Abo

Erschreckende RückfallquoteFast die Hälfte aller Straftäter muss zurück ins Gefängnis

Lesezeit 2 Minuten
Gefängnis

Symbolbild

Düsseldorf – Rund 45 Prozent aller erwachsenen Straftäter in den NRW-Gefängnissen werden rückfällig. NRW-Justizminister Peter Biesenbach will die hohe Rückfallquote jetzt durch eine einschneidende Reform des Strafvollzugs reduzieren. Bislang seien in den Haftanstalten schwerpunktmäßig suchtabhängige Inhaftierte behandelt worden, erklärte der CDU-Politiker  in Düsseldorf.

Künftig soll die Auseinandersetzung mit den Delikten der Häftlinge stärker in den Vordergrund rücken. So könne zum Beispiel das Rückfallrisiko von Betrügern und Intensivtätern gezielt reduziert werden, sagte Biesenbach. Im Jugendstrafvollzug bleibt nur jeder dritte Häftling nach der Entlassung aus dem Gefängnis  straffrei. Die meisten von ihnen kehren bereits nach einem Jahr hinter Gitter zurück.  

46,4 Prozent sind „Kurzstrafer”

Die Reform resultiert aus der Auswertung des im Jahr 2017 aufgelegten Programms „Evalis“, das die Wirksamkeit von Resozialisierungsmaßnahmen im Strafvollzug unter die Lupe nimmt. Dabei wurde festgestellt, dass die Zahl der „Kurzstrafer“, die maximal ein Jahr einsitzen, auf 46,4 Prozent angestiegen ist. Gleichzeitig hätten mehr Gefangene als früher ein langes Vorstrafenregister. 

Das könnte Sie auch interessieren:

Die Zahl der jungen, ausländischen Straftäter sei angewachsen. „Diese Belegungsentwicklung macht deutlich, dass wir das Behandlungsangebot bedarfsgerecht anpassen müssen“, sagte Wolfgang Wirth, Leiter des Kriminologischen Dienstes des Landes NRW.  

Den meisten fehlt ein Schulabschluss

Neben den deliktorientierten Behandlungsmaßnahmen soll künftig die schulische Förderung und die Vermittlung von beruflichen Qualifikationen ausgeweitet werden. Zwei Drittel der Häftlinge im Jugendvollzug verfügen über keinen Schulabschluss. Auch das „Übergangsmanagement“ – die Betreuung nach der Entlassung – soll stärkeres Gewicht bekommen.   

Am Stichtag 8. Januar 2020 saßen 15.262 Häftlinge in 36 Strafanstalten von NRW ein.  Rund 93 Prozent der Strafgefangenen sind männlich. Ein gutes Drittel der Gefangenen sitzt wegen Gewalttaten ein. Einen großen Anteil haben mit 26,5 Prozent auch Diebstähle und Unterschlagungen. Eine wissenschaftlich fundierte, aussagekräftige Rückfallanalyse soll in drei bis fünf Jahren vorgelegt werden, hieß es.

SPD spricht von „Ablenkungsmanöver”

Die SPD im Landtag kritisierte die Pläne der Landesregierung. Justizexperte Sven Wolf erklärte: „Minister Biesenbach verkauft alten Wein in neuen Schläuchen. Die von ihm als angeblich einmalig angekündigten Evaluierungen gibt es schon. Zuletzt hat das Bundesjustizministerium im Jahr 2016 eine dreiteilige Evaluierung veröffentlicht."

Biesenbach wolle mit diesem Vorgehen offenbar davon ablenken, dass ihm „die Kraft für die notwendigen Reformen im Strafvollzug” fehle. Insbesondere sei Biesenbach „wohl endgültig” mit seinem Vorhaben gescheitert, das Schwarzfahren zu entkriminalisieren.

KStA abonnieren