Nase ständig zuIst bei chronischer Entzündung der Nasennebenhöhlen eine OP sinnvoll?

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Die Nase ist ständig zu, man bekommt keine Luft. Jeder Zehnte hat chronisch mit Problemen an den Nasennebenhöhlen zu tun. (Symbolbild)

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Köln – Jeder Zehnte hat chronisch mit Problemen an den Nasennebenhöhlen zu tun. Zum Arzt sollte man wenn die Beschwerden länger als 14 Tage andauern oder mehr als drei Mal im Jahr auftreten oder es zu Komplikationen wie geschwollenen Augen, Nackensteifigkeit oder Nasenbluten kommt. Prof. Steffen Maune ist Chefarzt der HNO Klinik im Krankenhaus Köln-Holweide und erklärt, wie wichtig die Nase als Filterorgan ist und was Entzündungen bewirken. Rudolf Scholz ist HNO-Patient. Er atmete irgendwann nur noch durch den Mund – bis eine OP ihm half. 

Nase zu, typisch Erkältung. Woran erkenne ich eine Nasennebenhöhlenentzündung? 

Steffen Maune: Der Schnupfen wird häufiger, hartnäckiger, dauert mehr als zwei Wochen und braucht immer länger, um auszuheilen. Zu der schlechten Nasenatmung kommt in fast drei von vier Fällen Kopfschmerz zwischen Augen und Stirnbereich. An der Endstufe, der chronischen Nasennebenhöhlenentzündung, leiden etwa fünf Prozent der Bevölkerung, der Altersgipfel liegt zwischen 40 und 50. Bedrohlich wird es, wenn die Entzündung auf Auge oder Hirn schlägt. Oder tiefer in die unteren Atemwege wandert. In 20 Prozent der Fälle sind Bronchien und damit auch die Lunge mit geschädigt. Die Folge: Asthma, chronische Bronchitis und Allergien verstärken sich oft. 

Wann helfen Nasentropfen?

Die Wirkstoffe in Nasentropfen drosseln die Blutzufuhr in den Schwellkörpern der Nasenschleimhaut, so werden sie trotz der Entzündungsreize kurzfristig nicht mehr so dick. Luft und Sekrete können freier zirkulieren. Das Problem ist, dass sich die Schleimhaut daran gewöhnt und die Tropfen nicht mehr wirken. Dann sind die Schleimhäute immer dick. Ein Teufelskreis. Deshalb sollte man abschwellende Nasentropfen nicht länger als 7 Tage am Stück oder mehr als 10 Tage im Monat nehmen.

Was sind Ursachen für chronische Nasennebenhöhlenentzündungen?

Häufigste Ursache ist eine Abwehrschwäche der Nasenschleimhaut. Die intakte Nasenschleimhaut produziert eigene Antibiotika, eigene Substanzen gegen Pilze, sie sorgt für den Abtransport von Staub, erwärmt die Luft für die Lunge. Bei einem starken Schnupfen bleibt dann vielleicht etwas Wasser im Nasenschleimhautgewebe und in den Nebenhöhlen Schleim übrig.

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Prof. Steffen Maune ist Chefarzt der HNO Klinik im Krankenhaus Köln-Holweide. 

Beim nächsten, übernächsten Infekt staut sich vielleicht Sekret hinter den haarfeinen Verbindungsgängen zu den Nebenhöhlen und die Nasenschleimhaut entzündet sich. Infolge der Schwellungen können sich aus der Schleimhaut Polypen bilden, gutartige Schleimhautwucherungen, die sich in andere Regionen verlegen, und Zugänge zu den Nebenhöhlen verstopfen, so eskaliert die Lage mit der Zeit. Nasenpolypen sind ein Zeichen, dass die Schleimhaut meiner Atemwege anfällig ist. Asthmatiker haben etwa häufiger viele davon. Eine schiefe Nasenscheidewand kann Probleme bereiten, muss es aber nicht.

Wann ist bei chronischer Nasennebenhöhlenentzündung eine Operation sinnvoll?

Auf Dauer ist die Lunge gefährdet, weil man die Nase nicht benutzt. Die Luft, die man einatmet, wird nicht angefeuchtet, nicht gesäubert, nicht gewärmt, das führt zu einer dauerhaften Entzündung der Atemwege. Der Schleimhautbelag besteht aus zwei Phasen, einer unteren, wässrigen, und einer oberen, klebrigen. Diese Schicht gleitet angeschoben von feinen Härchen und transportiert alle Problemstoffe ab. Deren Unterschicht besteht aus Schleimhautzellen und wächst im gesunden System zeitlebens nach. Ziel einer OP ist, dass sich genau diese natürliche Schleimhaut wieder regenerieren kann, indem wir die zu chronischen Entzündungen führenden Staustellen auflösen und die Mündungsstellen zu den Nebenhöhlen erweitern.

Wann bringt eine Operation ein sicher gutes Ergebnis?

In 85 Prozent der Fälle kann man deutliche, bleibende Verbesserungen erzielen.

