StilkolumneWeihnachten im wollenen Jogginglook? Etwas mehr Glamour bitte zum Fest!

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Mit Wollsocken vorm Kamin Getty Images

Keine Gäste zum Fest – soll man sich da überhaupt schick machen oder lieber die Wollsocken anlassen?

  • Aber bitte mit Stil! In unserer Kolumne „Wie geht’s?“ dreht sich alles um das richtige Verhalten. Ob bei offiziellen Anlässen, beim Essen, im Gespräch oder vor dem Kleiderschrank.
  • Protokollchefin i.R. Ingeborg Arians, Redakteurin und Modeexpertin Eva Reik, Restaurant-Chef Vincent Moissonnier sowie Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch schreiben abwechselnd über das richtige und stilvolle Auftreten.
  • Diesmal überlegt Eva Reik, welche Kleidung an diesem Weihnachtsfest die passende sein könnte.

Wie fühlt sich dieses Jahr an, am 24. Dezember? Für viele schlecht, für manche erbärmlich. Für wenige aus ökonomischer Perspektive besser als sonst. Aber für alle ganz bestimmt anders. Wird dieses Jahr, weil es in jeder Hinsicht einer so krassen Zäsur gleicht, eine neue Zeitrechnung hervorbringen? Wie vor 2019 Jahren? Ante und post Christum natum? Ante und post coronam? Das weiß man jetzt noch nicht, aber die Geburt Christi wurde ja auch erst ein paar Jahrhunderte später zum Anlass genommen, den geschichtlichen Verlauf in ein Vorher und Nachher zu teilen.

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Modeexpertin Eva Reik

Damit sind wir bei Weihnachten, Jesu Geburt. Aber selbst dieses Fest steht wie alle anderen Feierlichkeiten im Jahr 2020 auf äußerst wackligen Beinen. Unabhängig vom „Wo?“ und „Wann?“ und „mit Wem?“ sind dieses Jahr noch nicht mal weihnachtsimmanente Konstanten gewährleistet: Der handfeste Familienkrach wird ausbleiben, weil die Baumkerzen aus Langeweile diesmal doch schon lange vor Heiligabend besorgt worden sind. Feierliches Aufrüschen zum alljährlichen Kirchgang mit Krippenspiel und Weihnachtsliedern steht auch in Frage – weil es den Kirchgang vermutlich nur für wenige oder gar nicht geben wird. 

Also, was anziehen? Wenn keine Verwandtschaft an-, man selbst nicht ausrückt und noch nicht mal Freunde auf ihrem Heimweg spät abends klingeln werden. Gewöhnlich ist der Dezember mit all seinen Anlässen zwischen Glühwein und Schampus der Monat, für den die Designer „festive looks“ kreieren, von Prada bis Primark. Paillettenbestickte Cocktailkleider, glitzernde Anzüge, funkelndes Ornament. Mit dem Ergebnis, dass so manches weibliche Wesen einem ordentlich geschmückten Tannenbaum durchaus Konkurrenz machen konnte.

Im wollenen Jogginglook feierlich den Baum betrachten?

Und in diesem Jahr? Ein Blick ins E-Mail-Postfach (auf arg viel mehr Input lässt sich leider derzeit nicht zurückgreifen) lässt den Grad der Verzweiflung nur erahnen. Designer und Händler schickten im Wechsel an einem Tag Bilder funkelnder Kleidchen und am nächsten „cosy chic“. Was so viel bedeutet wie: Der breiige Homeoffice-Look wird mit Kaschmiranteil zum vermeintlich luxuriösen Fummel erhoben. Man fragt sich ernsthaft: Soll die Familie dann im wollenen Jogginglook feierlich den Baum betrachten? Oder, noch schlimmer, sich im Rentier-Flanell heute und die nächste Tage aufs Sofa kuscheln?

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Auf keinen Fall! Streifen wir noch kurz durch die Kollektionen deutscher Provenienz. Talbot Runhof, die Experten für Party und Glamour, kreierten auch in diesem Jahr das, was sie am besten können, nämlich Party- und Glamour-Outfits. Dorothee Schumacher, die ganzjährig für entspannte Mode mit High-end-Charakter steht, traf mit ihrem Samtanzug ins Schwarze. Elegant und zeitgleich so lässig, dass der Heiligabend wie Silvester auch gut gekleidet auf dem Sofa enden kann.

„Wie geht’s?“

In unserer Kolumne beantworten vier Experten abwechselnd in der Zeitung Ihre Fragen zum stilsicheren Auftreten in allen Lebenslagen. Ingeborg Arians, Protokollchefin der Stadt Köln a.D., weiß, wie man sich bei offiziellen Anlässen richtig verhält. Journalistin Eva Reik kennt sich bestens aus mit Mode und der passenden Kleidung zu jeder Gelegenheit. Vincent Moissonnier, Chef des gleichnamigen Kölner Restaurants, hat die perfekten Tipps zu Tischmanieren ohne Etepetete. Und Anatol Stefanowitsch, Professor für Sprachwissenschaft, sagt, wie wir mit Sorgfalt, aber ohne Krampf kommunizieren. (jf)

Senden Sie uns Ihre Fragen bitte per Mail an: Stilkolumne@dumont.de

Warum auch noch an Weihnachten in Sack und Asche gehen, wenn doch schon das ganze Jahr so verkorkst ist? Das Motto ist: Aufbrezeln, was die Schatulle hergibt. Aber waren Maria und Josef denn nicht auch nur in einfachste Gewänder gehüllt? Ja, richtig, der Überlieferung zufolge stimmt das. Aber immerhin in ein Gewand. Und die Heiligen Drei Könige, nicht zu vergessen, erschienen schließlich auch in vollem Ornat.

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