Mit Blumen, Obst und KräuternWie wir den Balkon jetzt zu einem Wohlfühlort machen

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Urlaub geht auch hier!

  • Er ist Blumenbeet. Kräuterküche. Strandersatz. Leseplatz. Wäschetrockner. Ein Balkon ist wie viele zusätzliche Zimmer.
  • Und gerade in diesen Zeiten Gold wert: Wenn die Grillabende im Park, die Besuche im großelterlichen Garten und die Kurzurlaube in Holland ausfallen, dann bietet er ein bisschen Ersatz.
  • Höchste Zeit, dass wir ihn von alten Wasserkästen, Trittleitern und Farbeimern befreien und völlig neu gestalten. Wie das am besten geht, hat unsere Gartenexpertin Ina Sperl aufgeschrieben.

Köln – Ein Balkon hat großes Potenzial. Ganz gleich, ob nur ein Stuhl darauf passt oder ein Essplatz für die ganze Familie: jeder Quadratmeter an der frischen Luft, vielleicht sogar mit Ausblick und Abendsonne, zählt in diesen Tagen. Der Radius ist eingeschränkt, die Sommermonate stehen noch bevor, wahrscheinlich ist diesmal kein Urlaub geplant. So wird dieser Platz im Freien wichtiger denn je. Selbst der kleinste Raum lässt sich so gestalten, dass man sich dort wohl fühlt. Die entscheidende Rolle dafür spielen Pflanzen.

Pflanzen sorgen für Freude und Abwechslung

Pflanzen schaffen nicht nur eine freundliche Atmosphäre, sie erfreuen auch mit Blüten, Duft oder sogar Früchten. Gut geplant, sorgen sie sogar für ein angenehmes Kleinklima. Sie locken Insekten an, Vögel und vielleicht auch Eichhörnchen. Sukkulenten können hier wachsen und Thymian, Salat sprießen und Bohnen ranken. Rosen und Levkojen duften auch im Pflanzkübel, und Erdbeeren, Himbeeren oder Äpfel reifen. Dafür braucht es keinen besonders grünen Daumen und auch keine riesige Dachterrasse, sondern nur Freude an den Pflanzen und den Mut, sich darauf einzulassen.

Wie beginnen?

Wenn die Wasserkästen, Trittleitern, alte Farbeimer und was sonst noch so herumsteht, weggeräumt sind, wird eine Bestandsaufnahme gemacht. Wo passen Stuhl und Tischchen hin, wo vielleicht sogar eine Liege? Welche Blickrichtung ist die schönste? Wie ist der Sonnenverlauf, und von wo regnet es auf den Balkon? Der erste Schritt zu einem gut geplanten Balkon ist eine Skizze, rät Birgit Schattling. Die Balkongärtnerin, die selber auf wenigen Quadratmetern nicht nur Blumen und Kräuter, sondern auch Obst und Gemüse zieht, hat ihre Erfahrungen in einem Buch zusammengefasst (siehe Tipp). Um den Platz auszunutzen, darf, ganz wichtig, auch in die Höhe geplant werden. Pflanzen, die ranken, können einen Sichtschutz bilden. Vertikalbeete vergrößern die Fläche für Salate, Kräuter und Blumen, und Hängeampeln bringen Erdbeeren oder Petunien auf Augenhöhe.

Bei der Planung auf engem Raum müssen Prioritäten gesetzt werden. Was darf wachsen in den Töpfen, was erfreut das Herz am allermeisten? Eine bunte Blütenpracht, aromatische Kräuter für den Salat oder Beeren zum Naschen? Sollen die Pflanzen für Insekten und Vögel interessant sein? Dazu kommt: Werden die Kästen mehrmals im Jahr neu bepflanzt, oder finden dauerhafte Stauden und kleine Gehölze darin Platz? Auch Wildpflanzen lassen sich übrigens ansiedeln. Mitten in der Stadt können Natternkopf und Traubenskabiose, Beinwell oder Wilde Malven ein Naturgefühl erzeugen. Bienen und Hummeln freut’s.

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Bienen finden auf Balkonen Nahrung, zum Beispiel China-Lauch-Blüten.

Vieles ist möglich, doch hat das Balkongärtnern auch seine Grenzen – und die betreffen nicht nur die Quadratmeter. Zum einen die Traglast: Wie viel Gewicht hält der Balkon aus? Die Pflanzgefäße sollten vor allem leicht sein, jedoch stets so groß wie es irgend geht. Je kleiner der Topf, desto schneller trocknet er aus und desto weniger Platz haben die Wurzeln. Dazu kommt: wie sind die Lichtverhältnisse? Knallt im Sommer den ganzen Tag die Sonne hinein, oder gibt es viel Schatten? Und auch das Gießen ist nicht zu unterschätzen. Hat der Balkon einen Wasseranschluss, oder muss jede Gießkanne im Badezimmer gefüllt und durch die Wohnung getragen werden? Machbar, aber mühselig. Das alles sollte bei der Planung beachtet werden.

