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Miete steigt mit InflationWas man über Indexmieten wissen muss und wie diese berechnet werden

Lesezeit 5 Minuten
Ein Mann hängt einen Schlüsselbund an einen Haken am Schlüsselbrett an.

Ist die Miete an die Inflation gekoppelt, kann es schnell deutlich teurer werden.

Indexmieten dürfen mit der Inflation erhöht werden. Für einige wird das zum Problem. Mieterhöhungen sollten sie genau kontrollieren.

Die Inflation hat in den vergangenen Monaten ungeahnte Höhen erreicht. Ob im Supermarkt, bei Freizeitaktivitäten oder bei den Heizkosten. Für Menschen mit einem Indexmietvertrag könnte die Belastung noch größer ausfallen. Denn bei ihnen ist die Miete an die Inflation gekoppelt. Und kann deshalb ähnlich steigen. Wir erklären, wie Indexmietverträge genau funktionieren, was Betroffene tun können – und wie sie erkennen, ob die Mieterhöhung rechtens ist.

Vor nicht allzu langer Zeit stellten sich diese Fragen rund um die Indexmiete größtenteils nicht. Bei Mietverträgen ohne entsprechende Regelung gibt es Erhöhungen durch Anpassungen an die ortsüblichen Vergleichsmieten, bei Indexverträgen ist das nicht erlaubt. Hier darf die Miete nur alle zwölf Monate auf der Grundlage des Verbraucherpreisindex an die Inflation angepasst werden. Und die hielt sich bis vor knapp einem Jahr noch einigermaßen im Rahmen.

Auch sind Indexmietverträge bislang kein Massenphänomen. So stellte das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) kürzlich in einer Untersuchung fest, „dass gerade einmal 2,2 Prozent der deutschen Mieter eine Indexmiete vereinbart haben.“ Die Schlussfolgerung: An die Inflation gekoppelte Mietverträge seien „ein Nischenprodukt“ auf dem deutschen Wohnungsmarkt.

Indexmieten: Warum werden sie jetzt ein Thema?

Dennoch trägt der Deutsche Mieterbund das Thema Indexmieten in die Öffentlichkeit und fordert Veränderungen. „Indexmieten sind bei hoher Inflation und steigenden Energiepreisen eine unzumutbare Kostenfalle geworden und müssen auch im Bestand stärker begrenzt werden“, sagte Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten. 

Verbraucherinnen und Verbrauchern mit Indexmiete, die ohnehin schon stark steigende Lebenskosten stemmen müssen, droht zusätzlich eine kräftige Erhöhung der Miete. Und auch die Bezeichnung als Nischenprodukt stimmt möglicherweise bald nicht mehr. Im Neubau liegt der Anteil von Indexmieterverträgen laut IW-Untersuchung immerhin schon bei sieben Prozent.

Besonders in Großstädten werden Indexmieten mehr und mehr ein Thema, hat der Deutsche Mieterbund festgestellt. Hans Jörg Depel vom Mieterverein Köln berichtet, dass die Zahl der Beratungsanfragen zu diesem Thema stark angestiegen sei. „Wir gehen davon aus, dass in Köln knapp 30 Prozent aller Neumietverträge eine solche Indexierung enthalten. Rücksprachen mit anderen Mietervereinen, die eine ähnliche Ausgangslage wie Köln besitzen, bestätigen diese Zahl“, berichtet er gegenüber dieser Zeitung.

Indexmiete: So wird die Mieterhöhung berechnet

Bei den Beratungen des Mietervereins wird unter anderem geprüft, ob die Mieterhöhung rechtens ist. Denn die Berechnung ist nicht ganz einfach. Grundlage ist der Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamts: einmal der aktuellste am Tag der Mieterhöhung und einmal der am Tag der bis dahin letzten Mieterhöhung. Kam es noch nicht zu einer Erhöhung, zählt der Tag des Vertragsabschlusses. Werden andere Werte zur Berechnung herangezogen, ist die Mieterhöhung ungültig. Eine Verjährung gibt es bei der Indexmiete übrigens nicht. Bedeutet tendenziell: Je länger die bis dato letzte Mieterhöhung zurückliegt, desto höher könnte die neue ausfallen.

