa. Der Mann möchte diskutieren, die Frau wnkt genervt ab

Irgendwann ist auch mal gut: Wenn ein Partner alles bis ins letzte Detail ausdiskutieren will, kann das zu Lasten der Beziehung gehen.

Nicht immer möchte man in einer Beziehung alles ausdiskutieren. Psychologin Elisabeth Raffauf erklärt, wie man über das Reden redet.

„Mein Mann möchte alles ausdiskutieren. Mir ist das oft zu viel.“ (Tanja, 46 Jahre)

Was Sie beschreiben, ist für manche Menschen sicher überraschend. Die Erfahrungen vieler Menschen sind umgekehrt: Die Frauen wollen reden, und die Männer eher nicht. Bei Ihnen ist es anders, und es ist interessant zu erforschen, wie es kommt.

Zunächst sind wir alle durch unsere Kindheitserfahrungen geprägt und es stellt sich die Frage: Wie wurde in Ihren Familien geredet? Wie wurde diskutiert? Vielleicht hat Ihr Mann gelernt, dass Reden hilft, und das Diskutieren wurde in seiner Familie am Essenstisch trainiert.

Vielleicht haben Sie die Erfahrung gemacht, dass Diskussionen häufig zu Streit führten oder dass immer klar war: Die Stärkeren – in der Regel eines der Elternteile – gewinnen. Vielleicht wurde „zu viel“ Reden sogar sanktioniert mit Sätzen wie „Red nicht so viel!“

Über das Reden reden

Es kann aber auch sein, dass die Familie stattdessen andere Formen der Kommunikation hatte. Vielleicht ist das auch heute Ihre Stärke, dass Sie sich zum Beispiel eher über Gesten mitteilen als über Worte. Dass Sie eher körperliche Nähe herstellen oder auch Distanz, um ihre Stimmung zu zeigen.

Und was ist mit Ihrem Mann heute? Was möchte er erreichen, wenn er mit Ihnen sprechen will? Im Gespräch Gedanken und Gefühle austauschen und Ihre Verbindung zueinander spüren? Verunsichert ihn manches, das Sie tun? Sucht er Sicherheit?

Das sind alles Fragen, über die Sie beide sich austauschen könnten. Sie könnten also über das Reden reden oder über das Schweigen oder über Ihre an manchen Stellen unterschiedliche Art, Ihre Gefühle zu zeigen. Sie könnten sich auch fragen: Was hast du gelernt? Was habe ich gelernt? Was löst es in mir aus, wenn ich immer reden soll? Habe ich Angst, dann wieder die Unterlegene zu sein – so wie damals?

Und: Wäre das wirklich so? Würde mein Mann mich auch so runterreden, wie ich es als Kind erlebt habe? Können wir eventuell Regeln vereinbaren, wie wir reden, wenn wir reden? Wie lange wir das tun? An welchen Stellen wir uns ein Signal geben, dass es zu viel wird?

Auch Sprachlosigkeit ist ein Zeichen

Worte sind ein wichtiges Tor zur Verständigung mit anderen. Sie helfen uns, unsere Empfindungen zu symbolisieren und auch zu transportieren. Sprachlosigkeit ist auch ein Zeichen. Wenn Sie das für sich spüren, wenn Sie merken: Mir fällt gar kein Wort ein, das ich sagen kann, um auszudrücken was ich meine oder wie ich empfinde – dann hilft es vielleicht, genau das zu sagen.

So erfährt Ihr Mann etwas über Sie und weiß Ihre „Redeunlust“ zu deuten. Er weiß dann: Es liegt nicht an ihm. Sie signalisieren ihm: Ich bin nur noch nicht mit meiner inneren Sortierung fertig. Ich brauch noch ein bisschen.


Unser Team von Expertinnen und Experten beantwortet Ihre Fragen in der Zeitung. Die Psychotherapeuten Désirée Beumers, Carolina Gerstenberg und Daniel Wagner sowie die Diplom-Psychologinnen Elisabeth Raffauf und Katharina Grünewald sind versiert in der Beratung rund um Liebe, Beziehung und Partnerschaft. Der Urologe Volker Wittkamp kennt sich mit allem aus, was Liebe mit unserem Körper macht – und umgekehrt. Schreiben Sie uns, was Sie in der Liebe bewegt! Ihre Zuschriften werden anonymisiert weitergegeben. Schicken Sie Ihre Frage an: in-sachen-liebe@dumont.de.

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