Wohnen in KölnDer hohe Preis der Individualität

Den Wert einer hochpreisigen Immobilie bestimmt oft ihre besondere Lage wie die der Wohnhäuser im Rheinauhafen.
Copyright: Grönert Lizenz
Köln – Der Markt der Top-Immobilien in Köln ist kleiner und weniger teuer als in anderen Metropolen Deutschlands. Viele Jahre lebte er nur aus dem Bestand heraus, jetzt aber bringen neue Projekte Leben in die Szene – und in die Preisskala. Neue Maßstäbe setzen der Rheinauhafen und das Gerling-Quartier. Während der Hafen zum größten Teil echter Neubau und ein Architekten-Dorado ist, setzt man im Schatten von St. Gereon auf Flair, Lebensstil und Gebäude, die mit den vollständig überarbeiteten Altbauten verbunden sind.
„Erst mit dem Rheinauhafen ist das Premium-Segment des Wohnens auch bei Neubauten nach Köln zurückgekommen“, sagt Roland Kampmeyer, Sprecher der Kölner Immobilienbörse, die solche Entwicklungen wachsam registriert. Allein in dem Wohn-Kranhaus sind 133 Wohnungen mit einem Verkaufsvolumen von 76 Millionen Euro vermarktet worden. 2014 soll die Entwicklung des Gebiets, zu dem auch andere Wohnhäuser der gehobenen Klasse gehören, abgeschlossen sein. Noch teurer und noch exklusiver wird einzig das Gerling-Quartier, das in zwei Phasen fertiggestellt wird. Von den 144 Wohnungen zwischen Christophstraße und dem einstigen Büro von Firmenchef Hans Gerling ist die Hälfte schon verkauft. Darunter eine 400 Quadratmeter große Wohnung mit Dachterrasse, die für 10 000 Euro pro Quadratmeter wegging.
Die Häuser der ersten Bauphasen sollen bis Ende 2014 fertig sein, die restlichen 41 Wohnungen im darauf folgenden Jahr. Schon im Dezember 2013 werden die Bewohner der Neubauwohnungen im Norden des Quartiers einziehen. Wer in das Hochhaus will, muss noch bis zum nächsten Jahr warten. Vom sechsten Geschoss an genießt man Domblick, und mit jedem Stockwerk steigt der Preis. Unterste Grenze sind 5900 Euro bei Wohnungsgrößen zwischen 80 und 100 Quadratmetern. „Das wird einmal das teuerste Wohngebäude der Stadt“, sagt Vertriebsleiter George Floré. Auch Kampmeyer ahnt: „Das Gerling-Quartier wird die Stadt verändern.“
Ein Quartier der Kölner
Projektleiter Christian Riener tritt allerdings auch Gerüchten entgegen: „Die meisten unserer Wohnungen kosten zwischen 5000 und 6000 Euro pro Quadratmeter. Preise wie in Berlin, wo zwischen 14 000 und 20 000 Euro erzielt werden, gibt es bei uns nicht.“ Die meisten Käufer stammten aus Köln oder dem Speckgürtel um die Stadt herum, fast alle sind Eigennutzer. „Das wird ein Quartier der Kölner“, verspricht Riener, „weil hier auch sehr viel Emotionales und die Nähe zum Dom und zu den historischen Bauten hineinspielt.“
Das vollkommen umgestaltete Areal des ehemaligen Gerling-Firmensitzes mit Hochhäusern, historischen Gebäuden und neu errichteten Häusern wird wohl auf längere Sicht das einzige Bauprojekt dieser Größe bleiben, denn Bauland ist rar in Köln. Zwar entstehen in einzelnen Stadtteilen noch Projekte wie das Linden-Palais in Marienburg oder der Park Linné in Müngersdorf, doch erreichen sie von Umfang und Exklusivität nicht das Niveau von Rheinauhafen und Gerling-Quartier – auch wenn sie mit Quadratmeter-Preisen von 5000 Euro für die meisten Bürger der Stadt unerschwinglich bleiben werden.
