Hilfspakete mit eingerechnetWas Heizen diesen Winter wirklich kostet

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Das Heizungsthermostat steht auf dem Froststern.

Die Heizsaison ist da und das Gas ist teuer – doch nicht heizen ist auch keine Lösung.

Die Kosten fürs Heizen steigen. Doch wie teuer wird es genau? Mit einer Vielzahl von Maßnahmen versucht die Bundesregierung Verbraucher zu entlasten. Wir erklären die Hilfen und rechnen vor, was sie Gaskunden wirklich bringen.

Zum Start der Heizsaison beschäftigt die Sorge um die gestiegenen Gaskosten viele Menschen gerade ganz akut. Mit Energiepauschale, Gaspreisbremse und Dezember-Soforthilfen verspricht die Bundesregierung, gegenzusteuern. Doch wie stark werden Verbraucher dadurch wirklich entlastet? Wann kommen die Hilfen an? Und sollte ich meine Abschläge jetzt trotzdem erhöhen? Sechs Fragen und Antworten mit Modellrechnungen.

Welche Entlastungen für die Heizkosten gibt es?

Schon im September haben Arbeitnehmer die Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro erhalten. Die Pauschale musste allerdings versteuert werden. Liegen Sie mit Ihrem Jahresverdienst genau im bundesdeutschen Durchschnitt aller Vollzeitbeschäftigten (54.304 Euro laut Statistischem Bundesamt), müssten Sie 193 Euro netto erhalten haben. Dieser Betrag wurde auch für die Modellrechnungen weiter unten genutzt.

Auch Studierende und Rentner sollen demnächst eine Energiepauschale erhalten. Während Personen im Ruhestand zum 15. Dezember 300 Euro überwiesen bekommen, ist bei Studierenden noch unklar, wann und wie die geplante Hilfe in Höhe von 200 Euro ausgezahlt wird.

Außerdem hat die Regierung bereits seit Oktober die Mehrwertsteuer auf Gas von 19 Prozent auf 7 Prozent reduziert.

Anfang des Monats hat sie dann die Gaspreisbremse auf den Weg gebracht. Der Preis von 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs soll auf 12 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt werden.

Zusätzlich will der Staat einmalig die Abschlagszahlung von Gaskunden im Dezember übernehmen. Doch die Höhe der Entlastung ist begrenzt und die Berechnung kompliziert. Die Versorger nehmen den Jahresverbrauch zwischen Oktober 2021 und September 2022 als Maßstab. Ein Zwölftel dieses Verbrauchs wird mit den Gaspreisen multipliziert, die pro Kilowattstunde im Dezember 2022 anfallen. Wer also mehr verbraucht als im Durchschnitt des letzten Jahres, muss draufzahlen.

Wann merke ich etwas von den Entlastungen?

Viele Mieter werden den Großteil der Entlastungen erst im nächsten Jahr spüren. Denn die Gaspreisbremse soll frühestens im Februar, wenn nicht gar im März 2023 installiert werden.

Auch die Dezember-Soforthilfe entlastet einen großen Teil der Mieter erst im nächsten Jahr. Denn viele von ihnen beziehen ihr Gas nicht direkt vom Versorger, sondern zahlen die Rechnung über den Vermieter. Die Entlastung erhalten sie deswegen erst mit der jährlichen Nebenkostenabrechnung im kommenden Jahr. Nur wer einen direkten Vertrag mit dem Versorger hat, spürt die Entlastung schon im Dezember.

Wie stark werde ich entlastet?

Wie hoch die Gasrechnung für das Jahr 2022 ausfällt und wie viel durch die Entlastungen eingespart wird, hängt von vielen Faktoren ab: zum Beispiel Verbrauch, Einkommen und Wohnverhältnis. Um eine grobe Einschätzung geben zu können, hat die Stiftung Warentest Modellrechnungen angestellt. Grundlage der Daten ist der durchschnittliche Gasverbrauch. Bei den Entlastungen wurde das bundesdeutsche Durchschnittseinkommen aller Vollzeitbeschäftigten zugrundelegt. Die Gaspreisbremse bleibt unberücksichtigt, weil sie erst ab dem nächsten Jahr gilt.

Wir haben diese Zahlen außerdem mit den durchschnittlichen Gaspreisen aus dem zweiten Halbjahr 2021 (im Schnitt 6,83 Cent pro Kilowattstunde laut Statistischem Bundesamt) verglichen. So kann aufgezeigt werden, wie sich die Heizkosten im Jahresvergleich verändern. Die Berechnungen zeigen, dass die Entlastungen wirken, die Heizkosten aber trotzdem um das Doppelte, teilweise sogar um das Dreifache ansteigen werden. 