Die neue Miete errechnet sich dann wie folgt: Der bisherige Betrag wird durch den Verbraucherpreisindex vom Tag der letzten Erhöhung geteilt und mit dem aktuellen Index multipliziert. Ein Beispiel: Die aktuelle Miete gilt seit Januar 2022 und beträgt 1000 Euro. Der damalige Verbraucherpreisindex lag bei 105,2, der aktuellste vom Januar 2023 beträgt 114,3. 1000 Euro geteilt durch 105,2 und multipliziert mit 114,3 ergibt eine neue Miete von 1086,50 Euro. Die Stiftung Warentest bietet auf ihrer Website einen entsprechenden Rechner an. Die neue Miete muss ab Beginn des übernächsten Monats nach Eingang der Erhöhung gezahlt werden. Wird die Miete im März erhöht, ist ab Mai der neue Betrag fällig.

„Die Mieterhöhung muss auch ansonsten den gesetzlichen Anforderungen entsprechen“, betont Hans Jörg Depel: „In dieser muss der alte und der aktuelle Index angegeben werden und die neue Miete oder die aktuelle Miete in einem Geldbetrag mitgeteilt werden. Das Schreiben muss also ‚wasserdicht‘ sein.“ Ist die Erhöhung nicht rechtens oder wird sie nicht korrekt dargestellt, können sich Betroffene wehren, indem sie ihr schriftlich widersprechen.

Mietpreisbremse greift bei Indexmieten nur eingeschränkt

Wer auf der Suche nach einer neuen Wohnung ist, sollte am besten gar keinen Indexmietvertrag abschließen, rät Depel. „Wenn eine Indexmietvereinbarung geschlossen wurde, ist das Kind eigentlich schon in den Brunnen gefallen.“ Denn dann drohen nicht nur inflationsbedingt große Erhöhungen, auch die Mietpreisbremse greift nur eingeschränkt. In angespannten Wohnungsmärkten, wie zum Beispiel Köln einer ist, darf die Grundmiete höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. „Bei Indexmietverträgen gilt dies aber nur für die vertraglich vereinbarte Ausgangsmiete. Indexmieterhöhungen sind nicht an diese Grenze gekoppelt“, erklärt Depel.

Nach seinen Erfahrungen werde die Miete bei Abschluss eines Indexvertrags häufig schon so hoch angesetzt, dass die Grenze bei entsprechender Inflation und Mieterhöhung schnell gerissen wird. „Lediglich die Grenze des sogenannten ‚Mietwuchers‘ darf nicht überschritten werden. Dieser liegt in der Regel jedoch erst dann vor, wenn die Miete mehr als 50 Prozent über dem ortsüblichen Niveau liegt.“

Aufgrund der angespannten Wohnlage ist es allerdings nicht immer möglich, einen Vertrag ohne Indexmiete zu unterschreiben. Die „Freiheit“, einen solchen Vertrag abzulehnen, lasse ein Wohnungsmarkt wie der in Köln oft nicht zu, sagt Depel. Wenig Angebot und viel Nachfrage würden bedeuten, „dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein anderer Interessent gefunden wird, der bereit ist, einen Mietvertrag zu solchen Bedingungen abzuschließen.“

Indexmietverträge: Mieterverein Köln fordert Änderungen

Deshalb fordert der Mieterverein Köln als Teil des Deutschen Mieterbunds Veränderungen beim Thema Indexmiete. „Wir halten die Einführung einer Kappungsgrenze für bestehende Indexmietverträge als auch ein Verbot von neuen Mietverträgen mit Indexierung für zwingend erforderlich“, so Hans Jörg Depel. Auch in der Politik gibt es Wille zu Veränderungen. Der Hamburger Senat beispielsweise schlug vor, dass Indexmieten auch bei einer stärkeren Verteuerung der Lebenshaltungskosten um maximal 3,5 Prozent pro Jahr angehoben werden können.

Auf der anderen Seite gibt es Stimmen gegen eine schnelle Reform. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), der für das Mietrecht zuständig ist, hatte bereits im Dezember in der „Rheinischen Post“ darauf verwiesen, dass Mieter mit Indexmietverträgen in den vergangenen Jahren zumeist besser dagestanden hätten als Mieter mit normalen Mietverträgen. „Jetzt haben sich zum ersten Mal seit längerem die Verhältnisse umgedreht. Ich habe Zweifel, ob das eine sofortige gesetzgeberische Intervention rechtfertigt“, so Buschmann.

Zudem sorgt eine hohe Inflation auch dafür, dass die Instandhaltung oder Modernisierung eines Hauses immer teurer wird. Und energetische Sanierungen dürfen bei Indexmietverträgen nicht per Umlage für eine Mieterhöhung sorgen.

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