Nachfolger der EC-KarteDas müssen Bankkunden jetzt über die „Debitkarte“ wissen

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Girocard an einem Lesegerät. 

Köln – Immer mehr Geldinstitute wollen ihren Kundinnen und Kunden die Nutzung einer Debitkarte zusätzlich zur oder anstelle der Girocard schmackhaft machen. Oder sie schicken ihnen gleich eine solche Karte zu. Transparent ist das nicht immer. Und vor allem im Alltag nicht ganz unkompliziert. Denn einige Einzelhändler akzeptieren die Debitkarte nicht. Warum ist das so? Und kann man sich dagegen wehren? Wir haben mit einer Expertin der Verbraucherzentrale gesprochen.

„Ich habe Post von meiner Bank bekommen und musste sie dreimal lesen, um zu verstehen, dass meine Girocard keine Girocard mehr, sondern nur noch eine Debitkarte ist“, erzählt Kerstin Föller. Sie leitet die Abteilung Insolvenz, Kredit und Konto bei der Verbraucherzentrale Hamburg. „Ich befürchte, vielen sind die Unterschiede zwischen Debitkarte, Girocard und Kreditkarte gar nicht so klar.“ Sortieren wir also zunächst: 

Wie unterscheiden sich Kreditkarte, Debitkarte und Girocard?

Eine Kreditkarte kann hierzulande und im Ausland zum Bezahlen und Geld abheben verwendet werden. Ausgaben werden aber nicht sofort abgebucht, sondern gesammelt und in regelmäßigen Abständen, zum Beispiel einmal im Monat, vom Konto abgebucht.

Kerstin Föller

Kerstin Föller

Debitkarte und Girocard (früher: EC-Karte) können ebenfalls zum Bezahlen und Geld abheben verwendet werden, Ausgaben werden bei diesen Karten allerdings sofort vom Konto abgebucht. Streng genommen gehört die Girocard zur Familie der Debitkarten, sie ist allerdings ein Produkt der deutschen Geldinstitute. Dementsprechend funktioniert sie nur in Deutschland – im Gegensatz zu anderen Debitkarten, mit denen man auch im Ausland bezahlen und Geld abheben kann. Um auch im Ausland und online mit der Girocard bezahlen zu können, stellen die US-Unternehmen Mastercard (mit Maestro) und Visa (mit V-Pay) Zusatzfunktionen für die Karte zur Verfügung. Erkennbar sind sie an dem sogenannten Badge, das auf die Karte gedruckt ist.

Ich bezahle immer mit der Girocard, das funktioniert gut. Warum will meine Bank das jetzt ändern?

Die für Ausland und Internet benötigte Zusatzfunktion setzt die Girocard nun unter Druck. Bereits im vergangenen Jahr hat Mastercard angekündigt, die Maestro-Funktion einstellen zu wollen. Ab Sommer 2023 dürfen keine neuen Girokarten mehr mit Maestro ausgestattet sein. Damit wären sie fast ausschließlich in Deutschland nutzbar. „Das Maestro-Aus ist der Grund, warum immer mehr Banken keine Girokarten mehr ausgeben, oder wenn, dann nur noch gegen Gebühr“, erklärt Kerstin Föller. Vorreiter in diesem Prozess seien die Direktbanken. Föller vermutet, dass „Visa und Mastercard ihre Kreditkarten auf den deutschen Markt drücken wollen und keine Lust mehr auf die bisherige Sonderlösung haben.“

Visa hält sich in Sachen V-Pay zwar noch zurück, aber „genauso wie bei Maestro kann es auch sein, dass V-Pay irgendwann abgeschafft wird“, sagt Kerstin Föller. Die dann fehlende Schnittstelle zur Bezahlung im Ausland oder online könnte die Girocard dort unbrauchbar machen. 

Ist das Aus der Girocard also besiegelt?

Nein. Die Girocard ist nach wie vor sehr beliebt, wie Zahlen der Euro Kartensysteme GmbH zeigen: Im ersten Halbjahr sind die Bezahlvorgänge mit der Girocard im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 17,1 Prozent gestiegen. Und weil sie von so vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern genutzt wird, können die Kosten des Girocard-Systems auf viele Transaktionen aufgeteilt werden. So sind die Abwicklungsgebühren für Händler vergleichsweise günstig und auch kleinere Dienstleister und Geschäfte können es sich leisten, eine Bezahlung mit der Girocard anzubieten. Trotzdem: „Als Verbraucher sollte man sich auf jeden Fall schonmal darauf einstellen, dass es im nächsten Jahr Änderungen geben wird“, sagt Kerstin Föller.

Meine Bank möchte, dass ich eine neue Debitkarte verwende. Funktioniert das überhaupt reibungslos?

Auch die Debitkarte hat ihre Schwächen. So fehlen ihr, wie der Girocard, die Vorteile einer Kreditkarte. Die Debitkarte macht beispielsweise bei der Autovermietung häufig Probleme, weil sich auf ihr kein Betrag als Kaution blocken lässt.

Viel problematischer ist allerdings, dass die Gebühren für Händler deutlich höher sind als bei der Girocard. „Die Debitkarte wird häufig als Kreditkarte bepreist“, sagt Kerstin Föller. Die Folge: Einige kleinere Betriebe, von Handwerkern und Werkstätten über Bäcker und Restaurants bis hin zu Kiosken und sogar Parkhäusern, bieten keine Bezahlung mit der Debitkarte an. Wer keine Girocard hat, muss dann bar bezahlen. Das ist nicht verbraucherfreundlich, aber verschmerzbar. Es könnte allerdings zu einem größeren Problem kommen. Bieten Händler Zahlungen mit der Debitkarte an, steigen ihre Betriebskosten. Die müssen sie sich von ihren Kundinnen und Kunden zurückholen – durch höhere Preise.

Was kann ich tun, wenn Geschäfte meine Debitkarte nicht annehmen?

„Geben Banken keine kostenlosen Girokarten mehr aus, stehen Kundinnen und Kunden, die in Geschäften einkaufen, in denen nur die Girocard akzeptiert wird, vor einem Problem“, sagt Kerstin Föller und erklärt das Dilemma: „Zahle ich in den Geschäften entweder immer in bar, also hole vorher immer Geld am Automaten? Wechsle ich gleich die Bank? Oder bin ich bereit, einen gewissen Betrag im Jahr zu bezahlen für die Girocard?“

Richtig kompliziert wird es, wenn Händler weder Bargeld noch Kredit- oder Debitkarte akzeptieren. In einigen Behörden ist das beispielsweise so. Dann können nur andere Kundinnen und Kunden helfen, indem sie die Zahlung übernehmen und den Betrag entsprechend bar oder auf eine andere Weise zurückbekommen.

Gibt es gar keine Möglichkeit, weiter meine Girocard zu verwenden?

Doch, die gibt es schon. Die Banken verbannen die Girocard nämlich nicht komplett, sie tauscht nur immer häufiger mit der Debitkarte die Rollen. Gab es früher die Girocard automatisch und kostenlos zum Konto dazu, ist das jetzt in vielen Fällen die Debitkarte. Die Girocard lässt sich dann oft – gegen eine Gebühr – als zweite Karte dazu buchen. Bei den Direktbanken DKB und ING kostet dies beispielsweise 0,99 Euro im Monat. Bei einigen Geldinstituten ist eine kostenpflichtige Girocard auch bereits im Vertrag enthalten.

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