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KarnevalDie Tollitäten ganz privat

Lesezeit 5 Minuten

Einmal Teil des Dreigestirns sein, das wollten Bauer Michael, Prinz Björn I. und Jungfrau Hermia schon als kleine Pänz.

Es knistert – ganz gewaltig. Vorfreude und Anspannung sind dem kommenden Dreigestirn deutlich anzumerken. „Ich freue mich so, dass es nach der anstrengenden Vorbereitungszeit in zwei Tagen endlich losgeht“, sagt Jens Hermes, der als Jungfrau Hermia durch die Session tanzen will. Professor Dr. Michael Bernecker möchte als Bauer beweisen, dass man das „auch als Akademiker ganz gut hinkriegt mit dem Dreigestirn“, und Björn Griesemann endlich seinen lang gehegten Traum leben: „Einmol Prinz zo sin“. Am Montag ist es so weit. Dann werden die designierten Tollitäten und Blauen Funken auf dem Heumarkt den Jecken vorgestellt.

Der kommende Prinz Björn Griesemann und seine „Prinzenfrau“ Antje Fischer

Prinz Björn I.

„Das ist genau das, was ich immer wollte. Im Stillen“, sagt Griesemann (37), der als Prinz Björn I. die Jeckenschar regieren will. Laut über diesen Traum zu reden hatte er sich lange nicht getraut. Nicht einmal seinem Vater Peter gegenüber – und der ist schließlich als Senatspräsident ein hohes Tier bei den Blauen Funken. „Ich wollte nicht, dass da irgend etwas nach Klüngelei riecht“, sagt der Prinz in spe. Daher hatte er den Vater, mit dem er zusammen im Familienbetrieb arbeitet – die Griesemanns bauen Chemieanlagen im In- und Ausland – erst in einer ganz späten Phase der Vorbereitungen informiert. Schließlich muss der ja in den nächsten Monaten so manche Zeit auf den Junior-Partner verzichten.

Der Anstoß für die Bewerbung kam von Funken-Präsident Theo Jussenhoven. Griesemann: „Das Dreigestirn war bei den Blauen ein Riesenthema.“ Schließlich hatte man seit 18 Jahren keines mehr gestellt. Doch dann ging es ganz schnell. „Die Rollenverteilung bei uns war von Anfang an klar.“ Unterstützung gab’s gleich von Freundin Antje Fischer (30), Krankenschwester im Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße. „Ich bin ein echt kölsches Mädchen und total stolz, einen Prinzen an meiner Seite zu haben.“

Kennengelernt haben die beiden sich im Karneval. Bei einer Gala-Sitzung der Blauen Funken im Gürzenich hat es vor knapp fünf Jahre gefunkt: Er in blau-weißer Funkenuniform, sie als blau-weißer Schlumpf. „Es war Liebe auf den ersten Blick.“ Kurz zuvor war Griesemann, in Bornheim aufgewachsen und in Brühl zur Schule gegangen, nach dem Studium und fünf Jahren bei einer Unternehmensberatung in Siegen, nach Köln zurückgekehrt. Sie ist über Kalk, Buchforst, Höhenhaus, Klettenberg und Sülz in Lindenthal gelandet, wo die beiden sich eine Wohnung und so manches Hobby teilen. Beide haben eine FC-Dauerkarte auf der Südtribüne und einen Motorradführerschein. „Wir fahren oft zusammen aus.“ Nur beim Getränkegeschmack liegen sie noch etwas auseinander. Er hat eine umfangreiche Weinsammlung, sie bevorzugt ein Kölsch auf dem Tisch. Eine Hochzeit steht derzeit noch nicht an, schon gar nicht in der Session. „Außerdem hat er mich noch gar nicht gefragt“, verrät sie . „Ich liebe ihn, wie er ist. Nach des Session dann auch als Ex-Prinz.“

Auch als Jungfrau bleibt Jens Hermes (links) mit Mrac Cedileau zusammen.

