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Kölner Forscherin erklärtWie Kaffee müde Menschen leistungsfähig macht

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Kaffee als effizienter Wachmacher (Symbolbild).

Köln – Vielleicht trinken Sie gerade eine Tasse Kaffee. Statistisch gesehen ist das nicht so unwahrscheinlich. Immerhin trinken die Deutschen durchschnittlich 3,4 Tassen Kaffee am Tag. 81,9 Prozent tun das vor allem morgens und rund 21 Prozent finden, dass zum Kaffee eine Zeitung gehört. Es ist der Gedanke an Kaffee, der viele Menschen aus dem Bett kommen lässt. Ohne ihn geht für sie gar nichts. Und das ist kein rein psychologisches Phänomen, wie die Medizinerin Eva-Maria Elmenhorst weiß. Denn Kaffee macht nicht nur nachweislich wach. Ohne ihn drohen passionierten Kaffeetrinkern sogar Entzugserscheinungen.

„Wenn ein Kaffeetrinker für ein paar Tage mal keinen Kaffee trinkt, dann fühlt er sich am Anfang nicht wohl“, sagt die Wissenschaftlerin vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln-Porz. Kopfschmerzen und Müdigkeit können die Folge sein. Eva-Maria Elmenhorst untersucht im Schlaflabor des DLR, wie sich Schlafmangel auf die Leistungsfähigkeit auswirkt – und welche Rolle Kaffee dabei spielt. Im Namen der Wissenschaften dürfen dort zurzeit Probanden für die Studie Kaffee trinken. Drei Tassen am Tag, eine exakt abgewogene Menge. Die eine Hälfte der Probanden normalen Kaffee, die andere koffeinfreien.

Studienleiterin Eva-Maria Elmenhorst (l.) im Labor des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt

„Kaffee ist eine sehr effiziente Gegenmaßnahme gegen Leistungseinbußen“, sagt Eva-Maria Elmenhorst. „Das ist nie so toll, als hätte man tatsächlich geschlafen, aber wenn man kurzfristig keine andere Möglichkeit hat, kann Kaffee tatsächlich sehr positiv wirken.“ Arbeitgeber tun also vermutlich gut daran, ihren Mitarbeitern kostenfrei Kaffee zur Verfügung zu stellen.

Warum werden wir überhaupt müde?

Warum Kaffee wach macht, weiß man schon recht genau. Doch um das zu verstehen, muss man wissen, warum wir überhaupt müde werden. Im Laufe des Tages bildet unser Körper immer mehr Adenosin. Der Stoff dockt an Rezeptoren im Gehirn an und hemmt dort die Aktivität der Neuronen. In der Folge werden wir müde. Schlafen wir trotz Übermüdung nicht, sind wir jedoch weniger leistungsfähig. Es beginnt ein Teufelskreis. Denn Übermüdung hat zur Folge, dass noch mehr Adenosinrezeptoren zur Verfügung gestellt werden – wir werden immer müder. „Deshalb können sich Menschen, die zwei Nächte wach sind, auch nicht mehr selbst wachhalten. Sie schlafen im Sitzen ein, das Gehirn schaltet einfach irgendwann ab“, erklärt Elmenhorst.

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Trinken wir jedoch Kaffee, geschehe Folgendes: Das Koffein dockt an die Adenosinrezeptoren im Gehirn an. Wo Koffein die Rezeptoren blockiert, kann sich kein Adenosin bilden und die Neuronenaktivität hemmen. Wir werden kurzfristig wacher – besser gesagt: weniger schnell müde. Dass chronische Kaffeetrinker regelrechte Entzugserscheinungen haben, lässt sich damit aber nicht erklären. „Wir vermuten, dass Kaffeekonsum langfristige Veränderungen im Adenosinrezeptorsystem hervorrufen kann“, sagt die Schlafmedizinerin. Ob das der Fall ist, wird mit Hilfe der Positronen-Emissions-Tomographie ermittelt. Das Verfahren ermöglicht es, die Anzahl der Adenosinrezeptoren im Gehirn zu messen. „Wir wollen sehen, wie Schlafmangel die Anzahl der Rezeptoren verändert und ob Kaffee darauf einen Einfluss hat.“

Kaffee in Zahlen

3,6

Tassen nehmen Kaffeetrinker in NRW durchschnittlich täglich zu sich.

81,9%

der deutschen Kaffeetrinker trinken in der Regel morgens Kaffee.

57,5%

der deutschen Kaffeetrinker geben an, ihren Kaffee stark zu trinken.

Die Ergebnisse der Studie sollen vor allem den rund 16 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland zugutekommen, die in Schicht- oder Nachtarbeit tätig sind. „Wir wissen, dass diese Art der Arbeit langfristig negative Konsequenzen gesundheitlicher Art hat“, sagt die Wissenschaftlerin. Das Risiko für Bluthochdruck, Zuckererkrankungen und sogar Krebserkrankungen steigt. Auch einen Zusammenhang mit Depressionen scheint es zu geben. Außerdem passieren mehr Unfälle, wenn Menschen chronisch müde und dadurch unkonzentriert sind.

„Wir versuchen jetzt zu verstehen, wie die Schlaf-Wach-Mechanismen funktionieren und warum einige Menschen stark beeinträchtigt werden durch Schlafmangel und andere nicht.“ Die Wissenschaftler hoffen, dann ein besseres Schichtsystem vorschlagen zu können, das die einzelnen Personen mehr in den Fokus rückt. „Es wäre möglich, dass wir Personen identifizieren, die besonders gut für Frühschichten oder Spätschichten geeignet sind.“ Auch für die Raumfahrt könnte das Ergebnis eine Rolle spielen. Mit dem Schlaf auf der ISS ist es schwierig. „Die meisten Astronauten können nie mehr als sechs Stunden schlafen“, weiß die Ärztin. Schließlich geht im Weltall alle 90 Minuten die Sonne auf und unter.

Auswirkungen von Kaffee

Wie Kaffee sich auf uns auswirkt, steht noch nicht fest. Doch Kaffeetrinker können hoffen: „Im Moment sieht es so aus, dass Kaffee positive Wirkungen vor allem auf unser Gehirn hat“, sagt Elmenhorst. So könne er wahrscheinlich sogar neurodegenerativen Erkrankungen vorbeugen. Natürlich kommt es aber auf die Dosis an. Wer so viel trinkt, dass sich der Herzschlag erhöht , hat es übertrieben.

Nicht zuletzt, weil 20 bis 30 Prozent der Menschen eine genetische Variation am Adenosinrezeptor-Gen haben, die sie empfindlich für Koffein macht. „Solche Leute meiden Kaffee häufig sogar ganz.“ Doch auch wer glaubt, Kaffee wie Wasser trinken zu können, sollte vier bis fünf Stunden vor dem Schlafen die Finger von ihm lassen. So lange braucht Koffein, um vom Körper abgebaut zu werden. „Wir haben gesehen, dass Kaffee die für den Tiefschlaf charakteristischen Delta-Wellen im Schlaf-EEG verändert“, berichtet die Schlafmedizinerin. Tiefschlaf ist wichtig für Erholung und Gedächtnisbildung. „Selbst wenn man die ganze Nacht durchschläft, hat der Schlaf eine schlechtere Qualität.“ Genießen Sie also lieber Ihren Morgenkaffee.