Singen gegen SchmerzenDas Immunsystem durch Singen stärken

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Köln – "Singe, wem Gesang gegeben", schrieb der Dichter Ludwig Uhland 1813. Das ist falsch. Richtig wäre dagegen: Jeder möge singen. Zumindest aus medizinischer Sicht. Denn Singen macht etwas mit dem Körper. Wer singt, der schüttet vermehrt das Hormon Oxytocin aus, das sogenannte Kuschelhormon. Wer singt, der produziert vermehrt Immunglobuline und stimuliert damit sein Immunsystem. Wer singt, verringert die Menge von Stresshormonen. Singen ist offensichtlich gesund.
Mit diesem Wissen hat sich vor sechs Jahren der Verein „Singende Krankenhäuser“ gegründet. Denn: Singen tut auch Patienten gut. Es geht nicht nur darum, kurzfristig die Stimmung zu heben (obwohl das vor allem bei Schwerkranken schon eine wichtige Wirkung ist). Es geht auch nicht nur darum, Stress zu lindern und das Immunsystem zu aktivieren (obwohl das etwa bei Krebserkrankungen eine große Wirkung auf den Krankheitsverlauf haben könnte).
Es geht auch darum, dass ein Sänger durch tiefes Ein- und Ausatmen eine andere Körperspannung und Körperwahrnehmung entwickelt. Und es geht darum, dass Singen Angst nimmt und dadurch Schmerzen lindert. Die Bewegung der singenden Krankenhäuser ist mittlerweile international. Singen kann unglaublich befreiend wirken. Ich erinnere mich an eine Patientin, die dement war und keine Sprache mehr hatte.
Sie konnte nicht mehr sprechen und verstand schon einfachste Sätze und Aufforderungen nicht mehr. Aber zur Überraschung der ganzen Abteilung der Klinik konnte die stumme Frau singen. Text- und melodiesicher beherrschte sie ganze Lieder. Und sie konnte plötzlich lächeln. Immer wieder. Sie war erkennbar glücklich, wenn sie sang. Es ist eine Schande, dass Singen heutzutage als peinlich gilt (nur das Gutenachtlied für kleine Kinder gilt als akzeptabel).
Es ist nicht nur kulturell sondern eben auch medizinisch bedauerlich. Natürlich geht die vorgebliche Epidemie von Burnout und Co. nicht auf dieses Konto. Aber es ist möglich, dass regelmäßiges Singen die ein oder andere antidepressive Pille ersetzen könnte. Wer schon einmal im Chor gesungen hat, weiß, dass das stimmt. Also: Singen Sie! Fangen Sie diskret unter der Dusche an – und suchen dann einen netten Chor.