Die Erde

Meist wird sie zuletzt gekauft, und oftmals wird hier gespart. Dabei ist die Erde die Grundlage allen Wachstums in den Töpfen. Ohne sie keine Balkonbegrünung, und hier sollte richtig investiert werden, – mit Aufmerksamkeit und Mühe. Sind die Töpfe für die Optik entscheidend, ist es die Erde für das Wohlergehen der Pflanzen, die Blüten und Früchte hervorbringen sollen. Sie können sich nicht aussuchen, worin sie wurzeln. Und sie haben ganz unterschiedliche Ansprüche: Lavendel braucht mageren, durchlässigen Boden, während Zucchini reichen, nährstoffreichen Humus benötigen. Wenn einmal hochwertiges, torffreies Substrat angeschafft wird, lässt es sich immer wieder auffrischen, etwa mit Schafwoll-Pellets, Hornspänen oder Kompost.

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Beete können auch auf dem Balkon in die Höhe wachsen.

Wer einen Garten hat, kann die Erde für Töpfe auch selber mischen: je nach den Bedürfnissen der Pflanzen werden Gartenboden mit Kompost und Sand vermengt. Ist noch alte Blumenerde vorhanden, die nicht komplett durchwurzelt ist und angenehm riecht, kann sie wiederverwendet werden. Denn Schnittlauch und Kapuzinerkresse, aber auch Wildkräuter sind genügsam, was Nährstoffe angeht. Hornspäne, Kaffeesatz und selbst gemachter Kompost können dieses alte Substrat aufpeppen. Einen Versuch ist es wert.

Bunte Blüten

Petunien, Geranien und Kapkörbchen gehören zu den typischen Balkonpflanzen. Doch wer über das Baumarkt-Sortiment hinausschaut, findet eine Fülle an interessanten Gewächsen, die genauso gut und häufig sogar viele Jahre im Topf leben können. Storchschnabelarten zum Beispiel gibt es für beinahe jeden Standort, ob kompakt wachsender Grauer Storchschnabel oder robuster Balkan-Storchschnabel für Ecken, die auch nicht so häufig gegossen werden. Elfenblumen, Fetthennen, Nelken, Glockenblumen oder Prachtkerzen fühlen sich mit der richtigen Pflege im Balkonkasten wie zuhause und kommen jedes Jahr wieder. Wenn ihnen der Topf zu eng wird, können sie geteilt werden. Viele lassen sich selber ziehen: Zinnien, Jungfer im Grünen, Kapuzinerkresse, Ringelblumen keimen schnell und können im Mai noch gesät werden. Sie blühen im selben Jahr, anders als das Silberblatt, die Bartnelke oder der Goldlack. Hier ist Geduld gefragt, denn die Blüte erscheint erst im zweiten Frühjahr.

Buchtipps

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Birgit Schattling: „Mein Biotop auf dem Balkon. Naturerlebnis und Ernteglück mitten in der Stadt“; GU, 144 S., 17,99 Euro.

Fühl dich Löwenzahn: „Dein fantastischer Balkongarten. Ernten bis zum Abheben“; Löwenzahn, 160 S., 19.90 Euro.

Natalie Faßmann, Monika Kratz: „Urlaub auf Balkonien. Zwischen Gemüselust und Blütenmeer“; Ulmer, 126 S., 12,95 Euro.

Bei der Auswahl sind nicht nur die Lichtverhältnisse entscheidend – Elfenblumen gehören in den Schatten, während Nelken volle Sonne mögen. Auch die Wirkung der Farben ist nicht zu unterschätzen. Orange erzeugt Nähe und Unmittelbarkeit und kann aufdringlich sein. Blau dagegen schafft Tiefe. Rot ist immer präsent, stark, Rosa wirkt unverbindlicher. Mit Weiß kombiniert entsteht ein blasses Bild, mit Blau ein kühles. Gelb gehört zu den unbeliebtesten Farben, dabei leuchtet es stark und wirkt sonnig und freundlich. Es ist es schwierig zu kombinieren, doch gemischt mit Weiß entsteht Leichtigkeit.

Frische Kräuter

Schön, wenn beim Kochen mal eben eine Handvoll Basilikum oder Minze gepflückt werden kann. Aber nicht nur Kräuter wie Petersilie und Schnittlauch lohnen sich, im Topf zu haben, sondern auch solche Pflanzen, die nicht so oft oder nur in kleinen Mengen werden. Koriander, Eberraute oder Portulak gedeihen zum Beispiel gut im Topf und sind obendrein dekorativ. Für fast jeden Standort ist ein Kraut gewachsen. Bekommt der Balkon mehr als sechs Stunden Sonne pro Tag, eignen sich mediterrane Halbsträucher wie Rosmarin, Lavendel, Salbei oder Zitronenverbene, aber auch Oregano und Basilikum. Schatten vertragen dagegen Petersilie, Schnittlauch und Zitronenmelisse. Fehlt die Sonne fast ganz, können immerhin Waldmeister, Minze und Süßdolde wachsen.

