Um Badeunfälle zu vermeiden, gilt es gewisse Gefahren im Blick zu haben. Denn diese betreffen nicht nur Kinder.
„Ertrinken ist ein junges, männliches Problem“Wie man sich vor Gefahren beim Schwimmen schützt

Es gibt beim Schwimmen einige typische Gefahren. Jungen Männern passieren am häufigsten Badeunfälle.
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Es ist heiß. Viele Menschen zieht es an den See, den Fluss oder ins Schwimmbad, Hauptsache eine Erfrischung ist drin. Denn es gibt kaum etwas Besseres bei Hitze, als in der Natur zu schwimmen, das sanfte Plätschern des Wassers im Ohr.
Doch was idyllisch klingt, läuft nicht immer so friedlich ab. Jedes Jahr passieren zahlreiche Badeunfälle. Mindestens 411 Menschen sind im Jahr 2024 in Deutschland ertrunken. Das zeigen Zahlen der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). Und auch in diesem Jahr sind an den heißen Tagen schon mehrere Unglücke geschehen.
Dass es vor allem Kinder trifft, die noch nicht schwimmen gelernt haben, ist übrigens nicht richtig: „Wir sehen in der Statistik immer wieder, dass Ertrinken ein junges, männliches Problem ist“, sagt Alexander Paffrath, Leiter Einsatz der DLRG.
Warum beim Baden riskante Situationen entstehen
Viele Menschen unterschätzen die Herausforderungen beim Baden in offenen Gewässern wie Seen, Meeren, Flüssen oder Kanälen. Im Gegensatz zu den kontrollierten Bedingungen eines Hallenbads, in dem viele das Schwimmen erlernt haben, sind Freigewässer durch natürliche Einflüsse geprägt. Andreas Paatz, Bundesleiter der DRK-Wasserwacht, erklärt: „Dort herrschen Strömungen, es gibt Wellengang und Temperaturunterschiede.“
Diese Umweltfaktoren können ungewohnt und mitunter riskant sein – selbst für geübte Schwimmerinnen und Schwimmer. Beispielsweise können ablandige Strömungen auch Personen mit Schwimmerfahrung in gefährliche Situationen bringen.
6 typische Gefahren und wie man sich schützt
Fachleute bezeichnen Personen dann als sichere Schwimmerinnen oder Schwimmer, wenn sie die Anforderungen des Schwimmabzeichens in Bronze erfüllen. Dazu gehört, mindestens 15 Minuten zu schwimmen und dabei mindestens 200 Meter zurückzulegen.
Vor den folgenden, sechs typischen Szenarien beim Baden warnen die Experten:
1. Gefahr beim Baden: Aufgeheizter Körper, kühles Wasser
Tage, die an Hochsommer erinnern, gibt es oft schon im Mai oder Juni: Die Sonne knallt, der Körper ächzt unter der Wärme. So ersehnt die Abkühlung im See dann auch ist - vor dem Baden sollte man sich einmal kurz abbrausen, etwas Wasser über Arme, Beine und Rumpf spritzen oder sehr langsam hineingehen.
„Gehe ich ohne diese Vorbereitung ins kalte Wasser, ziehen sich die Blutgefäße, die vorher geweitet waren, schlagartig zusammen“, sagt Alexander Paffrath. Insbesondere bei Menschen, die Herz- oder Gefäßkrankheiten haben, kann das schon ausreichen, um eine lebensbedrohliche Situation auszulösen - etwa eine Bewusstlosigkeit.
Laut um Hilfe schreien können Betroffene dann nicht mehr. „Der klassische Badeunfall ist ein lautloses Untergehen“, sagt Andreas Paatz. Daher gilt auch: Nur Baden gehen, wenn man sich auch gut fühlt.
Übrigens: Gerade zu Beginn der Badesaison müssen Schwimmer damit rechnen, dass tiefere Wasserschichten eines See deutlich kälter sein können als am Ufer. Und in kühleren Sommern kann die Wassertemperatur von Nord- und Ostsee laut Paatz durchaus bei 16 bis 19 Grad bleiben.
2. Gefahr beim Baden: „Ach, das ist doch nicht weit“
Ein Muster, das Expertinnen und Experten in vielen Badeunfällen wiedererkennen: Menschen überschätzen ihre eigenen Fähigkeiten und Kräfte - und schwimmen zum Beispiel zu weit raus. Immer dann, wenn es zu einem „Missverhältnis zwischen der eigenen Kondition und der Schwimmstrecke, die bewältigt werden muss“, kommt, kann es Andreas Paatz zufolge kritisch werden.
Alexander Paffrath erklärt das am Beispiel einer Talsperre. „Da denkt man schnell „Ach, das andere Ufer erreiche ich locker“ - und hat dann doch eine Schwimmstrecke von 1.000 oder sogar 2.000 Metern vor sich, weil alles so nah aussieht.“
Eine Entfernung, die Untrainierte an ihre Grenzen bringen kann. Kommt dann aufgrund von Kälte noch ein Krampf dazu, wird es schnell gefährlich. Eine gute Portion Vorsicht kann vor solchen Notlagen bewahren.
