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Rauchfrei - Tag 3Köln, ich kann dich wieder riechen

Lesezeit 3 Minuten

Martin Gätke will Nichtraucher werden - wir begleiten ihn dabei

Köln – Ich fühle mich neuerdings wie Jean-Baptiste Grenouille, wenn ich durch Köln laufe. Mir scheint, als wäre ich wie Süskinds Parfümeur mit einem phänomenalen Geruchssinn ausgestattet. In meinem Hausflur rieche ich frisch gewaschene Wäsche und die Pilzsoße, die in irgendeiner Wohnung köchelt. Im Bus rieche ich plötzlich Deo-Schwaden und Duftwässerchen. Im Bahnhof kommt mir schon am Eingang die sonderbare Mischung aus Bratwurst, Kaffee und diesem eigentümlichen Schmierfett- Gummi-Odeur der U-Bahn entgegen. Ich erfahre meine Umwelt auf einmal völlig neu, als hätte mir jemand kürzlich einen Taucherhelm vom Kopf gezogen.

Gespart: 54 Zigaretten, 13,62 Euro, 545 mg Teer

Rauchfrei seit: 2 Tag, 17 Stunden

Die Geruchs- und Geschmacksrezeptoren regenerieren sich.

Köln, ich kann dich riechen. Und es ist ein tolles Gefühl. Reinigungsmittel, Dönergewürz, Sojasauce, volle Windeln – andere rümpfen die Nase, ich fange an zu lächeln. Ich wusste zwar, dass sich der Geruchssinn früher oder später vom Zigarettensmog erholt, doch erst jetzt erfahre ich am eigenen Körper, wie groß der Unterschied ist. Interessant ist auch, dass ich anfange, andere Raucher zu riechen. Ich dachte, das würde mich stören, würde mir vielleicht den Rauchdrang in die Glieder fahren lassen. Doch im Gegenteil: Heute Morgen saß ich im Bus neben einer Raucherin, ich roch sie schon von weitem. Ihre Qualm-Aura war überraschend auffallend – und unangenehm. Vor nicht allzu langer Zeit roch ich selbst so. Zum ersten Mal in diesen drei Tagen, in denen ich nicht mehr rauche, spüre ich eine Art tiefe Selbstzufriedenheit.  Schlaflosigkeit, Unruhe, Verdrossenheit – all diese Auswirkungen des Entzugs sind es mir auf einmal wert.

Doch der Rauchdrang ist noch da: Morgens nach dem Aufstehen, nach den Mahlzeiten, abends, wenn der Tag von einem abfällt. Ich brauche immer noch das Nikotin-Spray, ich muss mich selbst noch immer zwingen. Ich merke, dass ich weder die psychische noch die körperliche Abhängigkeit wirklich überwunden habe. Und zu allem Übel steht das Wochenende vor der Tür. Das heißt: keine Redaktionsarbeit, die mich ablenkt.

Doch ich habe vorgesorgt. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung rät, sich ab und zu mal selbst zu belohnen. Ich finde, drei Tage ohne Zigaretten sind ein großartiger Grund, sich so richtig viel selbst zu belohnen:  Joggen, Shoppen, Essen gehen, gute Musik beim Konzert hören – die Hauptsache ist, mein Kopf kommt vor lauter Eindrücken gar nicht auf falsche Ideen. Und auch Alkohol bleibt erst einmal tabu. Die Hemmschwelle würde in den Keller sinken, mein Drang zu Rauchen extrem ansteigen. Und würde ich auch nur eine einzige Zigarette rauchen, wäre ich sofort in alten Gewohnheiten gefangen.  Das Prinzip: „Eine Zigarette tut keinem weh“ funktioniert bei mir nicht. Die letzten drei Tage und alle bisherigen Qualen wären umsonst gewesen. Aber: Das Wochenende kann ein Biest sein. Ein verführerisches Biest.