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„Plötzlich bist du behindert“Wie Menschen mit Handicap sich im Arbeitsleben behaupten

Lesezeit 13 Minuten
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Carina Tillmann ist von Geburt an blind.

Köln – „Als Mensch mit einer Behinderung hat man nur zwei Möglichkeiten. Entweder man resigniert, oder man sagt sich: Was soll’s, das Leben geht weiter  – und beginnt zu kämpfen.“ Mit ebenso viel Kraft und Zuversicht wie Norbert Leisten haben auch die anderen vier Protagonisten unserer Geschichte ihren Platz auf dem Arbeitsmarkt gefunden – trotz ihres Handicaps. Unsere Autorin hat sie an ihrem Arbeitsplatz besucht und sich erklären lassen, welche Hürden sie auf diesem Weg überwinden mussten – und zum Teil immer noch müssen. Mit manchen Schilderungen ist die Autorin selbst vertraut,ihr  Bruder ist gehörlos und behauptet sich  seit vielen Jahren als Tischler im Berufsleben.

Carina Tillmann, 22 Jahre, Studentin, von Geburt an blind

Schon vor dem Abitur war klar, dass ich etwas mit Medien machen möchte. Ich hatte vorher bereits mehrere Schülerpraktika beim WDR in Köln, bei der Rheinischen Post und beim Express in Düsseldorf absolviert und arbeite ehrenamtlich in der Jugendredaktion eines Bürgerfunks. Außerdem führe ich seit vier Jahren den Blog „anders und doch gleich“, wo ich mit 30 jungen Leuten aus der ganzen Welt über das Leben mit einer Behinderung schreibe. Die meisten von uns sind sehbehindert. Wir wollen die Barrieren in den Köpfen der Nicht-Behinderten abbauen, Betroffenen und deren Angehörigen Mut machen und ihnen zeigen, dass das Leben trotz eines Handicaps Spaß machen kann.

Ich selber habe aufgrund eines genetischen Defekts keine Augen. Das, was Sie hier sehen, sind Kunstaugen. Sonst würden sich meine Augenhöhlen verändern, und man will ja auch ein bisschen nett aussehen, wenn man unter die Leute geht.

Seit 2017 studiere ich an der Kölner TH Online-Redakteur, 2021 will ich meinen Bachelor machen. Keine Ahnung, was ich danach tun werde, aber ich möchte auf jeden Fall weiter im Medienbereich arbeiten. Zur Zeit mache ich ein dreimonatiges Praktikum in der Online-Redaktion des Kölner Express. Mein Blindenhund und meine Praktikumsassistenz sind immer dabei. Vor allem mein Assistent ist hier voll gefordert. Er muss sich mit Computern auskennen und mich begleiten, wenn ich Termine habe, eventuell Kontakte zu Gesprächspartnern knüpfen, Fotos machen und vielleicht während eines Interviews ein paar Zitate aufschreiben und mir später als E-Mail zuschicken. Das ist kein Problem.

Mein Computer ist mit einer Sprachausgabe ausgestattet und mit einem Gerät, das den Bildschirmtext in Blindenschrift überträgt. Zu Hause habe ich zusätzlich einen Drucker, auf dem ich Texte in Blindenschrift ausdrucken kann. Außerdem spricht mein Handy mit mir, wenn ich zum Beispiel eine WhatsApp-Nachricht bekomme. Das alles bewilligt zu bekommen, war allerdings ein ziemlicher Kampf und ging nur mit juristischer Hilfe. Es hat allein ein Jahr gedauert, bis die Krankenkasse bereit war, die Kosten für meinen Blindenhund zu übernehmen. Bis die Anträge für die Hilfsmittel, die ich zum Studium benötigte, durch waren, sind eineinhalb Jahre vergangen. Auch eine Assistenz zu finden ist nicht immer einfach. Ich habe schon über Facebook Anzeigen geschaltet und an der Uni Zettel verteilen lassen, dass ich jemanden suche, der sich diese Aufgabe zutraut und dauerhaft Zeit hat.

