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Urlaub mit KindernMit Kind in die Ferne reisen

Lesezeit 7 Minuten

In Deutschland ist der Sommer noch nicht ganz zuverlässig angekommen. Wir aber liegen bei 29 Grad im Schatten im weißen Sand unter Palmen, den Blick aufs türkisblaue Meer gerichtet. Beinahe sieht es am Strand von Punta Cana so aus wie auf einer dieser kitschigen Postkarten. Irgendwie unecht. Schon vor der Reise war klar: Dem Sommer entgegenzufliegen und Glückshormone zu tanken ist auf jeden Fall eine gute Idee. Die Frage ist nur: Gilt das auch für Kinder?

Als das Angebot kam, für eine Woche mit meinem knapp vierjährigen Sohn Bo in die Dominikanische Republik zu fliegen, habe ich mich natürlich gefreut. Aber auch gefragt: Ist es richtig, einem Kleinkind einen zehnstündigen Flug und fünf Stunden Zeitumstellung zuzumuten? Nicht umsonst ändern viele Menschen ihre Reisegewohnheiten, sobald sie Kinder bekommen haben. Machen statt Fernreisen Familienurlaub im Clubhotel auf Mallorca. Sollte man also nicht lieber für den Sommerurlaub mal eben auf die Balearen fliegen?

Allgemeines

Kinder reagieren sensibler auf Zeitumstellung, lange Flüge und Klimawechsel. Bei guter Vorbereitung und Unterbringung in einem Hotel mit gutem Standard kann man bedenkenlos auch mit kleinen Kindern in die Karibik fliegen. Vorausgesetzt, sie trinken genug, kommen sie auch mit den Temperaturen gut zurecht. Problematischer ist der hohe Wasserverlust durch die Hitze allerdings für Babys.

Impfungen

Das Auswärtige Amt empfiehlt neben den Standardimpfungen auch die Reiseimpfungen Hepatitis A und – bei Langzeitaufenthalt – auch Hepatitis B, Typhus und Tollwut. Das ist allerdings nicht nötig, wenn sich das Kind hauptsächlich in der Hotelanlage aufhält.

Reisepass

Erwachsene brauchen einen Reisepass, Kinder einen eigenen Kinderreisepass. Bei Kindern unter 6 Jahren werden dafür noch keine Fingerabdrücke erfasst.

Was mitnehmen?

Mückenspray ist wichtig, da tropische Mücken Krankheiten wie das Denguefieber übertragen können.

Sonne und Hitze

Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor und eine Kopfbedeckung sollten selbstverständlich sein. Die Mittagshitze mit Kindern meiden und T-Shirts oder UV-Anzüge anziehen, um einem Sonnenbrand vorzubeugen.

Währung

Es lohnt sich kaum, Euro in Dominikanische Peso zu wechseln. Sinnvoller und günstiger im Kurs ist es, in Deutschland bereits in US-Dollar zu wechseln, mit denen man vor Ort problemlos überall bezahlen kann. An den Automaten vor Ort bekommt man Dominikanische Peso ausgezahlt.

Der Flug

Schon zwei Stunden Stillsitzen sind für meinen Sohn eine Herausforderung. Deshalb habe ich vor dem Flug gehörigen Respekt. Aber ich habe meine Wunderwaffe dabei: ein Tablet, auf das ich neue Kinderspiele und Filme geladen habe. Als wir nach zehn Stunden Flug in der Dominikanischen Republik landen, bin ich unheimlich stolz auf meinen Sohn. Und überrascht: Obwohl er nur eine Stunde des Flugs verschläft, hat er während der restlichen Zeit kaum genörgelt und gar nicht geweint.

Wir landen um 17.30 Uhr Ortszeit, in Deutschland ist es jetzt 22.30 Uhr abends – und ziemlich kühl. Seltsam, wie wir hier über die Gangway in den Sommer heraustreten. Unwirklich die ersten Schritte. Bo kommentiert die Umstellung erst, als er die ersten Palmen sieht, die er sofort zu seinen Lieblingsbäumen erklärt. Den Rückflug über Nacht wird mein Junge praktischerweise verschlafen.

Die Zeitumstellung

Während Bo die Zeitumstellung gut wegsteckt und schon nach drei Tagen nicht mehr mitten in der Nacht zum Frühstück gehen will, schlafe ich bis zur Abreise jeden Abend mit ihm ein – und stehe morgens um 5 Uhr voller Tatendrang wieder auf. Gerade wegen der Zeitumstellung ist es sinnvoll, mindestens zwei Wochen in der Karibik zu bleiben. Sonst muss man sich gleich nach der Eingewöhnung schon wieder umstellen.

Der Aufenthalt

Natürlich: Mein Sohn ist begeistert vom Meer, vom Strand – der für ihn ein riesiger Sandkasten ist – und vom Miniclub. Aber vermutlich macht es für ihn noch keinen großen Unterschied, ob er im atlantisch-karibischen Meer oder im Mittelmeer badet, aus welchem Sand er seine Burgen baut oder in welchem Miniclub er Freunde findet. Während zehn statt zwei Stunden Flug für ihn auf jeden Fall einen Unterschied machen. Unser Hotel ist eine schöne Clubanlage mit pastellfarbenen Bungalows, mehreren Pools und Poolbar, einer Lobby im Kolonialstil und Restaurants und einem deutschen sowie einem internationalen Miniclub. Dies alles könnte auch auf Mallorca stehen – wäre da nicht der umwerfende Strand unmittelbar vor der Tür. Wie 80 Prozent aller Hotelangebote in der Dominikanischen Republik ist hier wirklich alles inklusive. Der überwiegende Teil der Gäste sind Amerikaner, für sie ist es schließlich nur ein Katzensprung in die Karibik. Angenehm, als Deutscher mal in der Minderheit zu sein.

