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Die perfekte GetränkebegleitungSo paart man Spirituosen und Essen wie die Profis

Lesezeit 5 Minuten
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Was passt am besten zu gebeiztem Lachs? 

Haselnussgeist zum Wildbraten, Thymiandestillat übers Rindersteak gesprüht und Crème brulée mit Rosengeist parfümiert: Edelbrände oder hochwertige Geiste können beim Kochen oder als Essensbegleiter die Aromen der Speisen unterstützen oder Ungewohntes hervorkitzeln.

Meist sind jedoch nur Williams, Obstler oder Himbeergeist als Digestif bekannt. „Die Einsatzmöglichkeiten von Destillaten sind aber durch neue Kreationen unendlich vielfältiger geworden“, sagt Tim Müller von DSM Deutsche Spirituosen Manufaktur in Berlin.

Beim Pairing ungewohnte Geschmackswelten erleben

Die Privatbrennerei destilliert neben klassischen Bränden und Geiste wie Williamsbirne, Himbeere und Kirsche viel Ungewöhnliches, darunter Herbstlaub, Zitrone, Rose, Thymian und Kardamom. Diese eignen sich nicht nur zum puren Genuss, sondern auch zum Kochen oder als Destillat-Spray zum Verfeinern von Getränken und Speisen.

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Eine fertige Spirituose läuft in ein Glas.

Brenner und Edelbrand-Sommelier Robert Gierer versucht in seiner Destillerie in Bodolz am Bodensee aus der Frucht das Maximum zu brennen. Dazu gibt er Küchenchefs Tipps, wie sie Menüs mit Edeldestillaten begleiten können. Dabei sollte man offen sein, „beim Genuss verschiedene Facetten auszuloten“, sagt er.

Was Edelbrand von Geist und Spirituose unterscheidet

Ein alkoholisches Getränk aus Obst oder anderen Rohstoffen kommt entweder als Brand, Geist oder Spirituose in die Flasche. Bei Bränden werden meist Früchte eingemaischt, vergoren und dann destilliert. Der Alkohol stammt zu 100 Prozent aus dem Zucker der Rohstoffe. Auch zuckerarmes Beerenobst wie Himbeeren, Brombeeren oder Wildbeeren fließt als edler Brand ins Glas. Meist werden die Früchte oder andere Ingredienzien wie Kräuter oder Gewürze aber „vergeistet“.

Das heißt, die Rohstoffe werden mit neutralem Alkohol angesetzt, danach destilliert und etwa als Himbeer-, Haselnuss- oder Kardamomgeist verkauft. Was nicht den Vorgaben für echte Brände oder Geiste entspricht, muss als „Spirituose“ bezeichnet werden. Hier ist so gut wie alles erlaubt: Farbstoffe, Zucker, künstliche Aromastoffe.

Ein Edelbrand darf nicht aromatisiert und nicht mit Alkohol anderer Art versetzt sein. Er muss mindestens 37,5 Prozent Alkoholgehalt haben. Fruchtigen Bränden darf bis zu 18 Gramm Zucker pro Liter Alkohol zugesetzt werden. Diese Methode, den Geschmack der Destillate abzurunden, ist bei Edelbrennern wie Gierer oder der DSM verpönt. Sie erreichen die Weichheit nur über Rohware und gekonntes Destillieren.

Es gilt der Grundsatz: Weniger ist mehr

Das Essen mit einem Brand oder Geist abzuschließen, ist die bekannteste Einsatzvariante für die hochprozentigen Tropfen. Damit zu kochen, eröffnet jedoch neue kulinarische Welten. So kann Spargelgeist eine feine Spargelcremesuppe intensivieren. Lachs beizt Tim Müller mit Mandarinen- oder Dillgeist.

Robert Gierer empfiehlt zu Fischgerichten Kernobstbrände wie Williams oder Quitte. Mit Wildkirsche, Schlehe oder Sauerkirsche, also Steinobstbränden, lassen sich dunkle Fleischsoßen verfeinern. Für Wild bietet sich Haselnussgeist an. Grundsätzlich gilt für Gierer: „Weniger ist mehr, nicht zu viel dazugeben.“

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Ein Drink spielt im Sternerestaurants Coda passend zu einem Menügang mit Möhre die Hauptrolle.

Raffiniert ist der Einsatz von hochprozentigen Sprays oder Destillatspritzen. Tim Müller spritzt zum Beispiel über sein Steinpilzrisotto etwas Steinpilzbrand. Wer kein Spray hat, kann auch einen Esslöffel davon darüber streichen.

