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Wieder islamischer Religionsunterricht mit Ditib

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Wiesbaden – Im kommenden Schuljahr soll es in Hessen wieder islamischen Religionsunterricht in Kooperation mit dem türkischen Moscheeverband Ditib geben. Die Landesregierung treffe Vorbereitungen, dass der bekenntnisorientierte Religionsunterricht im Schuljahr 2022/23 wieder aufgenommen wird, sagte Kultusminister Alexander Lorz (CDU) am Mittwoch in Wiesbaden.

Die Landesregierung respektiere die jüngsten Entscheidungen der Gerichte. Es beständen aber unverändert Zweifel, ob der hessische Moscheeverband hinreichend unabhängig vom türkischen Staat ist, erklärte der Kultusminister bei der Sitzung des kulturpolitischen Ausschusses im Landtag. „Deshalb werden wir den Unterricht eng mit Unterrichtsbesuchen begleiten.”

In Hessen war der sogenannte bekenntnisorientierte islamische Religionsunterricht zusammen mit Ditib zum Schuljahr 2013/14 eingeführt worden; zunächst an Grundschulen, ab dem Jahr 2017/2018 auch an ersten weiterführenden Schulen. Im April 2020 hatte das Kultusministerium angekündigt, den Unterricht im darauffolgenden Schuljahr auszusetzen und dies mit Zweifeln an der Eignung des Verbandes als Kooperationspartner begründet. Es sei fraglich, ob die notwendige Unabhängigkeit vom türkischen Staat vorhanden sei.

Gegen diese Entscheidung ging der türkische Moscheeverband juristisch vor. Der hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) entschied dann Anfang Juni, dass das Land den bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht in Kooperation mit Ditib im Jahr 2020 nicht hätte aussetzen dürfen. Ein Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden aus erster Instanz wurde damit rechtskräftig (Az: 7 A 1802/21.Z). Der Beschluss des VGH ist nicht mehr anfechtbar.

Eine wissenschaftliche Begutachtung hatte laut Ministerium im Jahr 2019 zu dem Ergebnis geführt, dass eine hinreichende Unabhängigkeit von Ditib vom türkischen Staat nicht gegeben ist. „Weil jedoch seit der letzten Begutachtung einige Zeit vergangen ist, werden wir nun wieder externe Expertise einholen”, kündigte Lorz an. „Auf dieser Basis ist dann zu entscheiden, ob der Einrichtungsbescheid aus dem Jahr 2012, der die Grundlage für die Zusammenarbeit mit Ditib Hessen bildet, durch das Land widerrufen wird.”

Der Moscheeverband Ditib reagierte mit Unverständnis auf die anhaltenden Vorbehalte des Ministeriums. Die weiterhin vorgebrachten Zweifel seien mit Blick auf die siebenjährige beanstandungs- und störungsfreie Schulpraxis des Religionsunterrichts nicht nachvollziehbar.

Die religionspädagogischen und didaktischen Bedürfnisse der muslimischen Schülerinnen und Schüler könnten nur durch einen bekenntnisorientierten Religionsunterricht gänzlich gestillt werden, erklärte Ditib. Der staatliche Islamunterricht sei in dieser Hinsicht nicht ausreichend und verfassungsrechtlich bedenklich. Daher behalte sich die Landesreligionsgemeinschaft eine rechtsstaatliche Überprüfung dieses Unterrichtsangebots vor.

Der Kultusminister versichert, die Landesregierung halte an dem Ziel fest, dass es in Hessen auch für Schülerinnen und Schüler muslimischen Glaubens das Angebot eines bekenntnisorientierten Religionsunterrichts geben soll. Der islamkundlich angelegte Schulversuch „Islamunterricht” werde im nächsten Schuljahr und bis auf Weiteres fortgeführt.

Nach dem Ende der Zusammenarbeit mit Ditib hatte das Land den islamischen Religionsunterricht selbst in die Hand genommen. Dazu führte es das Fach Islamunterricht ein, das anders als der konfessionsgebundene Religionsunterricht ohne explizites Bekenntnis zum Glauben ist. Der Islamunterricht, unter alleiniger staatlicher Verantwortung, richtet sich mittlerweile an Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen eins bis neun.

© dpa-infocom, dpa:220629-99-850386/2 (dpa/lhe)

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