In Köln gab es in jüngster Zeit mehrere schwere Badeunfälle. Helfer zeigen am Fühlinger See: Mutige Ersthelfer sind entscheidend bei der Lebensrettung.
Sechs Minuten sind GrenzeDLRG zeigt am Fühlinger See, wie schnell die Überlebenschance im Wasser sinkt

Rettungskräfte von Feuerwehr und DLRG Köln demonstrieren am Fühlinger See den Ablauf einer Rettung bei einem Badeunfall.
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Sophie hat auch heute noch Tränen in den Augen, wenn sie von jenem Tag vor vier Jahren erzählt, an dem sie ein kleines Kind vor dem Ertrinken bewahrte. Die Retterin war damals elf Jahre alt, der Junge vier. Es war ein heißer Sommertag, am Fühlinger See war viel los. Aber nur Sophie bemerkte den im Wasser treibenden Jungen. Sie schwamm hin, zog ihn am Arm ans Ufer, ihre Mutter alarmierte in der Zwischenzeit den Rettungsdienst.
Sophie rief nach Hilfe, sie bekam den Jungen nicht allein mit ihrer kleinen Schwester aus dem Wasser. Aber niemand reagierte. Erst als das Mädchen eine andere junge Frau direkt ansprach, erhielt sie Unterstützung. Sophies Mutter kam dazu und begann mit der Reanimation, bis das Rettungsteam eintraf. Der kleine Junge überlebte den Unfall ohne Folgeschäden.
Sophie muss schlucken, während sie das am Mittwoch am Ufer des Fühlinger Sees erzählt. Aber sie will sich erinnern, sie will darüber reden, sie will Menschen aufrütteln. Was sie damals für den Jungen geleistet hat, war eine Bilderbuchrettung.
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So viel Glück haben nicht alle, die im Wasser in Not geraten. Und das passiert immer öfter. Im vergangenen Jahr starben nach Angaben der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft DLRG mindestens 411 Menschen in deutschen Gewässern, also mehr als einer pro Tag. In NRW seien es 57 gewesen, sagt Kian Shakbodaghi, Sprecher der DLRG Köln.
Tragisches Wochenende in Köln: Ein Dreijähriger ist ertrunken, eine Person wird im Rhein vermisst
In Köln verlief das vergangene heiße Wochenende tragisch: Ein Dreijähriger starb im Rather See, ein einjähriges Kind schwebt nach einem Badeunfall in einem privaten Plantschbecken noch in Lebensgefahr und eine im Rhein vermisste Person konnte bislang nicht gefunden werden.
Bereits Mitte Juni wurde eine Person nach einem Badeunfall im Wassermannsee in Köln-Vogelsang erst Tage später tot geborgen. Um Menschen vor dem Start der Sommerferien noch einmal auf die tödliche Gefahr im Wasser hinzuweisen, demonstrierten Feuerwehr, DLRG und Stadt Köln am Mittwoch die Rettung von im See in Not geratenen Personen und ließen Sophie ihre Geschichte erzählen.

Die Kölnerin Sophie, heute 15 Jahre alt, rettete vor vier Jahren einen kleinen Jungen am Fühlinger See vor dem Ertrinken.
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„Sophie hat aufgepasst, ihr ist aufgefallen, dass etwas nicht stimmt“, sagt Ulrich Laschet, Sprecher der Kölner Feuerwehr: „Dann hatte sie die Courage, einzugreifen. Es war voll, aber niemand war bereit, zu helfen, doch zum Glück hat Sophie jemanden direkt angesprochen. Und ihre Mutter hat in der ersten Hilfe bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes unterstützt. Das sind vier Faktoren, die entscheidend wichtig sind, um Personen, die unter Wasser gegangen sind, noch zu retten.“
Nach einer halben Stunde und mehr Rettungszeit aus dem Wasser gebe es kaum noch Überlebende, sagt Marco Strohm, der leitende Notarzt der Feuerwehr Köln: „Wenn Menschen länger als sechs Minuten unter Wasser sind, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit erheblich, dass es zu schweren Schäden oder Tod kommt.“ Einzige Ausnahme: der Eisunfall. Entscheidend für im Wasser verunglückte Personen sei immer die Hilfe von anwesenden Mitmenschen. „Wir brauchen Ersthelfer, die mutig sind, die mit beobachten, die eine Reanimation beginnen.“
Wir brauchen Ersthelfer, die mutig sind, die mit beobachten, die eine Reanimation beginnen.
Und wenn der Erste-Hilfe-Kurs schon ewig her ist? Kann ich etwas falsch machen? „Man kann gar nichts falsch machen“, sagt Strohm. „Man sucht sich den Druckpunkt in der Mitte der Brust und drückt 100 bis 110 Mal pro Minute, also recht flott.“ Wenn man es kann, solle man die Person auch beatmen. „Wenn man das noch nie gemacht hat, ist für uns auch nur die Herzdruckmassage eine Riesenhilfe“, sagt Strohm. Denn dadurch werde der noch im Blut vorhandene Sauerstoff im Körper verteilt und das allein erhöhe die Überlebenschancen.
Die meisten Badeunfälle in Köln passieren nach Angaben von Strohm im Rhein, am Fühlinger, am Rather und am Höhenfelder See. Die größte Gefahr im Wasser ist der so genannte „stille Tod“. Vor allem Kinder, aber oft auch Erwachsene, ertrinken geräuschlos. Sie gehen einfach unter, ohne Schreien, Winken oder Strampeln. Vermutlich setze dabei unter Wasser direkt der Atemreflex ein, sodass sich die Lunge mit Wasser fülle, sagt Strohm.
Am vollen Badesee oder im Schwimmbad könne auch eine Badeaufsicht das nicht bei jedem immer im Blick haben. Deshalb sei es am Wasser so wichtig, dass Eltern ununterbrochen auf ihre Kinder achten, Menschen auf andere Menschen – und dass die Selbstüberschätzung am Ufer bleibt.