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Die Arbeit in der Online-Redaktion macht mir viel Spaß. Brandaktuelle Themen, die in einer Stunde online stehen müssen, kann ich zwar nicht bearbeiten. Dafür bin ich nicht schnell genug. Ich brauche einfach länger als andere, um im Netz Inhalte zu finden und auszuwerten. Wenn eine Geschichte von mir bebildert werden soll, muss allein für die Bildauswahl aus 20 Fotos rund eine Stunde eingeplant werden. Mein Assistent muss mir jedes Bild genau beschreiben, damit ich das richtige auswähle. Und wenn die Bilder zugeschnitten werden, bin ich endgültig raus.

„Die Menschen können mir nur helfen, wenn ich mit ihnen rede und sage, dass ich ihre Hilfe brauche“

Eine weitere Folge meiner Behinderung: Ich kann mein Gegenüber während eines Interviews nicht sehen. Das hat zwar den Vorteil, dass ich diesem Menschen ganz unvoreingenommen begegne. Andererseits merke ich nicht, wenn ihm das Gespräch vielleicht unangenehm ist. Da bin ich auf die Wahrnehmung meiner Assistenz angewiesen.

Zum Glück habe ich kein Problem damit, um Hilfe zu bitten. Weder bei meinen Assistenten noch bei anderen Menschen. Auch bei Bewerbungen gehe ich offensiv mit meiner Behinderung um und lege immer ein Schreiben bei, in dem ich erkläre, wie ich am Computer arbeite und dass mich ein Blindenhund begleitet. Durch meine Familie habe ich schon früh gelernt, meine Bedürfnisse und das, was ich will, zu kommunizieren. Die Menschen können mir nur helfen, wenn ich mit ihnen rede und sage, dass ich ihre Hilfe brauche. Es steht mir ja nicht ins Gesicht geschrieben, dass ich blind bin. 

Birgit Rose (54), Servicekraft, lebt mit Depressionen

Ich leide seit meiner Kindheit an Depressionen und bin an der Grenze zum Borderliner. Ziemlich krass. Aber ich bin medikamentös gut eingestellt. Natürlich gibt es immer mal wieder Schwankungen, aber momentan geht es mir gut.

Ich bin Jahrgang 1966, mein Vater war bei der „Rheinbraun“ beschäftigt, meine Mutter Hausfrau. Ich habe noch zwei Brüder. Nach dem Realschulabschluss habe ich zunächst eine Lehre als Einzelhandelskauffrau gemacht und mich anschließend weitergebildet zur kaufmännischen Angestellten für Bilanzen und Inventuren. Ich habe immer extrem viel gearbeitet. Sieben Tage die Woche zwölf Stunden. Alles kein Problem.

Heute weiß ich: Wenn man Depressionen hat, versucht man, das irgendwie auszugleichen. Zum Beispiel durch Extremsport. Oder durch exzessives Arbeiten, so wie ich das getan habe. Auf diese Weise konnte ich mich immer gut auffangen. 

Als ich Mitte 30 war, sind mein Mann und ich nach England gezogen. Ich hatte einen guten Job, alles lief optimal. Bis ich im Urlaub einen Bootsunfall hatte. Ich bin beim Anlegen mit beiden Händen zwischen die Taue geraten und habe mich schwer verletzt. Danach saß ich monatelang mit diesen kaputten Händen zu Hause und starrte die Wände an. Dann fing es in meinem Kopf an zu rattern. Und hörte nicht mehr auf. Ich war aus dem Berufsleben raus, aus allem raus. Nur noch zu Hause ohne die Möglichkeit, irgendetwas zu kompensieren. Ich glaube, damals habe ich erst richtig begriffen, dass ich an Depressionen leide.