Entlastungen für einen Single-Haushalt

Bei einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 5000 Kilowattstunden Gas müsste ein Single aktuell 1208 Euro für seine Gasrechnung im Jahr 2022 zahlen. Verdient er so viel wie der bundesdeutsche Durchschnittsarbeitnehmer, kann er mit Entlastungen von insgesamt 324 Euro rechnen, etwas mehr als ein Viertel seiner Gasrechnung übernimmt also der Staat. Seine Gasrechnung beträgt 884 Euro.

Trotzdem zahlt er für seine Gasrechnung mehr als das Doppelte im Vergleich zum letzten Jahr, als er im Schnitt 341,50 Euro zahlen musste. 

Entlastungen für einen Zwei-Personen-Haushalt

Ein Zwei-Personen-Haushalt verbraucht im Durchschnitt 12.000 Kilowattstunden pro Jahr, für das er aktuell 2709 Euro zahlen müsste. Verdienen beide Personen im Haushalt den bundesdeutschen Durchschnitt, sinkt der Preis durch die Entlastungen auf 2066 Euro, auch hier winken Einsparungen von etwa einem Viertel.

Im letzten Jahr mussten die Beiden im Schnitt noch 819,60 Euro für ihre Gasrechnung zahlen.

Entlastungen für eine vierköpfige Familie

Ein Elternpaar mit zwei Kindern verbraucht im Durchschnitt etwa 20.000 Kilowattstunden Gas im Jahr. Dafür müssten sie ohne Entlastungen aktuell 4411 Euro zahlen. Verdienen beide das bundesdeutsche Durchschnittsgehalt, reduzieren sich ihre Ausgaben durch die Entlastungen um 805 Euro, also um etwa 18 Prozent. 

Im Vergleich zum Vorjahr zahlt die Familie trotz der Entlastungen aber fast das Dreifache für ihre Gasrechnung. 2021 hätte sie 1366 Euro zahlen müssen, im Jahr 2022 wären es 3606 Euro.

Meine Abschläge für Heizkosten wurden bereits erhöht. Sollte ich sie jetzt wieder senken lassen?

Die Modellrechnungen zeigen es schon: Auch wenn durch die Entlastungspakete teilweise ein Viertel der Gasrechnung wegfällt, steigen die Preise im Vergleich zum Vorjahr deutlich.

Auch Hans Jörg Depel vom Mieterverein Köln sagt: „Die Entlastungen sind ein Schritt in die richtige Richtung, aber um die hohen Kosten aufzufangen, braucht es mehr.“ Mietern empfiehlt er, entweder Geld für anstehende Nachzahlungen zurückzulegen oder die Abschlagszahlungen zu erhöhen. Bereits erhöhte Abschläge solle man dagegen nicht rückgängig machen.

Darf mein Vermieter wegen den gestiegenen Energiekosten die Miete erhöhen?

Etwas anders sieht es aus, wenn der Vermieter sich dafür entscheidet, die Grundmiete anzuheben, wie das zuletzt die Wohnungsbaugesellschaft GAG für 7000 Wohnungen in Köln getan hat. Depel sagt: „Die Grundmiete kann in der Regel nur dann angehoben werden, wenn die ortsübliche Vergleichsmiete es hergibt.“ Liegt der Mietpreis in der Umgebung laut Mietspiegel über der eigenen Miete, dürfe der Vermieter den Preis um 15 Prozent innerhalb von drei Jahren erhöhen. Ausnahmen gebe es nur bei Index- oder Staffelmietverträgen. Mit den aktuellen Energiepreisen könne eine Mieterhöhung aber nicht begründet werden.

In jedem Fall sollte man der Mieterhöhung nicht sofort zustimmen: „Mieterinnen und Mieter haben drei Monate Zeit, um die Mieterhöhung zu prüfen. In solchen Fällen würde ich immer Fachleute oder Fachanwälte hinzuziehen.“ Oft genug seien solche Mieterhöhungen formal fehlerhaft und könnten angefochten werden.

Was soll ich tun, wenn ich die Nebenkostenabrechnung nicht zahlen kann?

Wer anfallende Nachzahlungen nicht bewältigen kann, solle prüfen, welche staatlichen Förderungen er bekommen könne, so Depel. Hier sieht er allerdings Nachholbedarf beim Staat: „Ein Kündigungsmoratorium, wie bei Corona, ist zwingend erforderlich.“

Bevor man zahlt, solle man auch die Nebenkostenabrechnung gründlich kontrollieren. „Es kommt immer wieder zu Fehlern.“ Sollte alles korrekt sein, hilft nur ein Gespräch mit dem Vermieter: „Ich würde ganz offensiv auf den Vermieter zugehen und fragen, ob ich eine Ratenzahlung bekommen könnte.“

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