Bearbeitungsgebühr einbehaltenWarum kriegt man nach Konzertabsage nicht den vollen Ticketpreis zurück?

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Konzertkarten des Veranstalters CTS Eventim.

Konzertkarten des Veranstalters CTS Eventim.

Bei Rückerstattungen behalten Ticketanbieter wie Eventim einen Teil des Ticketpreises ein. Dagegen kann und sollte man sich wehren.

Daniel N. (Name geändert) hatte sich so auf das Konzert des belgischen Musikers Stromae in der Kölner Lanxess-Arena gefreut. Am 10. Mai sollte es so weit seit. Die Tickets hatte N. Monate im Voraus über den Ticketanbieter Eventim gekauft und gerade eben noch zwei gute Plätze erwischt. 

Doch rund einen Monat vor dem Termin wird das Konzert in der nahezu ausverkauften Lanxess-Arena abgesagt. Von Eventim kommt eine E-Mail, in der es heißt: „Der Veranstalter hat uns mitgeteilt, dass dein Event abgesagt wurde. Wir wurden als Ticketvermittler mit der Rückabwicklung der Tickets beauftragt.“

Um den Betrag von 83,50 Euro zurückzubekommen, den N. und seine Begleitung für zwei Tickets gezahlt hatten, bietet Eventim ein sogenanntes Rückabwicklungsformular an, das Käuferinnen und Käufer ausfüllen müssen, um ihre Kosten erstattet zu bekommen. Wenige Tage bestätigt Eventim per E-Mail die erfolgreiche Rückabwicklung – der zu erstattende Betrag, der in der Mail genannt ist, ist allerdings um einiges geringer als der Preis, den N. und seine Begleitung ursprünglich für die Tickets gezahlt hatten. Rund zwölf Prozent des Geldes behält Eventim ein. Einen Grund dafür nennt der Ticketverkäufer in der E-Mail nicht.  

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Wer sich mit der Materie beschäftigt, merkt schnell, dass es sich hierbei weder um ein Versehen noch um einen Einzelfall handelt. Seit mehreren Jahren gibt es massenweise Verbraucherbeschwerden, genauer gesagt: seit März 2020. Als zahlreiche Veranstaltungen wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden mussten und die Veranstalter Eventim mit der Rückabwicklung beauftragten, hat der Tickethändler einen Teil der jeweiligen Ticketpreise einbehalten.

Landgericht München I erklärt Klausel in Eventim-AGB für unwirksam

Eventim berief sich dabei auf seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Dort hieß es damals nach Angaben der Verbraucherzentrale: „Die im Ticketpreis enthaltene Vorverkaufsgebühr fällt als Entgelt für die erfolgreiche Vermittlung des Tickets unmittelbar bei dessen Verkauf an. Im Falle von Absagen oder Verlegungen von Veranstaltungen durch den Veranstalter oder aus sonstigen Gründen kann die Vorverkaufsgebühr daher nicht erstattet werden.“

Das Landgericht München I hat die Allgemeine Geschäftsbedingung mit diesem Passus im Juni 2021 für unwirksam erklärt. In den Fällen, in denen Eventim die Tickets auf Kommissionsbasis – also im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung – verkaufe, benachteilige die Klausel den Kunden in unangemessener Weise. Zudem hielt das Gericht die Klausel insgesamt für intransparent, da in den vorliegenden Fällen die Höhe der Vorverkaufsgebühr beim Abschluss des Ticket-Kaufvertrages nicht gesondert ausgewiesen worden war. Mittlerweile findet sich die Passage nicht mehr in den AGBs von Eventim. Ein Teil des Ticketpreises wird trotzdem einbehalten, die Höhe der sogenannten Vorverkaufsgebühr nicht angegeben. 

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) hat dagegen eine Musterfeststellungsklage eingereicht. Betroffene Kundinnen und Kunden können sich der Klage anschließen. „Grundsätzlich besteht nach unserer Ansicht im Falle einer Konzertabsage ein Erstattungsanspruch auf den Ticketpreis“, erklärt auch Ilona Husemann von der Verbraucherzentrale NRW auf Nachfrage. 

Betroffene können mit Musterbrief Gebühren zurückverlangen

Für diesen Fall hat die Verbraucherzentrale einen kostenlosen Musterbrief aufgesetzt, mit dem Kundinnen und Kunden sich an Eventim wenden und die einbehaltene Gebühr zurückfordern können. Darin wird auf das Urteil des LG München I verwiesen.

Diesen Weg ist auch Daniel N. gegangen, nachdem ihm nicht der volle Ticketpreis für die Stromae-Konzertkarten erstattet worden war. Er hat den vorformulierten Text mit seinen Angaben ergänzt und per E-Mail an Eventim geschickt.

Wenige Tage später kommt eine Antwort von Eventim: „Wir werden die erbetene Erstattung der von Ihnen gezahlten Vorverkaufs- und Buchungsgebühr im Namen des Veranstalters aus Kulanz und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht vornehmen“, heißt es darin. 

Eine Nachfrage unserer Redaktion, mit welcher Begründung Eventim im Falle einer Veranstaltungsabsage nicht die vollen Kosten erstattet, sondern einen Tel der Gebühren einbehält, blieb bislang unbeantwortet.

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