„Heute bin ich sehr froh, dass ich diesen Job habe. Er hat mir mein Selbstbewusstsein wiedergegeben“  

Als es mir körperlich besser ging, habe ich versucht, mein altes Leben wieder aufzubauen. Aber ich hatte keine Chance. Ich konnte keinen Job länger als ein paar Monate halten, meine Ehe ging in die Brüche, weil mein Mann irgendwann die Nase voll hatte. Schließlich bin ich zurückgegangen nach Deutschland. Hab versucht, mich umzubringen. Zum Glück habe ich überlebt. Als ich nach einer Woche aus dem, Koma erwachte, habe ich mir gesagt: so, letzte Chance, jetzt klappt es mit dem Leben. Und es klappt tatsächlich. Ich bin immer noch in Therapie, aber ich habe gelernt, bestimmte Dinge, die ich von zu Hause mitbekommen habe, mit anderen Augen zu sehen. Dass nicht immer alles Schwarz oder alles Weiß ist. Dass es auch Grau gibt und dass man mit diesen Zwischentönen durchaus leben kann. Wenn ich merke, dass ich wieder abrutsche, steuere ich direkt dagegen. Mit Sport, Achtsamkeitsübungen und progressiver Muskelrelaxation. Auch das habe ich in der Therapie gelernt.

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In meinen alten Beruf konnte ich nach meinem Selbstmordversuch nicht zurück, was ich anfangs sehr bedauert habe. Inzwischen weiß ich, dass ich heute wahrscheinlich richtig kaputt wäre, wenn ich so weitergemacht hätte wie früher. Wie gesagt: sieben Tage die Woche zwölf Stunden. 2015 habe ich dann im Café „Wo ist Tom?“ in Köln-Sülz als Servicekraft angefangen. Das ist ein Projekt der „Perspektive Lebenshilfe gemeinnützige GmbH“ und benannt nach Tom Mutters, dem 2016 verstorbenen Gründer der „Bundesvereinigung Lebenshilfe“. Wir sind ein Team von 15 Leuten, fünf von uns sind schwerbehindert und haben unterschiedliche Handicaps. Ich habe zunächst ein dreimonatiges Praktikum gemacht, weil ich mir die neue Aufgabe nicht zutraute. Mein ganzes Selbstbewusstsein war ja weg durch die Depression.

Heute bin ich sehr froh, dass ich diesen Job habe. Er hat mir mein Selbstbewusstsein wiedergegeben, und ich kann herkommen, ohne Bauchschmerzen zu haben. Was mir jedoch am meisten geholfen hat, ist dieses Team. Wir sind zusammengewachsen wie eine große Familie. Keine Ahnung, wie mein Leben ohne die Arbeit hier weitergegangen wäre. Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Wenn Sie einmal anfangen mit dem Denken, denken Sie sich alles kaputt, und das will ich nicht. Ich weiß nur, dass es mir heute so gut geht wie seit 20 Jahren nicht mehr. Und das möchte ich nicht verlieren.

Norbert Leisten (56), Fachkoordinator vernetzte Produktion beim WDR, lebt mit einer fortschreitenden Muskelerkrankung

Meine Krankheit hat einen komplizierten Namen. Sie nennt sich Fazioskapulohumerale Muskeldystrophie und ist eine fortschreitende Muskelerkrankung. Meine Muskeln entwickeln sich zurück – ein Prozess, den man nicht stoppen kann. Die ersten Anzeichen zeigten sich, als ich 14 Jahre war. Plötzlich konnte ich beim Schulsport nicht mehr mithalten. Meine Eltern sind mit mir zu mehreren Ärzten gegangen, doch die hatten leider keine Ahnung und diagnostizierten lediglich eine „Wachstumsschwäche“. Aber meine Probleme wurden immer gravierender. Vor allem die Beine und Schultern waren betroffen.

Ein Professor am Klinikum Aachen stellte vier Jahre später schließlich die richtige Diagnose. Muskelerkrankung. „Am besten suchen Sie sich schon mal einen Arbeitsplatz im Sitzen“, sagte er. Damit war klar, dass ich nicht das Transportunternehmen meines Vaters übernehmen würde.

