Experten schätzen Lage einKommt nach Karneval die große Corona- und Erkältungswelle?

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Eine verkleidete Frau trägt eine Clownsnase über einer FFP2 Maske.

Eine verkleidete Frau trägt eine Clownsnase über einer FFP2 Maske.

Kinderarzt Axel Gerschlauer, Apotheker Thomas Preis und Virologe Hendrik Streeck schätzen die Infektionslage ein.

Schunkeln, Bützen, randvolle Kneipen: In den vergangenen beiden Jahren warnten Experten ausdrücklich vor den Auswirkungen der Karneval-Feierlichkeiten auf das Infektionsgeschehen. Nun scheint die Pandemie endlich überwunden zu sein. Doch wie schätzen Experten die Lage ein?

„Corona spielt für uns keine Rolle mehr“, sagt Axel Gerschlauer, Sprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte. „Die Sache ist einsortiert, das Virus hat keinerlei Sonderstellung mehr verdient.“ Die Zahl der Infektionen werde nach den Karnevalstagen aber dennoch ansteigen. An der Art und Weise, wie sich das Virus verbreitet und an der Tatsache, dass die Feierlichkeiten in Kneipen mit vielen Menschen auf engem Raum ideal für eine Verbreitung sind, ändere sich nämlich nichts. Dies sei aber nicht nur bei Corona der Fall. „Die Woche nach Karneval ist für uns die Hauptarbeitswoche im Jahr, denn dann gehen erfahrungsgemäß alle Atemwegserkrankungen hoch“, so Gerschlauer.

Corona im Karneval: Verkauf von Selbsttests stark zugenommen

Dass die Zahl der Infizierten nach Karneval wieder ansteigen wird, sieht auch der Sprecher des Apothekerverbandes Thomas Preis so: „Die Zahl der positiv auf Corona Getesteten geht in unseren Teststellen steil nach oben. In den letzten vier Wochen hat sich die Positivrate verdoppelt. Wir sind im Austausch mit den Hausärzten und sehen auch an den Nachfragen in unseren Apotheken, die Infektionswelle nimmt jetzt wieder erheblich an Fahrt auf. Wir werden in der kommenden Woche sicherlich sehr viel mehr Infektionen haben.“ Auch der Verkauf von Corona-Selbsttests nehme in den Apotheken zurzeit wieder stark zu.

Dennoch sei Feiern angesagt, so der Apotheker. Covid-19 hat an Gefährlichkeit eingebüßt. Impfungen, mehrfache Infektionen und das Ausbleiben weiterer Mutationen, die schwerwiegende Krankheitsverläufe nach sich ziehen, haben dafür gesorgt, dass die Pandemie unter Kontrolle zu sein scheint. Außerdem seien Freude und Ausgelassenheit wichtig nach den vergangenen beiden Jahren. Wer Karneval in den Kneipen feiert, könne ohnehin keinen Abstand halten.

Beim Einkaufen oder bei Feierlichkeiten im Freien gehe das aber schon. „Wer eine Erkältung hat, sollte eine Maske tragen und wer Corona-positiv ist, sollte auf Feiern verzichten“, so Thomas Preis. Auch wer gerade eine Infektion mit Corona oder einer anderen Atemwegserkrankung hinter sich hat, sollte vorsichtig sein. „Genesene sind für viele Tage sehr leicht empfänglich, neue Infektionen zu bekommen, das stellen wir fest. Sie haben für einige Zeit keinen gut funktionierenden Immunschutz“, erklärt Thomas Preis.

Hendrik Streeck: „Für mich ist es ein Abschluss der Pandemie“

Auch der Bonner Virologe Hendrik Streeck ist wieder auf Karnevalsfeierlichkeiten unterwegs. Vor wenigen Tagen war Streeck auf einer Veranstaltung im Kreis Heinsberg. Bei der Großen Kappensitzung des Karnevalvereins „Langbröker Dicke Flaa“ im Bürgertreff Gangelt-Langbroich, jenes Ereignis, das sich 2020 als erstes Corona-Superspreader-Event in Deutschland entpuppte und auf dem sich fast die Hälfte der etwa 450 Teilnehmer damals mit dem noch mysteriösen Virus infiziert hatten, sagte er: „Da hätte es gar keine Karnevalsfeier geben müssen. Natürlich sind die eher schon auch prädestiniert für so ein Superspreading-Event, aber das hätte überall sein können.“ Für ihn war es wichtig, an diesen „Ort mit Geschichte“ zurückzukehren. „Für mich ist es ein bisschen ein Abschluss der Pandemie. Es ist nicht komplett unbeschwert, aber es ist in meinen Augen auch wichtig, einen Schlussstrich zu ziehen.“

Zum ersten Mal nach drei Jahren können Karnevalisten wieder ohne Corona-Einschränkungen feiern. Zuletzt konnten die Feierlichkeiten 2020 normal vonstattengehen. Das jecke Treiben hatte damals aber maßgeblich zur Verbreitung des Virus beigetragen, wenig später folgten die ersten Lockdown-Maßnahmen. Im darauffolgenden Jahr fiel Karneval komplett aus, 2022 fand Weiberfastnacht unter den damals geltenden 2G-Plus-Regeln statt. Der Rosenmontagszug wurde aufgrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine kurzerhand abgesagt. In diesem Jahr soll der Karneval nun ohne Einschränkungen stattfinden. (mit dpa)

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