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Tricks mit künstlichen AromenSo wenig Erdbeere steckt tatsächlich im Erdbeerjoghurt

Lesezeit 4 Minuten
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Joghurt – ein beliebtes Dessert. Was wirklich drin steckt, wissen die wenigsten Verbraucher.

Regional, bio, fair: Bei Lebensmitteln achten Verbraucher immer mehr auf Qualität – ganz nach dem Motto „Du bist, was du isst“. Hinzu kommt: Viele Deutsche leiden an Lebensmittelunverträglichkeiten und kaufen deshalb bewusst ein.

Reporter des SWR haben nun untersucht, wie gut Konsumenten wirklich Bescheid wissen über das, was sie kaufen und essen. Wie sie in der ARD-Sendung „Vorsicht Verbraucherfalle“ (Montagabend, 6. Juni) am Beispiel von Joghurt und Fairtrade-Siegeln jetzt gezeigt haben, lassen wir uns häufig von vagen Angaben auf Packungen in die Irre führen. Das Ziel der Reporter: mehr Transparenz und die Offenlegung von Tricks der Lebensmittelindustrie, auf die fast jeder im Alltag leicht hereinfällt.

Die Aroma-Tricks der Lebensmittelindustrie

Auf vielen Produkten im Supermarkt-Regal prangen Etiketten mit Aufdrucken, wie „ohne künstliche Farbstoffe oder Aromen“ oder „ohne Geschmacksverstärker“. Um zu verdeutlichen, was Aromen mit unserem Geschmackssinn machen, macht Reporter Sebastian Engelmann mit Passanten in Aschaffenburg einen Test. Bei einer Blindverkostung sollen sie angeben, welche Sorte Joghurt sie gerade probieren.

Das Ergebnis ist erschütternd: Kaum einer der Passanten erkennt Ananas-Joghurt als solchen, stattdessen tippen sie auf Mango, Birne oder Maracuja. Noch schlimmer wird es, als der Reporter den Ananas-Joghurt mit geschmacklosem rotem Farbstoff mischt. Jetzt halten die Fußgänger die Sorte für Erdbeere, Himbeere oder Granatapfel.

Aromen beeinträchtigen Geschmackssinn

Die Schlussfolgerung: Durch Aroma-Zusätze haben wir verlernt, wie etwas schmeckt. „Viele Leute wissen gar nicht mehr, was natürlicher Geschmack ist“, sagt SWR-Redakteur Sebastian Engelmann und fügt hinzu: „Steht auf einem Joghurt-Becher „ohne künstliches Aroma“, denken wir entweder, dass gar keine Aroma-Stoffe enthalten sind oder sie aus der Frucht gewonnen werden“. Doch tatsächlich steckt in den Produkten stattdessen natürliches Aroma. Und wie Engelmann zeigt, kann ein Stoff, der nach Ananas riecht, aus Weißkohl gewonnen werden.

Das steckt dahinter: „Es gibt bestimmte Zusatzstoffe, die kommen bei den Verbrauchern einfach nicht mehr so gut an, ein Beispiel ist der Geschmacksverstärker Glutamat. Die Lebensmittelindustrie möchte aber nicht darauf verzichten, Glutamat einzusetzen, und ein Weg, wie sie das machen kann, sind die Clean Labels“, erklärt Lena Blanken von Foodwatch. „Dann können sie einfach vorne drauf schreiben, was nicht drin ist, diese Zusatzstoffe werden aber einfach durch Zutaten ersetzt, die eine ganz ähnliche Wirkung haben.“ Zwar ist in den Produkten dann kein Geschmacksverstärker, dafür Hefeextrakt. Rein rechtlich kein Geschmacksverstärker, allerdings hat auch Hefeextrakt eine geschmacksverstärkende Wirkung.

Schummel bei Fairtrade-Siegeln

Verbraucher möchten nicht nur gesunde Lebensmittel kaufen, sie wollen dabei auch ein gutes Gewissen haben. Um sicherzugehen, dass die Produzenten von Bananen oder Kaffee nicht ausgebeutet werden, setzen sie deshalb auf fair gehandelte Produkte. Inzwischen gibt es immer mehr solcher Siegel mit unterschiedlicher Aussagekraft und Bedeutung. Und immer mehr Siegel prangen auf immer mehr Produkten im Supermarkt und Discountern.

Dass da kaum noch ein Verbraucher durchblickt, zeigt SWR-Reporter Jan Boris Rätz, als er in Mainz Passanten befragt. So meint ein Fußgänger zu den „fair“-Siegeln: „Eines davon wird staatlich geprüft sein, hoffe ich zumindest.“ Das Problem: Die Begriffe „Fair“ oder „fairer Handel“ sind gesetzlich nicht geschützt. Und so kann jedes Siegel seine eigenen Standards definieren.

20 Prozent reichen für Siegel

Das bekannteste Siegel in Deutschland ist das Fairtrade-Siegel. Wie „Vorsicht Verbraucherfalle“ zeigt, wurden die Standards hierbei vor einigen Jahren weiter gefasst. So dürfen zum Beispiel Mischprodukte wie Kekse, Eis oder Schokolade das Fairtrade-Siegel tragen. Was viele Konsumenten nicht wissen: Statt 50 Prozent müssen nur 20 Prozent fair gehandelte Zutaten enthalten sein. Zudem dürfen bei Kakao, Tee, Zucker und Orangensaft aus produktionstechnischen Gründen normale Ware und fair gehandelte Rohstoffe vermischt werden – der sogenannte Mengenausgleich. Das Resultat: Auf vielen Produkten steht zwar „fair trade“ drauf, es steckt aber kaum fairer Handel drin.

Außerdem wollte Reporter Rätz im Hauptanbaugebiet für Kakao, der Elfenbeinküste, wissen: Wie viel von dem, was wir für fair gehandelte Produkte ausgeben, kommt eigentlich bei den Kakaobauern an? Auf einer Kakaoplantage trifft er Arbeiter, die mit dem Begriff „fairer Handel“ kaum etwas anfangen können. Traurig, aber wahr: Bei seiner Recherche erfährt der Reporter, dass nach Studien bei den Bauern von jedem Euro, den wir für fair gehandelte Produkte ausgeben, nur wenige Cent landen. (kkl)

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