Deutsche Gesellschaft für ErnährungNeue Empfehlungen – Weniger Fleisch und nur ein Ei pro Woche essen

Lesezeit 5 Minuten
Soft boiled breakfast egg on a white porcelain plate
EThamPhoto/ Getty Images

Ein Frühstücksei pro Woche sollte reichen, so die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung.

Eine pflanzenbetonte Ernährung schützt Gesundheit und Klima. Nun hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung ihre Empfehlungen angepasst.

Fünf Scheiben Fleischwurst, eine Frikadelle und eine Bratwurst. In etwa so viel Fleisch dürfen Sie pro Woche essen. Zumindest, wenn es nach der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) geht. Die hat in dieser Woche aktuelle lebensmittelbezogene Ernährungsempfehlungen herausgegeben – und dabei einiges verändert. Warum das so ist und was die Ökotrophologen genau angepasst haben, schauen wir uns hier einmal an.

Wie haben sich die Ernährungsempfehlungen verändert?

Den größten Aspekt haben wir bereits erwähnt: Die Empfehlung für den Fleischverzehr hat die DGE von ursprünglich 300 bis 600 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche auf maximal 300 Gramm pro Woche heruntergeschraubt. „Aber es geht natürlich auch ohne Fleisch“, sagt Astrid Donalies von der DGE. Auch Milch und Milchprodukte wurden reduziert: Bisher empfahl die DGE drei Portionen beziehungsweise 700 Gramm Milch pro Tag, jetzt sind es nur noch zwei Portionen oder 400 Gramm. Oder anders gesagt: Eine Portion Joghurt und eine Scheibe Käse pro Tag. Das liege aber in dem Mengenbereich, der im Durchschnitt sowie schon von den Deutschen verzehrt werde, so Donalies. Zudem empfiehlt die DGE nur ein Frühstücksei oder Spiegelei pro Woche. Eier, die in Lebensmitteln wie Auflauf, Soße oder Kuchen verarbeitet sind, sind von dieser Regelung ausgenommen.

Welche Empfehlungen sind geblieben?

An den bisherigen täglichen Empfehlungen für Obst und Gemüse (fünf Portionen oder 550 Gramm) sowie für Getreideprodukte (fünf Portionen oder 300 Gramm) hat sich indes nichts geändert. Auch der Rat, ein- bis zweimal pro Woche Fisch zu verzehren, ist geblieben. Neu ist, dass die DGE dazu rät, eine Portion Nüsse (25 Gramm) pro Tag zu essen sowie mindestens eine Portion (125 Gramm) Hülsenfrüchte pro Woche. Nüsse und Hülsenfrüchte wurden bisher nicht gesondert betrachtet, sondern in der Gruppe Obst und Gemüse mit abgedeckt. Konkret heißt das: drei Viertel pflanzliche Lebensmittel und etwa ein Viertel tierische Lebensmittel. Die Empfehlungen gelten für gesunde Erwachsene im Alter von 18 bis 65 Jahren, die sich mit einer Mischkost ernähren.

Ökotrophologin Astrid Donalies von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung

Ökotrophologin Astrid Donalies von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung

Warum gibt es überhaupt neue Empfehlungen?

Auftrag der DGE ist es, die Ernährungsempfehlungen für Deutschland regelmäßig auf Grundlage aktueller wissenschaftlicher Daten zu überprüfen. Das hat die DGE nun gemacht und sich für ihre Arbeit auf ein neues mathematisches Optimierungsmodell gestützt. Auffällig in den Empfehlungen ist, dass die größten Änderungen den Bereich der tierischen Lebensmittel betreffen. Gleichzeitig wird der Fokus verstärkt auf Obst, Gemüse, Getreideprodukte, Hülsenfrüchte und Nüsse gelegt. „Wenn wir uns gesund ernähren und gleichzeitig die Umwelt schonen wollen, müssen wir unsere Ernährung jetzt ändern“, erklärt Professor Bernhard Watzl, DGE-Präsident und Leiter der DGE-Arbeitsgruppe, die die lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen erarbeitet hat.

Was ist das Besondere an den Änderungen?

