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„Lässt nicht wieder los“So schnell führt Kohlenmonoxid zum geruchlosen Tod

Lesezeit 3 Minuten
Ein Mann legt in seiner Wohnung ein Stück Holz in einen Kaminofen, in dem ein Feuer brennt.

Nicht nur im Kamin: Überall, wo es zu unvollständigen Verbrennungen kommt, entsteht Kohlenmonoxid.

Kohlenmonoxid riecht nicht, ist unsichtbar – und potenziell tödlich! Unser Experte Dr. Magnus Heier erklärt die Risiken rund um das Gas.

Falsche Informationen sind schlechter als keine Informationen. So kann sogar eine Smartwatch, eine „intelligente Uhr“ gefährlich werden. Wenn sie den Sauerstoffwert im Blut misst, tut sie dies über die Absorption von Licht. Die ist anders, abhängig davon, ob der Blutfarbstoff Hämoglobin mit Sauerstoff beladen ist oder nicht – der Wert der sogenannten Sauerstoffsättigung ist meist zuverlässig.

Magnus Heier

Magnus Heier

ist Autor und Neurologe und schreibt die wöchentliche Medizinkolumne „Aus der Praxis“. ...

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Anders bei einer Vergiftung mit Kohlenmonoxid: Hier unterscheidet die Messung nicht zwischen Sauerstoff (O₂) und Kohlenmonoxid (CO). Die O₂-Werte auf der Smartwatch scheinen normal – obwohl der Betroffene möglicherweise lebensgefährliche Kohlenmonoxid-Konzentrationen im Blut hat!

Kohlenmonoxid bindet sehr gut an Blut

Kohlenmonoxid entsteht bei unvollständiger Verbrennung: etwa in einem Grill, einer undichten Gastherme oder im Kamin. Wir haben eine eigene Erfahrung gemacht – mit einem traditionellen, mit Holz befeuerten finnischen Saunaofen. Dort wurde das ableitende Ofenrohr verschlossen, wenn das Holz ausreichend heruntergebrannt war. Aber was ist „ausreichend“? Nachdem wir merkwürdige Schwindelgefühle bemerkt hatten, haben wir bei einem zweiten Versuch den CO-Wert in der Luft gemessen – es war gefährlich! Der Ofen ist mittlerweile ersetzt.

Das erste Problem: CO ist völlig geruchlos. Das zweite: Es bindet sehr gut an das Blut. Normalerweise wird Sauerstoff in der Lunge aufgenommen, dort an Hämoglobin gebunden und irgendwo im Körper wieder abgegeben. Kohlenmonoxid bindet aber sehr viel stärker an Hämoglobin – 200 bis 300 Mal! Es „lässt nicht wieder los“ – und blockiert das Hämoglobin, sodass Sauerstoff nicht mehr binden kann.

Tod durch Kohlenmonoxid: mehrere hundert Fälle pro Jahr in Deutschland

Tod durch Kohlenmonoxid passiert in Deutschland mehrere hundertmal pro Jahr. Mehrere tausend Fälle werden im Krankenhaus behandelt (weltweit sind es mehrere hunderttausend tödliche Fälle, vor allem, wenn offene Feuerstellen zum Kochen im Haus sind). Eine CO-Vergiftung äußert sich zunächst durch Luftnot und Schwindel, Krankheitsgefühl und möglicherweise Bewusstseinsstörungen.

Bei höheren CO-Konzentrationen im Blut wird die Haut „rosa bis kirschrot“, die Denkfähigkeit lässt dramatisch nach – die Betroffenen können die Gefahr nicht mehr erkennen. Noch höhere CO-Konzentrationen führen zu Krämpfen, Hirnödem und Herzversagen. Und weil Kohlenmonoxid so effektiv ans Hämoglobin bindet, sind schon äußerst geringe CO-Konzentrationen in der Luft lebensgefährlich.

Deshalb reicht es auch nicht, einfach an die frische Luft zu gehen. Kohlenmonoxid bindet weiter. Es dauert Stunden, bis es verschwunden ist. Die Behandlung einer CO-Vergiftung ist kompliziert – und kann nur von Notarzt und Klinik gemacht werden. Auch als möglicher Retter müssen Sie sehr vorsichtig sein, sich nicht selbst zu vergiften! Der Gefahr von offenen Feuerstellen sollte man sich also immer bewusst sein. Im Zweifel schafft ein CO-Messgerät Sicherheit. Übrigens enthält auch Zigarettenrauch Kohlenmonoxid.