Also begann ich ein Studium: Elektrotechnik an der Uni Aachen. Inzwischen benutzte ich ab und zu einen Stock, um sicher laufen zu können. Und irgendwann wurde aus dem Stock ein Rollstuhl. Als Rollstuhlfahrer in Aachen zu studieren war nicht einfach in den 1980er Jahren. Die Mensa war nur über Treppen erreichbar, und auch viele Hörsäle waren nicht barrierefrei. Einzelne Vorlesungen habe ich verlegen lassen, weil ich mit dem Rollstuhl nicht in den Raum hineingekommen wäre. Als Mensch mit einer Behinderung hat man nur zwei Möglichkeiten. Entweder man resigniert, oder man sagt sich: Was soll’s, das Leben geht weiter – und beginnt zu kämpfen. Ich habe mich für die zweite Option entschieden und zusammen mit anderen Betroffenen begonnen, mich für Barrierefreiheit und die Rechte Behinderter einzusetzen. 

„Als Mensch mit einer Behinderung hat man nur zwei Möglichkeiten. Entweder man resigniert, oder man sagt sich: Was soll's, das Leben geht weiter“

Nach meiner Diplomarbeit bewarb ich mich beim WDR in Köln. Ich hatte bereits während des Studiums ein Praktikum bei dem Sender gemacht. Dennoch waren die Berührungsängste und Vorbehalte gegenüber einem Behinderten anfangs groß. Es war nicht so, dass man mich nicht wollte. Man wusste einfach nicht, wie man mit mir umgehen sollte. Kaum ein Abteilungsleiter konnte sich vorstellen, einen Rollstuhlfahrer in die Produktionsabläufe zu integrieren. Doch es klappte. Ich bekam eine Stelle in der Sendeabwicklung. Die Kollegen gewöhnten sich an mich. Wir machten viel Projektarbeit zusammen, und irgendwann sagte einer zu mir. „Ich merke gar nicht mehr, dass Du im Rollstuhl sitzt.“

Mein Arbeitsplatz war nur über ein paar Stufen zu erreichen, und eine Rampe gab es nicht. Damals konnte ich noch ein bisschen laufen. Also habe ich den Rollstuhl eigenhändig die drei Stufen hochgehievt, bis schließlich eine Hebeplattform installiert wurde. Heute gibt es im Sender viele Menschen mit einer Behinderung, und der Umgang ist ein ganz anderer als früher. Aus dem anfänglichen Unverständnis und einer gewissen Von-oben-herab-Behandlung ist eher ein Miteinander geworden.

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Ich arbeite inzwischen als Fachkoordinator für vernetzte Produktion und kümmere mich um Arbeitsprozesse, die den dateibasierten Austausch betreffen. Laufen kann ich schon seit 20 Jahren nicht mehr, und seit 2004 habe ich eine Arbeitsassistenz, also jemanden, der mich im Berufsalltag unterstützt. Er springt ein, wenn ich zum Beispiel etwas aus dem Regal holen muss. Anfangs waren das zwei Stunden am Tag. Heute sind es mehrere Stunden, in denen Assistenten mich unterstützen.

Ich habe nicht vor, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen. Natürlich denkt jeder schon mal über die Rente nach, aber es ist beileibe nicht so, dass ich auf die „63“ schiele und denke: Dann ist endlich alles vorbei. Ich mache meinen Job, obwohl meine Erkrankung fortschreitet. Ich könnte zum Beispiel meine Sprache oder mein Augenlicht verlieren. Doch selbst das ließe sich durch entsprechende Hilfsmittel ausgleichen. Solange ich meine Einschränkungen kompensieren kann, kann ich auch weiterarbeiten. 

Christoph Tacken (38), PR-Berater, sehbehindert

Als ich 2006 zum ersten Mal meinen Schwerbehindertenausweis in der Hand hielt, dachte ich: „Jetzt bin ich behindert.“ Anfangs war es nicht einfach, das zu akzeptieren. Wie reagieren die Freunde, die Eltern? Wie gehe ich selber damit um? Erst einmal habe ich das Thema verdrängt. Ich leide an einer Makuladystropie, einer fortschreitenden Degeneration der Netzhaut, und habe inzwischen nur noch eine Sehkraft von zehn Prozent.