Es gab Zeiten, da war die Entfernung der Mandeln bei Kindern eine der häufigsten HNO-OPs überhaupt …

Das stimmt, aber da hat ein komplettes Umdenken stattgefunden. Früher reichten als Anlass zwei, drei Mandelentzündungen. Nach Todesfällen in Österreich wurde diese Praxis europaweit auf den Prüfstand gestellt. Die neuen Leitlinien haben die Grenzen, ab denen bei Beschwerden die Entfernung der Gaumenmandeln empfohlen wird, extrem angehoben, allerdings erst 2015. Unter sechs Jahren gibt es die Entfernung der Gaumenmandeln so gut wie gar nicht mehr. Es besteht ein unverhältnismäßig hohes Blutungsrisiko von 1 zu 20, das bei Kindern mit ihrem geringerem Blutvolumen schneller kritisch werden kann. Die Teilentfernung ist da sicherer und wird heute bei Kindern meist angewandt.

Dass Kindern die Polypen entfernt werden, hört man aber auch heute noch sehr oft.

Polypenentfernung ist der volkstümliche Begriff für die Entnahme vergrößerter Rachenmandeln. Sie blockieren sowohl die Nasenatmung als auch die Ohrtrompete, die direkt dort endet, sodass es zum Rückstau von Flüssigkeit ins Mittelohr kommen kann. Bei Ohrenentzündungen macht das höllische Schmerzen.

Gibt es einen spannenden Fortschritt in ihrem Gebiet?

Wirklich innovativ ist die Erkenntnis, dass bei bestimmten Patienten mit wiederholten Nasennebenhöhlenpolypen und extremem Asthma sogenannte Super-Antigene in der Schleimhaut sitzen, gegen die immuntherapeutische Mittel entwickelt werden, um sie, in Form von Infusionen, zu bremsen.

Was empfehlen Sie vorbeugend für eine gesunde Nase?

Lavendelsalbe – sie aktiviert die Reinigungstätigkeit der Nasenschleimhaut. Nasendusche – sie spült die Oberflächen in den Nasenhaupthöhlen. Bei einem akuten Schnupfen oder einer akuten Nasennebenhöhlenentzündung liegt meist ein viraler Keim und nur in ca. zwei Prozent der Fälle eine bakterielle Ursache vor. Auch Mittel auf pflanzlicher Basis gehören zu einem ganzheitlichen Ansatz. Wir geben während der Wundheilung etwa ein stark dosiertes Pflanzenpräparat statt Cortison. Denn in Lungenzellen hat man festgestellt, dass bei experimentell erzeugten Entzündungen diese vergleichbar gut unterdrückt werden. Außerdem können Pflanzenextrakte anti-bakterielle und -virale Wirkung entfalten.

Stichwort Luftverschmutzung…

Sie erfordert umso mehr, dass die Nase als Filterorgan gut funktioniert.

Patient berichtet: Wochenlang war die Nase einfach zu

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Rudolf Scholz atmete irgendwann nur noch durch den Mund – bis eine OP ihm half.

Rudolf Scholz (69) hatte oft Halsschmerzen und Schnupfen, die Nase war wochenlang zu. „Ich dachte, ich wäre einfach empfindlicher als andere“, erzählt er. Schließlich atmete er nur noch durch den Mund. „Mir selber ist das gar nicht aufgefallen“, sagt der Kölner Unternehmer. „Aber meine Frau und meine Freunde beobachteten das.“ Auch sein Schnarchen wurde immer stärker.

Ein Digitales Volumentomogramm (DVT) zeigte im Dezember 2017 den kompletten Stau im Nasen- und Nebenhöhlen-Labyrinth von Rudolf Scholz. Die Kieferhöhlen rechts und links der Nase, die Keilbeinhöhle hinter den Augen, die Siebbeinhöhle zwischen den Augen und die Stirnhöhle über den Augenbrauen waren „dicht“. Mit gutartigen Gewebewucherungen (Polypen) und rückgestauten Flüssigkeiten gefüllt statt frei durchlüftet. Die gebogene Nasenscheidewand sorgte bei Scholz für zusätzliche Enge in der Nasenhaupthöhle.

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„Polypen raus, Engstellen erweitern, um die Belüftung zu erhöhen“ sei der klassische Weg, um das ganze System in Ordnung zu bringen, riet ihm Professor Steffen Maune angesichts dieser Bilder. Diese OP ist eine knifflige Angelegenheit, unter Mikroskop- und Endoskop-Kontrolle. Genaue anatomische Kenntnisse und Erfahrung des Operateurs sind ein Muss. Einem Kunstfehler käme es gleich, vorab kein DVT oder CT anzufertigen, so Maune: Die Diagnose muss glasklar sein und die Operationsplanung präzise.

Als Rudolf Scholz im Januar 2018 nach der OP aus der Vollnarkose erwacht, fühlte er sich, als sei sein halbes Gesicht unter Tamponaden, Verbänden verschwunden. „Die erste Nacht habe ich kein Auge zugetan“, meint er. „Das war kein Spaß.“ Nach drei Tagen ohne Komplikationen und steter Besserung durfte er das Krankenhaus verlassen. „Aber bis alles abgeklungen war, sämtliche Verkrustungen abgeheilt und gelöst, dauerte es schon drei, vier Wochen“, erinnert er sich. Ab Mitte März sei es dann so gewesen, wie es heute ist. Der sportliche Senior strahlt: „Seither habe ich keine einzige Erkältung mehr gehabt.“ Was aber, so Prof. Maune, eher ungewöhnlich ist: „Rhinoviren, also die typischen Erkältungserreger, befallen die Nasenschleimhäute natürlich trotzdem.“  

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