Aus der ArztpraxisGlücklichsein? Kann man trainieren!

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Zufriedenheit und Glück wünschen sich viele Menschen – auch im Alter.

Zufriedenheit und Glück wünschen sich viele Menschen – auch im Alter.

  • In seiner Kolumne „Aus der Praxis” schreibt Dr. Magnus Heier wöchentlich über ein wichtiges medizinisches Thema.
  • In dieser Folge geht es um das Glück. Dass Geld allein nicht glücklich macht, ist eine Binsenweisheit. Doch woraus besteht das Glück?
  • Die schlechte Nachricht: Zum Teil liegt es auf den Genen. Die Gute: Glück ist zum teil trainierbar. Nur wie?
  • Lesen Sie hier auch weitere Folgen.

Sind Sie glücklich? Die Frage ist natürlich nicht leicht zu beantworten. Es gibt erstaunliche Hinweise darauf, dass das subjektive Glücksgefühl stark vom Alter abhängt. Aber nicht so, wie erwartet, im Gegenteil.

Denn man würde eigentlich erwarten, dass junge Menschen glücklich sind und dass das Glücksgefühl mit zunehmendem Alter (und auch mit zunehmenden körperlichen Beschwerden) abnimmt. Aber so ist es nicht. Tatsächlich ist, wenig überraschend, die Jugend die Zeit des subjektiven Glücks – vieles ist neu, vieles ist aufregend, das Leben ist voller Chancen. Dann wird das Glücksgefühl vom Stress in der Lebensmitte aufgezehrt. Aber dann passiert etwas Erstaunliches: Im Alter (Forscher sprechen von der Zeit ab ungefähr 60 Jahren) nimmt das subjektive Glücksgefühl wieder zu!

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Dr. Magnus Heier

Natürlich ist das nicht für jeden Menschen gleichermaßen gültig. Natürlich hängt die persönliche Situation von vielen Faktoren ab. Aber es ist doch bemerkenswert, dass die meisten Menschen im Alter wieder glücklicher werden. Dass sie trotz altersbedingter Einschränkungen, trotz Krankheiten wieder zufriedener werden. Dass sich das Glücksempfinden vom Zustand des Körpers gleichsam freimacht. Dazu passt, was die Glücksforschung herausgefunden hat: Das eigene Glücksgefühl spiegelt nicht nur die objektive Lebenssituation wider, zumindest nicht eins zu eins. Es ist – glücklicherweise – sehr viel komplizierter.

Es wurde immer wieder beobachtet, dass etwa schwerkranke Patienten zwar zunächst verzweifeln, dass sie nach kurzer Zeit aber wieder ihren ursprünglichen Zustand von Zufriedenheit erreichten, unabhängig von der Lebenssituation.

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Das gilt sogar für Menschen, die etwa durch einen Unfall lebenslang im Rollstuhl sitzen müssen. Auch sie sind nach einer Weile oft genauso glücklich, wie vor dem Unfall.

Woraus besteht denn dann Glück? Was macht es aus? Glück hängt, so die Forschung, nur etwa zu zehn Prozent an der objektiven Lebenssituation, an Reichtum oder Armut, Gesundheit oder Krankheit. Abgesehen davon, dass so präzise Zahlen im Bereich der Psychologie zwangsläufig gewagt bis unseriös sind – so zeigen sie doch, dass Glück mehr ist, als ein objektiv schönes, sorgloses Leben.

Die schlechte Nachricht: Glück liegt zum Teil auf den Genen! Wie wir mit dem Leben umgehen, wie mit guten oder schlechten Tagen, wird vererbt. Dieser Teil lässt sich nicht ändern. Die gute Nachricht: Glück ist zum Teil trainierbar. Trainieren heißt hier vor allem: aktiv zu werden. Aktiv sein ist alles, vom Sport bis zur Gartenarbeit, vom Reisen bis zum Seniorenstudium, vom Gesang bis zum Tanz.

Wobei Tanz gleich die Klammer zum zweiten, entscheidenden Lebensbereich ist: Kontakte zu pflegen. Freundschaften und Familie sind ein entscheidender Faktor für die Gesundheit. Auch weil sie messbar den Stress reduzieren. Weil sie glücklich machen. All das kann man beeinflussen. All das kann man lernen. Und so lässt sich eben auch das Glücklichsein erlernen. Und wird im Alter immer wahrscheinlicher!

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