Jungfrau Hermia

Auch die kommende Jungfrau hat ihr privates Glück im Karneval gefunden. Seit sich im Februar 2012 bei einem Absacker im Pullman-Hotel, der Hofburg des Dreigestirns, der Blaue Funk und der Stattgardist tief in die Augen geschaut haben, sind Jens Hermes (37) und Marc Cedileau (35) ein Paar. „Wir gehen offen damit um, machen aber kein große Gedöns.“ Bei getrennten Wohnungen in der Südstadt und in Neu-Ehrenfeld verbindet sie vor allem der Tanz. Der aus Baden-Württemberg stammende Cedileau gehört zum Tanzkorps der Stattgarde Colonia Ahoj, bei dem er sich derzeit aufgrund einer Fortbildung zum Bilanzbuchhalter etwas zurückhält. Hermes, studierter Betriebswirt und im Hauptberuf Marketing Direktor bei Japan Tobacco International, hat den kölschesten Lebenslauf. Er ging in der Kayjass zur Grundschule, zog in den Schull- un Veedelszöch mit und tanzt seit 1986 auf den Karnevalsbühnen. Als Elfjähriger – damals Gymnasiast an der Schaurtestraße in Deutz – startete er bei den Kammerkätzchen und Kammerdienern. 1997 ging er zu den Blauen Funken, war fünf Jahre Tanzoffizier, ehe er weitere fünf Jahre im Ballett des Divertissementchens mitwirkte. Als das Ballettmeisterehepaar Peter und Hilde Schnitzler, die Generationen karnevalistischer Tänzer ausgebildet hatten, kürzer treten wollte, machten sie Hermes zu ihrem Nachfolger.

Gerade hat er für sechs Tanzpaare die Musik zusammengestellt, die Choreografie erarbeitet und bei regelmäßigen Proben einstudiert. „Ich bin jeden Tag unterwegs.“ Ein Fulltime-Nebenjob, den er nicht missen möchte. In dieser Session kommen der Vorstandstanz der Ehrengarde und eine Choreografie für alle 25 Kölner Kindertanzgruppen hinzu. In der Jungfrauen-Rolle fühlt er sich rundum wohl. Das zugehörige Ornat hat er schon einige Male in der Kostümschneiderei anprobiert. „Anfangs sah es aus wie ein Taufkleid. Aber inzwischen ist das Kölner Wappen drauf, da geht es.“

Bauer Michael Bernecker mit Frau Christiane und (v.l.) Juliane Mila, Johanna Marie und Jan Magnus.

Bauer Michael

Haben der Prinz und die Jungfrau ihre Partner im Fastelovend getroffen, so hat Professor Dr. Michael Bernecker (46) seine Ehefrau Christiane (38) „ganz seriös kennen gelernt“ – auf einem Golfplatz. Vor elf Jahren haben sie am zweiten Weihnachtstag geheiratet. „In Las Vegas. Mit Elvis-Imitator und dem vollen Programm.“ Für sie, aus Windeck an der Sieg stammend, war es nur ein kurzer Weg, er hatte schon mehrere Umzüge hinter sich – Gevelsberg, Neumünster, Siegen, Düsseldorf und Dortmund. „Deshalb bin ich BVB-Fan. Ein bisschen gelbe Wand steckt noch in mir drin.“ Mit dem Umzug nach Köln habe man sich dennoch verbessert. „Köln ist eine offene Stadt, die die Menschen mitnimmt. So etwas habe ich in Dortmund nie erlebt.“

Vor einigen Jahren sind die Berneckers von Merheim nach Refrath umgesiedelt. „Das ist nicht so schlimm. Der durchschnittliche Refrather fühlt sich doch eh als Kölner.“ Sie haben drei Kinder: Johanna Marie (9), Jan Magnus (8) und Juliane Mila (5).

Bernecker ist der erste Professor in einem Dreigestirn. Doch da will er nur Bauer Michael heißen. Er lehrt Marketing und Betriebswirtschaftslehre an der Fresenius Hochschule im Mediapark. Dort betreut er rund 2000 Studierende. Der Karneval – 2006 ist er über Freunde im Senat der Blauen Funken gelandet – ist neben der Familie sein liebstes Hobby. Zudem hat er einen Schuhtick. „Ich hab fast so viele wie meine Frau. Sicher 40 Paare.“ Darunter einige ganz auffällige, etwa die mit grau und grün schillerndem Krokodilmuster und roten Schnürsenkeln. Als Bauer wird er dieses geliebte Schuhwerk jedoch nicht tragen. „Das Ornat ist schließlich das Ornat. Ich werde nicht auf die Idee kommen, etwas anders anzuziehen.“