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Lebensgefährliche WaffeSkurriler Kampf Samuraischwert gegen Armbrust

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Symbolbild

Köln – Nachts um zwei Uhr stürmt Sergio L. am Ostersonntag in Recklinghausen die Wohnung eines Bekannten. Wutentbrannt will er im Beisein des Wohnungsinhabers einen Drogendealer zur Rede stellen, der seiner Freundin Kokain verkauft hat. Als Sergio L. den Rauschgifthändler entdeckt, geht er direkt auf ihn los. Schläge folgen, die anderen Besucher mischen sich ein, ziehen dem Angreifer eine Flasche über den Kopf. Leicht benommen greift der sich ein Samurai-Schwert, das zur Zierde in der Wohnung hing, und schwingt es drohend umher. Der Wohnungsinhaber zögert nicht, holt eine Armbrust aus seinem Versteck und drückt ab.

Der Pfeil trifft Sergio L. in die Brust. Der aber bleibt auf den Beinen und hackt mit dem Schwert auf den Drogendealer ein. Blut spritzt, schließlich gleitet die Schauwaffe dem angeschossenen Angreifer aus der Hand, er ergreift die Flucht.

Opfer überlebt nur dank Notoperation

Der skurrile Kampf Schwert gegen Armbrust wird am Mittwochmorgen vor dem Bochumer Landgericht sein strafrechtliches Nachspiel finden. Sergio L. muss sich wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung verantworten. Sein Opfer überlebte nur dank einer Notoperation.  

Allerdings wäre auch der Angeklagte beinahe durch den Armbrusttreffer gestorben. Der Pfeil hatte laut dem rechtsmedizinischen Gutachten den Herzbeutel und die Leber verletzt. Der Treffer sei „akut lebensbedrohlich“ gewesen. Vor dem Hintergrund kann sein Verteidiger Burkhard Benecken nicht verstehen, warum die Staatsanwaltschaft bei dem Schuss von Notwehr ausgeht. „Mein Mandant hat die Armbrust-Attacke nur haarscharf überlebt und musste wegen des 20 Zentimeter tiefen Einschusskanals im Justizvollzugskrankenhaus mehrfach am Herzen operiert werden. Der Prozess wird klären, wer wirklich Täter und Opfer ist“, so Benecken. 

Lebensgefährliche Geräte bedürfen keines Waffenscheins

Immer wieder sorgen Armbrustattacken für Schlagzeilen. Dennoch hält der Gesetzgeber auf Grund der Lobbyarbeit der Sportschützen weiter daran fest, dass die lebensgefährlichen Abschussvorrichtungen für Bolzen, Pfeile und Kugeln weiterhin ohne Waffenschein für jedermann erhältlich sind. Und so ereignen sich immer wieder blutige Zwischenfälle.

Am siebten August passt ein 33 Jahre alter Türke vor seiner Wohnung in einem Mietshaus in Köln-Buchheim einen flüchtig Bekannten im Treppenhaus ab. Mit der Armbrust im Anschlag fordert der Bewohner den Mann auf, sich an die Wand zu stellen. Als der nicht gehorcht, trifft ihn ein Pfeil in die Brust.

Er schafft es gerade noch, das Geschoss herauszureißen, wankt nach unten und setzt sich schwer blutend an die Hausfassade. Der Schütze folgt ihm, erkundigt sich nach seinem Gesundheitszustand und bietet ihm an, die Wunde zu desinfizieren. Unter Schmerzen winkt sein Opfer ab. Im Krankenhaus diagnostizieren die Ärzte eine lebensgefährliche Verletzung. Nur durch Glück überlebt der Angeschossene. Der Täter sitzt inzwischen wegen gefährlicher Köperverletzung in Untersuchungshaft.

Getötet nach Streit um einen Autokauf

Ende Juli hat der Mordprozess gegen den 51 Jahre alten Michael G. begonnen. Der Sportschütze soll einen KFZ-Meister im hessischen Waldsee zwei Armbrustbolzen in den Körper geschossen haben. Anschließend erdrosselte der Angeklagte laut Staatsanwaltschaft den Handwerker. Das Motiv soll ein Streit um einen Autokauf gewesen sein.

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Selbst Polizisten sind vor Pfeilattacken nicht gefeit. Anfang September lief eine Durchsuchungsaktion in Großen-Linden nahe Gießen bei einem rechtsradikalen „Reichsbürger“ aus dem Ruder. Es ging um Betrug. Der Beschuldigte schoss mit seiner Armbrust auf die Beamten. Der Bolzen verfehlte zum Glück sein Ziel und blieb in der Decke stecken.

Verbot löst auch nicht alle Probleme

Der stellvertretende NRW-Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Michael Maatz, weiß um die Probleme: „Wegen ihrer enormen Durchschlagskraft kann der Einsatz einer Armbrust schnell tödlich enden. Ein Verbot von Armbrüsten könnte trotzdem ins Leere laufen, weil Täter dann lieber zur Schusswaffe greifen“, sagt der Polizeigewerkschafter.

„Im Übrigen darf man eine Armbrust zwar besitzen, aber nicht mit sich führen. Es sei denn, man verfügt über eine Waffenbesitzkarte.“ Der GdP-Vize sagt: „Wichtiger als eine Verbotsforderung ist deshalb die Frage, wie die Einhaltung der bestehenden Gesetze kontrolliert wird. Das ist bei den Waffen noch viel Luft nach oben.“