Neu ist, dass es der DGE nicht nur darum geht, den Menschen Empfehlungen für eine ausreichende Nährstoffzufuhr zu geben – erstmals wurden auch Aspekte der Nachhaltigkeit und Umweltbelastung mit in die Berechnungen einbezogen. Schon länger ist bekannt, dass tierische Nahrungsmittel wie Fleisch und Milchprodukte die Umwelt und die klimatischen Veränderungen viel stärker belasten als pflanzlich basierte Lebensmittel. Das beginnt damit, dass 78 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche auf der ganzen Welt für die Tierhaltung in Anspruch genommen werden, so eine Studie des UN-Umweltprogramms. Für neue Flächen werden Wälder gerodet, betroffen sind zum Beispiel extrem sensible Waldgebiete wie der Amazonas. Und es endet damit, dass die Ausscheidungen der Tiere Böden und Gewässer belasten und den Klimawandel weiter anheizen.

Welche Rolle spielt die Gesundheit?

Doch es geht nicht nur darum, die Umwelt zu schonen – sondern auch die Gesundheit des Menschen. Studien haben gezeigt, dass eine pflanzenbasierte Ernährung verschiedenen Krankheiten vorbeugen oder ihnen sogar entgegenwirken kann. „Zu viel Fleisch von Rind, Schwein, Lamm und Ziege und insbesondere daraus hergestellte Wurst erhöhen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Dickdarmkrebs“, schreibt die DGE. Man habe in dem mathematischen Optimierungsmodell mal das Thema Gesundheit und mal das Thema Umwelt stärker gewichtet – und sei zu ähnlichen Ergebnissen gekommen. „Eine gesundheitsfördernde und umweltschonende Ernährung gehen Hand in Hand“, schreibt die DGE. Doch warum kommen die Änderungen der DGE erst jetzt? „Es braucht für nationale Empfehlungen eben auch eine gute Grundlage, saubere Methodik und gute Daten, nicht nur Einzelstudien oder Einschätzungen von Entwicklungen oder Trends“, sagt Astrid Donalies. Die Arbeitsgruppe der DGE arbeite bereits seit 2016 an den nun veröffentlichten Änderungen.

Wie gelingt der Umstieg zu weniger Fleisch?

Trotz alledem können die Empfehlungen für manche Liebhaber der klassischen Mischkost drastisch klingen. Darüber ist sich die DGE bewusst. Die neuen Empfehlungen zeigten eine Idealsituation auf, heißt es dort. „Bereits kleine Veränderungen in der täglichen Ernährung sind schon ein Schritt in die richtige Richtung – hin zu einer gesundheitsfördernden und umweltschonenderen Ernährung“, so die DGE. „Die vorgegebenen Ziele sollen mit möglichst wenigen Änderungen des Ist-Zustands erreicht werden.“ Astrid Donalies empfiehlt, schrittweise umzusteigen. „Anstatt eine große Portion Fleisch zu essen, können Sie einen Spieß abwechselnd mit Fleischstückchen und Gemüse bestücken. Oder Sie ersetzten bei der Bolognese-Soße einen Teil des Hackfleischs durch rote Linsen oder Grünkern.“ Außerdem rät sie dazu, bei Fleisch auf eine sehr gute Qualität zu achten, nur bio oder Fleisch aus artgerechter Haltung zu konsumieren. „Dann ist der Geldbeutel eine gute Hilfe, um weniger Fleisch zu essen.“

Ist die Nährstoffzufuhr ausreichend?

Besteht bei einer Änderung der Ernährung nicht das Risiko, einen Nährstoffmangel zu entwickeln? Hält man sich an die Vorgaben der DGE, dann nein. Die Erfüllung der Nährstoffziele war eine der wichtigsten Bedingungen im Berechnungsmodell. Und viele wichtige Nährstoffe können auch aus pflanzlichen Lebensmitteln gedeckt werden. So enthalten etwa Hülsenfrüchte wie Bohnen, Linsen und Kichererbsen viel Protein. Vergleicht man zum Beispiel 100 Gramm Linsen mit der gleichen Menge Rinderhackfleisch, so haben Linsen etwa 24 Gramm Protein, das Hack aber nur etwa 20 Gramm. Außerdem enthalten rote Linsen Eisen, Magnesium und B-Vitamine. Die DGE schreibt, dass man das Calcium aus Milchprodukten teilweise auch mit grünem Blattgemüse decken kann. Und so sollte man die Scheibe Wurst auf dem Butterbrot auch nicht mit einer Scheibe Käse ersetzen, sagt Astrid Donlies, sondern lieber mit einem pflanzlichen Proteinlieferanten. Sie empfiehlt Hummus auf Vollkornbrot, Linseneintopf oder Bohnen-Vollkornreissalat. Klingt auch lecker.

KStA abonnieren