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Viele Kräuter sind einjährig und können im Mai noch gesät werden. Basilikum keimt schnell, Senf und Shiso auch. Die Saat von Petersilie, Koriander, Bohnenkraut oder Sommerportulak kommt jetzt in den Topf. Über die nächsten Wochen lässt sich das Aufwachsen der Pflänzchen beobachten. Manche wie Estragon oder Liebstöckel sind mehrjährig. Auch sie können aus Samen gezogen werden, schneller geht es mit gekauften Pflanzen. Majoran, Pimpinelle oder Weinraute sind ebenfalls in gut sortierten Gärtnereien erhältlich.

Kräuter sind in der Natur mit wenig zufrieden und kommen ohne Dünger aus. In einen gemeinsamen Topf passen diejenigen, die ähnliche Ansprüche haben. Petersilie verträgt zum Beispiel Schatten, ähnlich wie Schnittlauch, Lavendel und Salbei dagegen brauchen so viel Sonne wie möglich. Basilikum lässt sich zu Tomaten in den Topf setzen, sie ergänzen sich gut.

Salat im Kasten

Von Selbstversorgung kann auf den Balkon natürlich keine Rede sein – allenfalls, was Kräuter oder Chilis angeht. Aber auch wenn die Ernte nur ein Zucchini-Gericht oder ein Blech Ofenkartoffeln ergibt, lohnt sich der Anbau doch. Denn die Freude, eine Paprika wachsen und reifen zu sehen oder zuzuschauen, wie sich Erbsenblüten allmählich in Schoten verwandeln, lässt sich kaum toppen. Manches ist auch dankbares Balkongemüse, denn hier gibt es (in der Regel) keine Schnecken, die sonst über Jungpflänzchen herfallen. Salate lassen sich im Kasten prima ziehen und können jetzt gesät werden, bei Radieschen oder rundlichen Möhren ist es ähnlich. Chilis oder Auberginen bekommen vor einer Hauswand die Wärme, die sie benötigen, und Tomaten freuen sich über ein Dach, das sie vom Regen abschirmt. Feuerbohnen oder Zuckererbsen ranken an einem Gerüst in die Höhe, sie können im Mai gelegt werden und wachsen schnell heran. Aber auch Setzlinge vom Markt können gepflanzt werden.

Generell brauchen Gemüse nährstoffreiche Erde, viel Wasser und Sonne. Für Zucchini sollte ein Topf zum Beispiel mindestens 40 Liter Erde fassen, und man muss mindestens zwei Pflanzen haben, denn sonst wird es nichts mit der Bestäubung. Kartoffeln können gut in einem großen Pflanzsack gedeihen. Liegt der Balkon so, dass er nur ein paar Stunden Sonne hat, können immer noch Mangold, Rote Bete, Rucola, Spinat wachsen. Ist er aber sehr schattig, so lässt sich zumindest noch Bärlauch ziehen, oder auch Pilze: Es sind Anzuchtsets mit verschiedenen Sorten erhältlich.

Beeren vom Balkon

Eigene Äpfel und Zitronen? Frisch gepflückte Erdbeeren, Gelee aus selbst gezogenen Quitten? Das ist alles auch ohne Garten möglich. Vielerlei Obstgehölze kommen im Topf gut zurecht. Vorausgesetzt, es handelt sich um Pflanzen, die sich auch hierfür eignen. Wer einen Apfel, eine Kirsche oder Birne kaufen möchte, sollte sich in der Baumschule beraten lassen. Spindel- oder Ballerina-Bäume bleiben schmal und können im Topf gezogen werden. Manche müssen allerdings regelmäßig geschnitten werden, um ihre Form zu behalten. Pflanzkübel sollte mindestens 30 Liter Erde fassen, besser mehr. Bei guter Pflege kann ein Baum dann viele Jahre im Topf leben. Damit es Früchte gibt, braucht ein Apfel die passenden Bestäuberpflanzen in der Nähe. Das kann ein Wildapfel sein, oder auch andere Apfelbäume in der Nachbarschaft. Dekorativ und für warme Stadt-Balkons geeignet sind auch Zitrusbäumchen oder kleine Feigen. Allerdings können sie im Winter nicht draußen bleiben sondern benötigen einen frostfreien, aber kühlen und hellen Platz.

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Wunderschöne Apfelblüten

Unproblematischer sind Beeren aller Art. Erdbeeren geben sich mit wenig Erde zufrieden, Heidelbeeren ebenfalls. Johannis- oder Himbeeren, aber auch Japanische Weinbeeren mögen gerne etwas mehr, mindestens einen 30-Liter-Topf und ein Gerüst, an dem sie Halt finden. Wer Ungewöhnlicheres mag, pflanzt Mahonien oder Scheinquitten, beide blühen im Frühjahr. Die blauen Beeren der Mahonien werden im Spätsommer gepflückt und zu Marmelade oder Mus verarbeitet. Etwas später reifen die duftenden Quitten, deren Saft viel Vitamine erhält und ein leckeres Gelee ergibt.

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