Ich kann zwar die Konturen von jemandem erkennen, der in 1,50 Meter Abstand vor mir steht, nicht aber seine Mimik. Außerdem sind meine Augen extrem blendempfindlich.

Viele Jahre wusste ich nichts von meiner Erkrankung. Sie hat sich quasi angeschlichen. Okay, ich hatte eine Hornhautverkrümmung und trug eine Brille. Das war aber auch schon alles. Dass meine Sehkraft mit 18 Jahren nur noch 50 Prozent betrug, fiel erst bei einem Sehtest für die Führerscheinprüfung auf. Den Führerschein habe ich dennoch gemacht. Und nicht weiter über das Ergebnis der Augenuntersuchung nachgedacht. Erst als ich ein paar Jahre später meine Augen lasern lassen wollte, um die Brille loszuwerden, stellten die Ärzte die richtige Diagnose. Auf meiner Netzhaut bilden sich blinde Flecken, die immer zahlreicher werden. Dieser Prozess kann irgendwann stoppen, er kann aber auch zur Blindheit führen.

„Es kommt immer darauf an, wie man selber mit seiner Behinderung umgeht“

Ich war damals mitten im Studium für das Lehramt an Gymnasien, und die Diagnose war natürlich ein ziemlicher Schock. Wie sollte ich Lehrer werden, wenn ich nichts mehr sehen konnte? Dennoch habe ich weiterstudiert, mein Examen gemacht und an einem Kölner Gymnasium mit dem Referendariat angefangen. Aber nach einem halben Jahr musste ich schweren Herzens abbrechen. Es ging einfach nicht. Mir fehlte die nötige Unterstützung , und auch ich selber kam mit meiner zunehmenden Sehschwäche nicht klar.

Durch Zufall bin ich dann in Frankfurt auf eine Ausbildung zum PR-Berater für Menschen mit Sehbehinderung gestoßen. Den praktischen Teil der Ausbildung konnte ich beim Landschaftsverband Rheinland in Köln absolvieren. Danach folgten zeitlich befristete Anstellungen in der Öffentlichkeitsarbeit beim Ruhrverband in Essen und bei der Agentur für Arbeit in Bonn. Auf meinen Arbeitsstellen bin ich immer relativ offensiv mit meiner Behinderung umgegangen. Mir war es auch nie peinlich, diesbezügliche Fragen der Kollegen zu beantworten. Anfangs gab es vielleicht Berührungsängste, aber die legten sich bald. Es kommt immer darauf an, wie man selber mit seiner Behinderung umgeht. Und ich kann meine Aufgaben ja mit entsprechenden Hilfsmitteln ausführen. Deshalb gab es auch nie einen Grund zur Klage, dass ich eventuell den Betrieb aufhalte.

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Mein Computer ist mit einer Vergrößerungssoftware ausgestattet, so dass ich auf dem Bildschirm die Schriftgröße und den Kontrast einstellen kann. Außerdem habe ich eine elektronische Lupe, falls ich unterwegs etwas lesen muss, und ein Okular, ein kleines Fernrohr. Das brauche ich, um etwa Straßenschilder von der anderen Straßenseite aus zu entziffern. Schließlich benutze ich noch ein Lesegerät für Dokumente. Es besteht aus einer Kamera, die an einen Bildschirm angeschlossen ist.

Seit 2016 arbeite ich im „Kompetenzzentrum selbstbestimmtes Leben“ in Köln. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben eine Behinderung, und auch ich gehe inzwischen ganz anders als früher mit meiner Krankheit um. Ich akzeptiere sie als Teil meiner Persönlichkeit. Auch mein Selbstbewusstsein ist gewachsen. Ein weiterer positiver Effekt: Ich bin anderen Gruppen gegenüber toleranter als früher. Das gilt beispielsweise für Menschen mit Migrationshintergrund. Oder was die Diskriminierung von Frauen angeht.

(alle Protokolle aufgezeichnet von Petra Pluwatsch)

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