Noch ein Tipp: parallel zum Ufer schwimmen. „Dort kann man auch sehr viel Strecke machen und sich herausfordern, ohne per se weit rauszuschwimmen“, sagt DRK-Mann Andreas Paatz. „Im Zweifel hat man schneller wieder die Möglichkeit, ans Ufer zu gelangen.“
3. Gefahr im Wasser: Alkohol und Drogen
Wer Alkohol trinkt, überschätzt sich häufig. Rausch enthemmt - und lässt einen auf Ideen kommen, die nüchtern betrachtet alles andere als vernünftig sind. Alkohol und Drogen vertragen sich daher mit dem Baden nicht, warnt Andreas Paatz. Zumal Rauschmittel oft Gruppendynamiken verstärken, die auf gegenseitiges Aufstacheln und riskante Mutproben hinauslaufen.
4. Gefahr beim Baden: Strömungen und Schiffsverkehr unterschätzen
Auch in Flüssen wird im Sommer gern gebadet. Davon rät Alexander Paffrath allerdings ab - zumindest außerhalb gesicherter Flussbäder: „Flüsse können von heute auf morgen total unterschiedlich sein, was etwa Strömungsgeschwindigkeit oder Uferbeschaffenheit angeht.“
Bei großen Flüssen wie Rhein, Elbe oder Mosel kommt der Schiffsverkehr als weitere Gefahr dazu. Die Schiffe verdrängen das Wasser, ein Sog kann entstehen. Wer dann nicht fest mit den Füßen auf dem Boden steht, kann in die Mitte des Flusses gezogen werden. Gerade Kinder sind gefährdet. Deswegen sollte man nie weit ins Wasser hinein gehen und Kinder immer im Auge haben.
Wer in Not gerät, sollte auf sich aufmerksam machen - etwa mit den Armen winken und rufen. Dagegen ist es aussichtslos, gegen die Strömung ankommen zu wollen. „Das ist zum Scheitern verurteilt, wenn man sich mal überlegt, was für Strömungsgeschwindigkeiten ein Fluss hat“, sagt Alexander Paffrath - selbst bei einem Kanal, der mit drei Kilometern pro Stunde in eine Richtung fließe. Hinzu komme möglicherweise noch die Panik.
Was also tun? Andreas Paatz rät: „Auf den Rücken legen, den Blick in Richtung Land und dann versuchen, sich mit der Strömung mittragen zu lassen.“ Weil die zum Teil auch parallel zum Land gehe, lasse sich vielleicht eine günstige Austrittsmöglichkeit finden.
5. Gefahr beim Schwimmen: Kopfsprünge ins Wasser
Kopfüber ins kühle Nass: So fühlt sich für viele der Sommer an. Wer in ein Gewässer springen möchte, sollte das aber nur tun, wenn das auch erlaubt ist - und vor allem: wenn das Wasser tief genug ist. Bei etwas trüben Seen lässt sich das allerdings oft nicht so gut erkennen.

Ein junger Mann springt (verbotenerweise) von einer Brücke in den Fühlinger See. Köln erlebt Hitzetage mit Temperaturen von mehr als 30°C.
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Wer es doch riskiert und zu schnell den Grund erreicht, kommt im besten Fall mit dem Schrecken davon. Im schlimmsten Fall drohen schwere Verletzungen. Durch die Wucht des Aufpralls kann die Halswirbelsäule gestaucht oder verrenkt werden, warnt die Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU). Schäden am Rückenmark können zu einer Querschnittslähmung führen. Und: Trifft man mit dem Kopf auf, droht Bewusstlosigkeit, die dann zum Ertrinken führen kann, warnt Paatz.
6. Gefahr beim Schwimmen: Gewitter und Starkregen
Sie hören es in der Ferne grummeln? Nun ist es an der Zeit, das Gewässer zu verlassen - auch wenn das Gewitter noch entfernt scheint.
Denn schlägt ein Blitz in Wasser ein, verteilt sich sein Strom über eine große Fläche, wie der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) warnt. Sogar mehr als 100 Meter vom Einschlagsort können noch Ströme fließen, die bei Schwimmerinnen und Schwimmer einen Schock auslösen können. Dann besteht das Risiko des Ertrinkens.
Auch vom Baden bei starkem Regen rät Andreas Paatz ab. Der Grund: Treffen die Tropfen auf die Wasseroberfläche, bildet sich dort ein Wasser-Luft-Gemisch. Das erschwert die Atmung, kann zum Verschlucken und damit zu gefährlichen Situationen führen.
Notfall beim Baden? Und nun?
Sie sind Zeuge oder Zeugin bei einem Notfall? Was nun? Darauf kommt es an:
- Hilfe holen - falls vorhanden, bei Rettungsschwimmern vor Ort. Ansonsten: Notruf 112 wählen und den Unglücksort möglichst genau beschreiben.
- Hilfsmittel finden. Womöglich gibt es einen Rettungsring oder eine Rettungsstange in der Nähe.
- Eigene Rettungsversuche gut abwägen: „Ich würde niemals dazu raten, in den Rhein hinterherzuspringen“, sagt Alexander Paffrath. „Im Endeffekt haben wir dann zwei Menschen, die gerettet werden müssen.“ In einem See dagegen kann ein sicherer Schwimmer versuchen, die Person in Not anzuschwimmen und ihr etwa einen Rettungsring zuzuwerfen. Wichtig: vorher Schuhe und störende Kleidung ausziehen. Und: Andere an der Badestelle unbedingt darauf aufmerksam machen, dass ein Rettungsversuch läuft. „So eine Situation im Wasser kann von außen auch schnell anders interpretiert werden, etwa als Spiel im Wasser.“ (dpa/lkl)