„Ein Dessert braucht kräftige Aromen wie Haselnuss oder Waldhimbeere“, erklärt Edelbrand-Sommelier Gierer. Tim Müller schwärmt von Crème brulée, die vor dem Flambieren mit etwas Rosenbrand parfümiert wird. Blutorangengeist macht aus Vanilleeis und Kakaogeist aus Schokoladeneis ein besonderes Dessert. Und danach wird Espresso mit Kardamomgeist besprüht.

Starke Aromen: Destillate als Essensbegleiter

Nicht nur Wein, auch Edeldestillate können ein Essen für Gäste begleiten. Allerdings darf man keine Angst vor starken Aromen haben, sagt Gierer. Er empfiehlt, nicht zu viele hocharomatische Brände anzubieten, zum Beispiel nur Haselnuss oder nur Waldhimbeere. Als Begleitung zum Rinderfilet passe Sauerkirsche, Schlehe, Mirabelle oder Wildpflaume. Bei Desserts rät er zu Stein- oder Beerenbränden.

Tim Müller empfiehlt zum leichten Fisch Destillate aus Jasmin, Quitte, Erdbeere, Mandarine oder rotem Sauerklee. Bei einem Gang mit Geflügel komme es auf die Soße an. Zur Auswahl stehen etwa Holunderblüten, fruchtiger Hopfen oder Zitronengras.

„Edelbrände sind heute Genussmomente“, betont Robert Gierer. Auch beim Pairing empfiehlt er: „Nur wenige Tropfen sind ausreichend. Immer nur ein kleines Nipperle.“ Tim Müller warnt ebenfalls vor zu viel Alkohol: „Maximal 1,5 cl ausschenken. Es geht darum, am Destillat zu nippen, dann weiteressen, dann wieder etwas nippen.“ Um das Aroma nicht zu überdecken, bitte bei Zimmertemperatur und nicht eisgekühlt servieren.

Rezept für mit Mandarinengeist gebeizter Lachs

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Lachs beizt DSM-Chef Tim Müller mit Mandarinen- oder Dillgeist.

Als Vorspeise selbst gebeizten Lachs zu servieren, ist ein Gaumenschmaus. Tim Müller von der Deutschen Spirituosen Manufaktur in Berlin beträufelt den Fisch noch mit Mandarinengeist. Das Rezept des Profis geht so:

Zutaten für vier Personen (als Vorspeise)

300 g frischer Lachs (Sushi-Qualität), 3 EL grobes Salz, 3 EL Zucker, 1 Bund Dill, 3 EL Mandarinengeist, 1-2 EL Rosa Beeren, 1 Bio-Zitrone

Zubereitung

Den Lachs unter kaltem, fließendem Wasser vorsichtig abwaschen und anschließend mit Küchenkrepp trocken tupfen. Die Hälfte der Mischung aus Salz und Zucker in eine angemessen große Schale geben und den Fisch mit der Hautseite nach unten hineinlegen. Die Oberseite mit der restlichen Mischung aus dem Salz und dem Zucker einreiben.

Den Dill mit den Stielen waschen, fein hacken und rundherum an das Filet drücken. Die Schale mit Frischhaltefolie dicht schließen und für 36 Stunden in den Kühlschrank stellen. Den Lachs im 12-Stunden-Rhythmus mit der ausgetretenen, sich in der Schale ansammelnden Flüssigkeit übergießen.

Den durchgegarten Lachs aus der Schale nehmen, die Gewürzmischung unter kaltem Wasser abwaschen und den Lachs mit Küchenkrepp trocken tupfen. Die obere Lachsseite mit 1 Esslöffel Mandarinengeist beträufeln und mit den zerdrückten Rosa Beeren und dem Abrieb der Bio-Zitrone bestreuen. Den restlichen Mandarinengeist über die Gewürzschicht träufeln.

Den Fisch nun vakuumieren oder alternativ mit Frischhaltefolie luftdicht umwickeln. Nach weiteren zwei Tagen Reifezeit im Kühlschrank ist der Lachs fertig. Zum Servieren mit einem scharfen langen Messer schräg in dünne Scheiben schneiden.

Als Vorspeise zum Beispiel mit Sahnemeerrettich auf Pumpernickel oder Kartoffelrösti reichen. Als Getränke passen dazu Zitrus- oder Gurkengeist oder ein Himbeerbrand. (dpa/tmn)