SemesterticketPreisschock für Kölner Studenten

Bahnfahren könnte für Marie Gühmann bald teurer werden: Künftig soll die Studentin auf das Semesterticket verzichten.
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Köln – Für 3000 Kölner Studenten sollen die Fahrten mit Bus und Bahn ab Herbst deutlich teurer werden. Ab September will der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) keine Semestertickets an Teilzeit-Studenten und Studenten, die berufsbegleitend studieren, ausgeben. „Wer mehr als 20 Stunden arbeitet, ist kein Vollzeit-Student“, begründete VRS-Sprecher Holger Klein die Regelung.
Betroffen seien vor allem angehende Akademiker, die an der Fresenius Hochschule und an der Rheinischen Fachhochschule studieren, so Klein. Die Unis Köln und Bonn bieten keine entsprechenden Studiengänge an.
1400 Euro Mehrkosten
Für die Studenten könnte die Regel teuer werden: Zusätzlich zum einmaligen Semesterbeitrag in Höhe von 156 Euro, der auch den Kaufpreis für das Ticket enthält, müssten sie eine reguläre Monatskarte kaufen, die durchschnittlich 120 Euro kostet. Auf die Studenten kämen also Kosten von gut 1400 Euro jährlich zu. „Ich war geschockt, als ich davon gehört habe“, sagte Studentin Marie Gühmann. Die 24-Jährige lebt in Bornheim, arbeitet in Bonn als Mediengestalterin und studiert an der Fresenius Hochschule im Mediapark Medien- und Kommunikations-Management. Dreimal in der Woche pendelt sie nach Köln, um in den Abendstunden und am Wochenende ihren Bachelor zu machen. „Ich bin auf den öffentlichen Nahverkehr extrem angewiesen“, sagt sie. Wo sie das zusätzliche Geld für das Ticket hernehmen soll, weiß sie nicht. Denn außer der Fahrkarte muss sie schließlich 350 Euro an Studiengebühren bezahlen. Monat für Monat.
Lukas Jahnke (24) empfindet das Vorgehen des VRS als „Frechheit“. Der Wuppertaler Student kommt dreimal in der Woche nach Köln, um an der Fresenius Hochschule Wirtschaftspsychologie zu studieren. Ein reguläres Monatsticket könne er sich zusätzlich zu den Studiengebühren ebenfalls nicht leisten - dafür verdiene er in seinem Job als Verkäufer zu wenig. Ein Jobticket erhalte er von seinem Arbeitgeber nicht, ein Auto sei zu teuer. „Wenn ich kein Semesterticket bekomme, trifft mich das hart“, sagt Jahnke. Jetzt überlegt er, den Studienort zu wechseln oder das Studium gar aufzugeben.
Petition im Internet
Nach Angaben des VRS nutzen in der Köln-Bonner Region 131.000 Studenten das Semesterticket. Der Verkehrsverbund erhält vom Immatrikulationsbeitrag (156 Euro), den jeder Student einmal im Semester bezahlt, den Löwenanteil von 112 Euro. Mit der Fahrkarte können die Studenten den öffentlichen Nahverkehr des VRS in der zweiten Klasse nutzen, nicht aber überregionale Züge wie ICE oder Thalys.
Studenten, die zusätzlich 46 Euro zahlen, können das Semesterticket auf ganz Nordrhein-Westfalen erweitern. (ris)
Holger Klein, Pressesprecher des VRS, versteht die Aufregung nicht. Denn das Unternehmen setze lediglich eine Regelung um, die der VRS mit den Allgemeinen Studierenden Ausschüssen der Hochschulen im Jahr 1993 getroffen habe. Das Semester-Ticket sei seit seiner Einführung niemals für Studenten gedacht gewesen, die in Teilzeit oder berufsbegleitend studieren. Studenten, die mehr als 20 Stunden in der Woche arbeiten, gelten für den VRS als „nicht ordentliche Studierende“ - und hätten damit keinen Anspruch auf das Semesterticket.
Warum dem Verbund aber erst nach 21 Jahren aufgefallen ist, das auch Teilzeit-Studenten das Ticket nutzen, bleibt unklar. Der VRS sei davon ausgegangen, dass die Hochschulen die Fahrscheine nur an Vollzeit-Studenten ausgäben, sagt Klein. „Wir waren überrascht, dass dem nicht so ist. Das ist eine Vertragsverletzung vonseiten der Hochschulen.“ Juristisch will der VRS aber nicht dagegen vorgehen. „Wir setzen auf Gespräche.“
Der Allgemeine Studierenden Ausschuss (Asta) der Fresenius Hochschule will sich dem Druck nicht beugen. „Wir halten es für weltfremd, eine Gruppe von Studenten auszuschließen“, sagt Asta-Chef Dominik Heinen. Mittlerweile hat der Asta eine Petition ins Internet gestellt, die nach wenigen Tagen bereits von 1180 Menschen unterschrieben wurde. Heinen hofft nun drauf, dass der VRS ebenso kulant wie der Verkehrsverbund Rhein-Main reagiert. Dieser wollte in diesem Jahr ebenfalls Teilzeit-Studenten vom Semesterticket ausschließen, zog das Projekt aber zurück - nachdem die Asten protestierten hatten.