GAGSozialer Wohnungsbau ist unattraktiv

An der Falckensteinstraße in Kalk baut die GAG 140 geförderte Wohnungen. Im Frühjahr 2014 sollen sie bezugsfertig sein.
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Köln – Es gibt viel Lob in diesen Tagen für Kölns Wohnungsbaugesellschaft GAG. Seit ihrer Gründung am 18. März 1913 ist in 100 Jahren viel geschehen, um das Kölner „Wohnungselend“, wie man es damals nannte, zu bekämpfen. „Dummerweise“, wie GAG-Chef Uwe Eichner sagt, trübt ein Makel das Jubiläumsjahr: Nur 354 neue Wohnungen wurden 2012 fertiggestellt, nur 110 als geförderte Sozialwohnungen. 2013 sollen es ein paar mehr werden. „Echte Probleme“ habe man in diesem Bereich, räumt Eichner ein.
Das Land hat die Bedingungen für den sozialen Wohnungsbau geändert, die in den letzten Jahren den geförderten Wohnungsbau so unattraktiv gemacht haben, und neue Anreize geschaffen. Bislang galt: Strenge Auflagen, hohe Baukosten, aber nur geringe Mieteinnahmen – da habe jeder Investor lieber frei finanziert gebaut. Das könne sich nun wieder ändern, so Eichner. Allerdings bleibe die größte Hürde, dass es einfach zu wenige Grundstücke in der Stadt gebe, erst recht zu akzeptablen Preisen, die anschließend moderate Mieten ermöglichen würden.
400 Euro pro Quadratmeter könne man als Investor für ein Grundstück bezahlen, wenn dort hinterher sozialer Wohnungsbau entstehen soll, sagen Experten. „Es gibt Grundstücke in Köln, aber sie sind einfach zu teuer“, sagt Eichner. Auch die Stadt verkauft gerne an den Meistbietenden. Zum Beispiel auf dem Gelände des ehemaligen Kinderheims Sülz: Hier hätte die Stadt für ein gemischtes innenstadtnahes Quartier sorgen können. Man entschied sich anders – mit der Folge, dass hier nun Höchstpreise für Wohnungen bezahlt werden. Platz für sozialen Wohnungsbau oder preiswerte Angebote im mittleren Segment waren hier wie bei manch anderen innerstädtischen Vorzeigeprojekten nicht vorgesehen. Die GAG hatte trotzdem mitgeboten – allerdings ohne Erfolg. „Wir hatten nicht die Fantasie wie andere, dass hier später solche Preise aufgerufen werden können.“
Andere Bedingungen für die Grubo
Es gab Zeiten, in denen die GAG und vor allem die später eingegliederte Gesellschaft Grubo ganz andere Neubauzahlen vorweisen konnten. Allein 1996 baute die Grubo fast 1300 Wohnungen. Man baute schneller als man vermieten konnte. Die Zeiten waren anders, die Bedingungen auch für den sozialen Wohnungsbau waren besser. Außerdem gab es viele Flächen für den Wohnungsbau. Dazu kam aber eine völlig andere Organisationsform städtischer Wohnungsbaupolitik: Die Grubo brauchte keine Rücksicht auf Wirtschaftlichkeit zu nehmen, war nicht ans Aktienrecht gebunden und agierte als Instrument der Politik. Nicht kleckern, sondern klotzen, war die Devise. Die Verluste zahlte die Stadt.
Mancher trauert diesen Freiheiten in Zeiten der Wohnungsnot nach. Einige fordern die Gründung einer zweiten GAG als 100-prozentige Tochter der Stadt. Die Stadt selbst hilft sich mit neuen Aufgaben für die Projektentwicklungsgesellschaft „Modernes Köln“, die als 100-prozentige Tochter der Stadtwerke frei von vielen Zwängen arbeiten soll. Zur Entwicklung des Clouth-Geländes in Nippes hat die Stadt der Gesellschaft das Grundstück übertragen. Wäre es allein nach der Erfahrung gegangen, hätte die GAG mit ihren 450 Mitarbeitern wohl erste Wahl sein müssen. Doch sie ist eben nur zu 88 Prozent im Besitz der Stadt. In der Politik wird immer wieder darüber diskutiert, die Aktien der freien Aktionäre zu übernehmen. GAG-Chef Eichner warnt allerdings vor übertriebenen Erwartungen. Egal in welcher Rechtsform eine städtische Wohnungsgesellschaft arbeite, die Frage bleibe immer dieselbe: „Wo soll sie bauen?“
Verwaltung als Hauptaufgabe
Ein weiterer Kritikpunkt zielt auf das Zurückfahren des Bauträgergeschäfts. Die GAG könnte aktiver bei der Schaffung von neuem Wohnraum mithelfen. Eichner dämpft auch hier die Erwartungen. Man verhandele immer auch mit privaten Grundstücksbesitzern. Die Erfahrungen auf dem Merheimer Madaus-Gelände, die der GAG einen zweistelligen Millionenverlust bescherten, als sich keine Käufer für die geplanten Hochpreisangebote fanden, zeigten zudem das Risiko dieses Geschäftsfeldes. Auch hier argumentiert Eichner aus der Sicht eines Kaufmanns an der Spitze einer Aktiengesellschaft. Wer nicht auf Zinsen, Abschreibungen und Jahresbilanzen achten muss, hätte in Merheim einfach ein paar Jahre weiter abgewartet. GAG-Chef Eichner hält nicht viel von solchen Gedankenspielen. Im Rückblick zeige gerade das Beispiel des Madaus-Geländes, wo nun ein sozial gemischtes Viertel entstanden sei, dass die Ausrichtung der GAG richtig sei. „Jede Wohnungsgesellschaft muss bestrebt sein, auch ein wirtschaftliches Unternehmen zu sein.“
Für die GAG heißt das: Investiert werden kann nur, wenn man Erträge mit dem Bestand erzielt. „Unsere Hauptaufgabe ist die ordentliche Verwaltung des Bestandes.“ Den Vorwurf, die Kaufleute im GAG-Vorstand würden das Risiko scheuen, um jedes Jahr eine gute Bilanz vorlegen zu können, weist Eichner zurück. Er sieht vielmehr andere Akteure in der Pflicht: Die Stadt müsse wie das Land über neue Anreize, Subventionen und Zuschüsse für den Wohnungsbau nachdenken, „auch wenn die Kassen klamm sind“. Zweiter Hebel sei die Bereitstellung von mehr Grundstücken. Man müsse großflächiger denken, allein mit innenstadtnaher Verdichtung in gewachsenen Wohngebieten komme man nicht weiter.