Kein Metal mehrVolbeat liefern in Köln soliden Stadion-Rock ab – mehr leider nicht

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Gitarrist Rob Caggiano (vorne) kommt aus New York und wechselte 2013 von Anthrax zu Volbeat. 

Köln – Nach zwei Corona-Herbsten ohne Konzerte kann man es ja bis kurz vor Beginn kaum glauben, dass es wirklich passiert: Volbeat, die große dänische Rock-Band, spielen in der Lanxess-Arena. Die Fans füllen die Halle fast bis unter das Dach und wirken nicht so, als wüssten sie nicht mehr, wie Konzerte funktionieren. So wild und ausgehungert wie bei den ersten Festivals im Sommer sind sie aber auch nicht mehr.

Nach den beiden Vorbands Skindred und Bad Wolves beginnt die Show mit Knallen, Rauchwolken und einer gigantischen Videowand, auf der Festival- und Backstage-Szenen gezeigt werden. Dann wummern die Gitarren von „The Devils’s Bleeding Crown“ los. Erste Köpfe beginnen zu wippen, noch ist man aber zu beschäftigt damit, den Moment zu filmen.

Volbeat sind eine Mischung aus Rock, Metal, Punk und Country

Wer Volbeat nicht kennt, kommt ihnen mit dem zweiten Song „Pelvis on Fire“ vom 2020er-Album „Rewind, Replay, Rebound“ ziemlich nahe, der eine typische Mischung aus Metal, Rock'n'Roll, Punkrock, Country und Blues ist. Die unverwechselbare Stimme von Frontmann Michael Poulsen kommt hier besonders gut zur Geltung. Er kann aber auch anders, tief und rockig, wie bei „Temple of Ekur“ vom aktuellen Album „Servant of the Mind“, das langsam Schwung in die Arena bringt.

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Volbeat in Köln: „Lasst uns zwei Stunden das Leben feiern!“

Das ältere „Lola Montez“ macht die Menge dann richtig wach, alle stehen jetzt, die Handys sind zurück in den Taschen. Poulsen nutzt die Aufmerksamkeit und wendet sich an die Fans: „Es ist verrückt, euch hier heute wieder zu sehen, die Zeiten sind so schwierig, alle fragen sich, wie sie die Gas-Rechnung bezahlen sollen. Lasst uns das alles für zwei Stunden vergessen, das Leben feiern und eine gute Zeit haben!“ Vorschlag angenommen.

Die nächsten zwei Stunden zeigen deutlich, wie Volbeat sich in den mehr als 20 Jahren des Bestehens verändert und weiter entwickelt haben. 2001 hat sich die Band in Kopenhagen gegründet und ist mittlerweile mehrfach mit Platin ausgezeichnet worden. Als Inspirationsquellen nennt Poulsen meist die Punkband Social Distortion (deren Namen er auf dem Unterarm tätowiert hat), Elvis Presley und Johnny Cash. Letzterer wird beim Konzert mit „Ring of Fire“ geehrt, das nahtlos in den Volbeat-Song „Sad Man's Tongue“ übergeht, der Cash gewidmet ist. Auch Metallica gehört zu den musikalischen Vorbildern der Band. Von Poulsen gibt es die schöne Erzählung, dass Metallica-Sänger James Hetfield zu ihm gesagt habe: „Ich habe gehört, ihr spielt eine Art Elvis-Metal. Ich glaube, ich finde das jetzt schon gut.“ Volbeat spielten 2007 im Vorprogramm von Metallica.

Selten unverschwitzter vom Konzert nach Hause gegangen

All diese Einflüsse bekommt man beim Konzert zu hören. Zur Mitte der Show wird es deutlich rockiger, richtige Heavy-Metal-Konzert-Stimmung will aber trotzdem nicht aufkommen. Es gibt einen abgetrennten und streng bewachten Bereich vor der Bühne, „Parasite Pit“ genannt, der so leer und so ruhig ist wie selten bei einem Rock-Konzert gesehen. Vermutlich sind die Fans wohl nie trockener, unverschwitzter und unverletzter aus der ersten Reihe nach Hause gegangen.

Es gibt Luftballons, aber keine Eskalation

Dabei liefert die Band alles, was ein gutes Metal-Konzert braucht, doch der Funke will bis zum Schluss nicht richtig überspringen. Poulsen fragt sogar einmal bittend: „Can you bang your head to 'Shotgun Blues?'“ Die Stimmung ist gut, es ist laut, es gibt Licht, Rauch und Glitter, eine Weile sogar schwarze Luftballons über der Menge, aber es gibt absolut keine Eskalation. Ob das an der Band liegt, oder am Publikum, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Die Zutaten sind da: der Sound ist gut, die Gitarren laut, Poulsens Stimme trägt durch die Halle. Der Metal ist da, kommt aber nur sehr selten wirklich raus, wie zum Beispiel beim Klassiker „Still Counting“ aus den wilderen Zeiten der Band.

Sind Volbeat nur noch ungefährlicher Stadion-Rock?

Möglicherweise ist dieses Konzert einfach genau das, wohin sich Volbeat entwickelt haben. Hardliner der ersten Stunde kritisieren gerne, dass die Band sich mit jedem neuen Album mehr dem Mainstream angenähert habe und vor allem das aktuelle Album ungefährlicher Stadion-Rock sei. Der Sound komme bei großen Mengen gut an, brettere einem aber nicht mehr das Hirn raus, wie man es von Heavy Metal erwartet und wie es die Band in ihren Anfängen vor 20 Jahren noch getan habe. Es gibt Gerüchte, dass einige Bandmitglieder diesen Weg nicht mitgehen wollten und die Band deshalb verlassen haben.

Poulsen selbst hat nie einen Hehl daraus gemacht, Geld verdienen und möglichst viele Tickets verkaufen zu wollen. Das muss man ihm zugute halten. Und er weiß, was das Stadion-Publikum braucht. Mit seinem Gitarristen Rob Caggiano, der 2013 von Anthrax zu Volbeat wechselte, spaziert er über den rundlaufenden Steg, posiert mal hier und mal da und liefert eine solide Rock-Show ab. Wenn man nicht mit Erwartungen an Moshpit, Bierduschen und blaue Flecken gekommen ist, ist das hier ein gutes Rockkonzert einer fähigen Stadionband. Vielleicht muss man sich einfach von der Vorstellung verabschieden, dass Heavy Metal allein große Hallen füllen kann.

Am 6. Dezember spielen Volbeat auf ihrer Tour Servant of the road“ in der Westhalenhalle in Dortmund. Tickets sind noch verfügbar.

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