Naturgemäß ist auch der Markt für Mietwohnungen im hochpreisigen Segment ziemlich klein. Wer 2350 Euro Kaltmiete und 600 Euro Nebenkosten für 130 Quadratmeter im Kranhaus zahlen kann, der kann in aller Regel auch kaufen, sagt Thomas Tewes, Geschäftsführer des Haus- und Grundbesitzervereins. Es sei denn, jemand anders bezahlt die Miete, und der Kauf ist nicht nötig. „International tätige Firmen machen das schon mal, um Top-Leute mit solchen Angeboten zu locken. Die bleiben zwei oder drei Jahre in Köln und sind dann wieder weg“, so Tewes.
Nach wie vor sind die meisten in Köln verkauften Luxusimmobilien solche aus altem Bestand. Dazu gehören historische Villen in Marienburg oder am Stadtwald und exklusive Wohnungen in Lindenthal oder dem Belgischen Viertel. Gerade die Wertigkeit der Wohnungen ist von außen selten zu erkennen, weil ihre Besitzer kaum Wert darauf legen, sie als Statussymbol vorzuzeigen.
Luxus ist nicht unbedingt am Preis zu erkennen, sagen die Experten übereinstimmend. „Es gibt immer einige Hausbesitzer, die den Drang der Leute in In-Viertel nutzen, um Miete oder Kaufpreis zu erhöhen, auch wenn die Immobilie das eigentlich gar nicht hergibt“, so Tewes. Auch Ausstattungsmerkmale sind nicht immer untrügliche Indizien für echte Top-Immobilien. Parkettböden, die vor zehn Jahren noch als sicheres Zeichen für gehobenes Wohneigentum galten, sind heute nichts Besonderes mehr. Ungewöhnlich sei dagegen immer noch die mobile Fernsteuerung der Haustechnik mit dem Handy, ein Concierge-Service und Sicherheitsdienste.
Entscheidend für den Preis ist letztlich die Lage einer Immobilie. Der ungewöhnliche Ort und ein interessanter Blick sind oft wichtiger als die Ausstattung. Und da können alte Bürgerhauser an Parkanlagen oder in der Innenstadt ordentlich punkten. Im Ergebnis sind gehobene Gebrauchtimmobilien daher kaum billiger als Neubauten. Auch die Sanierung übernimmt der Käufer oft noch selbst, weil er die Ausstattung dann ganz nach seinen Wünschen regeln kann.
Die Zielgruppe für Luxus-Immobilien sei in Köln im Vergleich zu anderen Nachfragen relativ klein, sagt Kampmeyer. Die meisten Kaufwilligen suchten Eigentumswohnungen für 2000 Euro pro Quadratmeter und Einfamilienhäuser, die um die 300 000 Euro kosten – Preise, die weit unter dem liegen, was als Luxus gilt. „Verglichen mit Düsseldorf, Hamburg oder München spielt das hochpreisige Segment im Köln keine große Rolle“, weiß auch Tewes, „da sind wir hier noch das gelobte Land. Auch die Kaufkraft der Kölner ist ja geringer als in diesen Städten.“
Der typische Käufer eines Gebraucht-Objekts, das mehr als 500 000 Euro kostet, ist jemand, der sich in einer späten Lebensphase „etwas Besonderes gönnen“ will und das Geld dafür hat. Selten ist es seine erste Wohnung, gekauft wird ohne Druck. Oft sind es Individualisten, die ihre Stadtwohnung für viel Geld nach eigenen Vorstellungen ausbauen und doch am nächsten Kiosk unerkannt einkaufen wollen. Auch Vermögende, die mit dem niedrigen Zinssatz für Einlagen unzufrieden sind, legen ihr Geld in „Beton-Gold“ an. „Häufig werden die Objekte ohne Kreditvermittlung komplett bezahlt“, weiß man in der Immobilienabteilung eines großen Geldhauses. Eine kleinere Gruppe sind – derzeit noch – die internationalen Investoren. „Die Stadt braucht solche Leuchtturmprojekte wie den Rheinauhafen, um die Aufmerksamkeit großer Firmen, die nach Standorten mit attraktiven Rahmenbedingungen suchen, auf Köln zu lenken“, sagt Kampmeyer. Dazu gehören entsprechende Immobilien, aber auch einiges andere: „Köln ist eben noch herrlich unaufgeregt und ausgeglichen. Das zieht immer.“