SchlafstudieWarum es gut ist, auch mal schlecht zu träumen

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symbol alptraum

Alpträume können auch etwas Gutes haben.

  • Einen Alptraum hatte wohl jemand schon einmal. Panisch, manchmal schweißgebadet dazu, schießen wir im Bett nach oben. Alles nur ein schlechter Traum.
  • Ein Zeichen für psychischen Stress? Das vermuten einige. Eine Studie der Universität Genf widerlegt diese These aber.
  • Sie geht sogar noch einen Schritt weiter: Gelegentliche schlechte Träume sollen uns auch gut tun.

Wir flüchten, jemand verfolgt uns, wir fallen, wollen schreien – doch dann wachen wir auf, und liegen einfach nur im Bett. Szenen wie diese wird wohl schon jeder erlebt haben, und so manch einer vermutet dahinter psychischen Stress. Doch eine Studie der Universität Genf zeigt nun: Die nächtlichen Horrorausflüge sorgen eher für emotionale Stabilität.

Ausgangspunkt der Schweizer Forscher war die Beobachtung, dass bei Angstträumen zwei Hirnregionen im Vordergrund stehen: Nämlich die Inselrinde und der so genannte Gyrus cinguli. Von beiden ist bekannt, dass sie auch in realen Angstsituationen des Alltags aktiviert werden. So feuert die Insel bei Angst automatisch, während im cingulären Cortex aufgrund erlernter Muster mitentschieden wird, wann wir Angst spüren. Und all das geschieht eben nicht nur im wachen, sondern auch im schlafenden Zustand, was einen Zusammenhang zwischen diesen beiden – so unterschiedlichen – Aktivitäten des Hirns nahelegt. Doch worin besteht er?

89 Probanden führten ein Traumtagebuch

Zur Beantwortung dieser Frage forderten die Forscher 89 Probanden auf, eine Woche lang ein Traumtagebuch zu führen. Sie sollten also aufschreiben, welche Gefühle sie – sofern sie sich überhaupt erinnern konnten – bei ihren Träumen empfanden. Danach konfrontierte man sie mit neutralen, oder eben auch mit furchterregenden Bildern, beispielsweise von Kriegsopfern oder gewalttätigen Aktionen. Dabei beobachtete man per Magnetresonanz (MRT) die Gehirnaktivitäten der Probanden.

Es zeigte sich: Sowohl der Gyrus als auch die Insel wurden umso weniger aktiviert, je mehr sich die betreffende Person in ihren Träumen geängstigt hatte. Umgekehrt aber stieg, wie Studienleiterin Virginie Sterpenich erläutert, „die Aktivität im medialen präfrontalen Kortex, von dem bekannt ist, dass er im Angstfall die Amygdala hemmt“. Und das tat der das Areal im Stirnbereich offenbar mit Erfolg. Denn die Amygdala, sonst geradezu ein Epizentrum der Furcht, feuerte deutlich sparsamer als sonst.

Ein Training für zukünftige Reaktionen?

Die Angsterlebnisse im Traum korrelieren also negativ mit der Angst im Alltag. „Träume könnten ein Training für zukünftige Reaktionen sein und uns darauf vorbereiten, echten Gefahren und Bedrohungen zu begegnen“, resümiert Lampros Perogamvros, ein weiterer Leiter der Studie. Was den Gedanken nahelegt, dass man Angstpatienten mit einer Traumtherapie helfen könnte. Dabei müsste man allerdings auch deren Grenzen exakt ausloten. Denn wiederkehrende und stark belastende Albträume werden von Psychologen und Schlafforschern nicht etwa als Therapie, sondern eher selbst als Grund für eine Therapie eingeschätzt.

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Perogamvros vermutet: „Wenn im Traum ein bestimmter Grenzwert an Angst überschritten wird, verliert er seine Funktion als emotionaler Regulator.“ Weitere Forschungen werden zeigen müssen, wo dieser Grenzwert liegt – und ob er nicht bei jedem Menschen anders ausfällt.

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