Im Vergleich zu einer ähnlichen Anlage auf Mallorca ist der Familienanteil hier eher gering. Auch wenn der Reiseveranstalter Tui meldet, Fernreisen bei Familien mit Kindern seien im Kommen: So tollkühn, alleine mit Kind zu verreisen, ist außer mir offensichtlich niemand. Dabei genieße ich die Zeit mit meinem Sohn beim Planschen im Wasser oder Sandburgenbauen am Strand. Und auch die, in der er im Miniclub ist und ich in Ruhe am Strand liegen kann.

Interessant wird es beim Essen am Buffet. Während ich zwei Teller balanciere, sucht er in unbeobachteten Momenten eigene Wege. Auf der Anlage ist er deshalb bald bekannt: Irgendwann werde ich auf dem Weg zum Strand von einer vergnügten Frau auf englisch mit französischem Akzent gefragt, ob das etwa der kleine Junge sei, der sich so gerne unter fremden Tischen versteckt? Ist er.

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Die Ausflüge

Das Hotel ist Bestandteil einer Anlage aus mehreren Häusern. Allen gemeinsam ist die „Karibische Straße“, auf der es Souvenirshops, eine Apotheke, einen Arzt und ein Fitnessstudio, eine Bank und einen Fotoladen gibt. Eigentlich müsste man als Urlauber diese Anlage erst wieder für die Rückfahrt zum Flughafen verlassen. Ich müsste mir zumindest ernsthaft Mühe geben, um alleine den Weg aus der Anlage heraus zu finden. Zu Fuß würde das allerdings keinen Sinn ergeben, da es in Punta Cana nicht viel zu sehen gibt. Will man auf eigene Faust etwas unternehmen, muss man mit Auto oder Taxi fahren, zum Beispiel nach Higuey, dem nächstgrößeren Ort landeinwärts. Reiseleiter raten allerdings eher davon ab, selbst mit dem Auto loszufahren, da die Straßen mitsamt Beschilderung nicht gerade deutschen Verhältnissen entsprechen und auch die Fahrweise der Einheimischen gewöhnungsbedürftig ist. Da ich etwas mehr vom Land sehen möchte, entscheide ich mich gegen das Taxi und für einen geführten Ausflug. Der bietet das echte karibische Leben – natürlich in kleinen Dosen und mit einigen Souvenir-Stops. Das ist richtig teuer: Die von uns vor Ort gebuchte Eco-Caribe-Tagestour kostet für mich umgerechnet knapp 100 Euro, für mein Kind 50 Euro. Tipp: Preislich gesehen lohnt es sich, vor dem Abflug im Internet Ausflugsangebote auszuloten und auch vor Ort zu vergleichen.

Lohnenswert ist unser Ausflug allemal. Wir ruckeln mit einem bunt bemalten Schulbus mit Strohdach durchs Land, vorbei an Siedlungen, Reis- und Zuckerrohrfeldern. Die dominikanischen Reiseleiter schenken reichlich Rum aus, tanzen zwischendurch Merengue und aus den Lautsprechern dröhnt laute Musik – zwischen Merengue und Bachata leider auch deutscher Schlager. Der Bus schaukelt meinen Sohn in den Schlaf und wir verpassen den Besuch eines Marktes in Higuey. Vielleicht besser so, wie ich hinterher erfahre: Angeblich werden dort Tiere geschlachtet. Aber als wir später eine dominikanische Grundschule besuchen, bin ich dann doch ziemlich zufrieden mit dem, was ich Bo hier zeigen kann: Wir dürfen in die Klassenräume schauen und Bo verteilt Gummibärchen an die Kinder. „Warum ist die Schule so kaputt?“, fragt er mich, und ich erkläre ihm, dass nicht alle Länder so reich sind wie Deutschland und manche Leute nicht einmal Geld haben, um sich etwas zu essen zu kaufen. Das hört er nicht zum ersten Mal. Aber ich habe das Gefühl, hier bekommt dieser Satz für ihn ein Gesicht – und zwar in einer kindertauglichen Form.

Beim anschließenden Besuch einer Kaffee-und-Kakao-Plantage lernt er, dass Kakaopulver von Kakaobohnen stammt und es Arbeit bedeutet, diese anzubauen. Er sieht auch, wie Bananen und Ananas wachsen, und bekommt einen Eindruck davon, wie Menschen woanders auf der Welt wohnen.

Am Ende des Tages reiten wir zusammen auf einem Pferd an einem Postkarten-Strand entlang. Auch wenn wir abends zurückkehren in das wohlbehütete Hotel, habe ich das Gefühl: Er ist heute innerlich gewachsen. Und wir beide noch mehr zusammengerückt.

Das Fazit

Zehn Stunden Flug und fünf Stunden Zeitumstellung sind nicht ohne. Aber die Karibik lohnt sich auch mit Kindern – vorausgesetzt, man bleibt länger als eine Woche. Für die Eltern, weil sie dem Sommer entgegenreisen können. Für Kinder, weil sie bei hohem Standard im Hotel untergebracht sein können und trotzdem Dinge erleben, die es zu Hause nicht gibt. Dafür muss man natürlich die Hotelanlage verlassen. Noch heute packt Bo manchmal seinen Kinderkoffer und verabschiedet sich mit den Worten: „Tschüss, ich fliege in die Karibik.“