StilkolumneKeine Witze mehr über karierte Wanderhemden, versprochen!

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Beim Wandern, egal ob wie hier im Allgäu oder im Wallis in der Schweiz, ist eine gute Ausrüstung hilfreich (Symbolbild).

Köln – Haben Ihnen in den vergangenen Wochen die Ohren geklingelt? So sagt man doch, wenn jemand an einen denkt. Ich dachte sehr intensiv an Sie. Also sogar eher ein Sturmläuten als ein sachtes Anklopfen.

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Modeexpertin Eva Reik

Erinnern Sie sich? Ich berichtete vom Wandern in Südtirol auf 2000 Metern Höhe? Es ist allerdings schon ein Jahr her, dass ich an dieser Stelle die Wanderkluft im Allgemeinen und das obligatorische karierte Hemd für den Bergsport im Besonderen in Frage stellte. Meine hemdsärmelige Ausrüstung sah damals folgendermaßen aus: Jeans, T-Shirt, Turnschuhe. Es folgte ein – nun ja – Berg an Leserpost. Erboste Reaktionen, wie ich mich über karierte Hemden lustig machen könne, wo die doch wunderbar Schweißflecken kaschieren. Aber auch sehr freundliche Briefe, zum Teil handgeschrieben, in denen dringend empfohlen wurde, mir wenigstens besseres Schuhwerk zuzulegen. Beide Sorten Zuschriften nahm ich mir natürlich zu Herzen, und deshalb müssten vielen von Ihnen die Ohren geklingelt haben.

Schier endlose Packliste des Veranstalters

In diesem Sommer nun wollte ich auf das Breithorn in den Walliser Alpen. Ein Viertausender. Hochalpine Tour über das Gletscherplateau mit Aufstieg zum Gipfel. Davor galt es den Klettersteig Via Ferrata Diavolo über der Schöllenenschlucht in Andermatt zu bewältigen. Die schier endlose Packliste des Veranstalters kam mir als Feld-, Wald- und Wiesenwandererin reichlich übertrieben vor. Ich mach’ doch gar keine Expedition in den Himalaya, ich geh’ doch nur aufs Breithorn…

„Wie geht’s?“

In unserer Kolumne beantworten vier Experten abwechselnd in der Zeitung Ihre Fragen zum stilsicheren Auftreten in allen Lebenslagen. Ingeborg Arians, Protokollchefin der Stadt Köln a.D., weiß, wie man sich bei offiziellen Anlässen richtig verhält. Journalistin Eva Reik kennt sich bestens aus mit Mode und der passenden Kleidung zu jeder Gelegenheit. Vincent Moissonnier, Chef des gleichnamigen Kölner Restaurants, hat die perfekten Tipps zu Tischmanieren ohne Etepetete. Und Anatol Stefanowitsch, Professor für Sprachwissenschaft, sagt, wie wir mit Sorgfalt, aber ohne Krampf kommunizieren. (jf)

Senden Sie uns Ihre Fragen bitte per Mail an: Stilkolumne@dumont.de

Steigeisen, Eispickel, Klettergurt wurden vom Organisator gestellt. Aber was zum Teufel ist Softshell? Hardshell? Wieso Wanderstöcke? Warum Hosen mit praktischem Zip? Wodurch definieren sich Klettersteighandschuhe? Sind meine Skihandschuhe die richtigen in 4000 Metern Höhe? Und das soll alles in einen 30-Liter-Rucksack passen? Wie groß ist der überhaupt, wenn der Hersteller meines uralten Gepäckstücks im Innenleben auf genau diese Information verzichtet? Ich war kurz davor, 30 Milchtüten zu kaufen, für den Volumentest.

Wetterfeste Jacke, neudeutsch: Hardshell-Jacke

Zum Glück machten die Geschäfte Ende Mai wieder auf, und mit Termin fand ich auch einen hilfsbereiten Verkäufer im Kölner Mammut-Store. Der erkannte die Lage sofort: Greenhorn an der Felskante, das kein Material anschaffen will, welches es eventuell nie wieder braucht. Alles, was er sagte, kannte ich schon aus Ihren Zuschriften. Viele Schichten, keine Baumwolle am Körper, stabiles Schuhwerk. Wir einigten uns auf steigeisentaugliche Bergstiefel, wetterfeste Jacke, neudeutsch: Hardshell-Jacket. So konnte es losgehen mit fünf erlebnisreichen Tagen im Wallis.

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Und wissen Sie, was ich seitdem auch besitze? Einen Wanderstock! Tatsächlich. Nach dem ersten Tag, an dem wir nach dem Klettersteig rauf zack zack 500 Höhenmeter wieder runter mussten, um den Glacier Express von Andermatt nach Zermatt zu erreichen, war der Stock meine Rettung. Eine nette Kollegin lieh mir ihren. Also kaufte ich dann auch einen. Ja, nur einen. In Zermatt werden die einzeln verkauft. Reichte vollkommen. Weil bei der Breithorn-Besteigung der Eispickel an der Hand zur Bergseite für den Halt sorgte und mein neuer Teleskop(!)-Wanderstock mich zur Talseite vor dem Sturz in den eisigen Abgrund bewahrte.

Für mich hatte auch der Gipfel des Breithorns durchaus Mount-Everest-Charakter. Ausblick, Stille und das Matterhorn zum Greifen nah – das ist einmalig. Meine neue Ausrüstung kommt nun öfter zum Einsatz.

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