Vor Weihnachten besonders beliebtWarum „Forellen-Puffs“ hart in der Kritik stehen

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Angelpark 1

Einer der Angler fängt eine Forelle.

  • Ausflüge in Angelparks sind auch im Winter beliebt, ihr Sinn aber ist nicht unumstritten.
  • Die Fische werden nur in die Teiche gesetzt, um gleich wieder herausgeangelt zu werden.
  • Doch was sagen Tierschützer und Profis zu den Parks, die gerne auch „Forellen-Puff“ genannt werden? Ein Ortsbesuch.

Bad Münstereifel – Jens und Max leben längst nicht mehr hier. Aber einmal im Jahr kommen sie an den Angelpark Eicherscheid bei Bad Münstereifel. Bald ist Weihnachten, da kommt die Familie zusammen und es soll Fisch geben. 20 Forellen sollen es sein. Das klingt viel, aber: „Wir sind 12 Leute, und alle bekommen Fisch“, sagt Jens und lacht, „ob sie wollen oder nicht.“ Ein gutes Dutzend Forellen haben die beiden bis jetzt schon gefangen und verarbeitet. „Die werden zu Hause geräuchert“, sagt Jens. Klingt gut. Und dann beißt auch schon der nächste an. Und der nächste. „Natürlich“, sagt Max, „könnte man die Fische auch einfach irgendwo kaufen.“ Aber so ist schöner.

Angel- und Forellenteiche sind ziemlich populär, rund um Köln gibt es zwischen Bergheim-Zieverich, Kerpen, Much und Mechernich inzwischen fast drei Dutzend dieser Anlagen. Weil die Vorgaben streng sind – der Mindestabstand zwischen den Anglern am Ufer beträgt fünf Meter – ist der Platz am Wasser begrenzt.

Eine Übersicht der Angel- und Forellenteiche in und um Köln finden Sie hier:

Karte: Natalie Sablowski

Mancherorts geht ohne Reservierung gar nichts, da übernachten Angler auch in frostigen Nächten draußen, um morgens die ersten am Wasser zu sein.

Das sagen Tierschützer zu den Angelparks

Der Ruf dieser Angelparks ist etwas komplex. Das nordrhein-westfälische Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) stellt lakonisch fest, dass „das Fangen von Speisefischen über Angelteiche mit der Handangel in einem gewissen Spannungsverhältnis zu Paragraf 1 Tierschutzgesetz“ stehe – dieser Paragraf untersagt es, einem Tier „ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen“.

Und das ist das Dilemma: Die Fische werden in die Teiche eingesetzt zu dem einzigen Zweck, umgehend wieder herausgeangelt zu werden. Das Ganze ist im Grunde eine etwas umständliche Art des Einkaufs mit Angel, Köder und Haken.

Angelpark 2

Eine Auswahl von Ködern.

Als Ausweg stellt das Lanuv klare „Anforderungen an den Tierschutz, insbesondere im Hinblick auf ein schonendes Anlanden, Betäuben und anschließendes sachkundiges Töten“ – das ist das, was man lernt, wenn man die Fischereischeinprüfung ablegt. Wenn das gewährleistet ist und die Teich-Betreiber sich an dicht gestaffelte Spielregeln halten – „dann“, so sagt das Landesamt, „stehen sogenannte Angelteiche im Einklang mit dem Tierschutzgesetz.“

In einem Jahr werden 60 Tonnen Forellen produziert

Andreas Pilgram betreibt in Lohmar eine Fischzucht, dort produziert er in 35 Teichen etwa 60 Tonnen Forellen im Jahr, hinzu kommen etwa drei Dutzend Karpfenteiche. Er beliefert bevorzugt kommunale und Vereinsgewässer, aber auch ein paar Angelparks.

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Als Vorsitzender des Verbands der Fischzüchter und Teichwirte NRW fällt ihm eine Bewertung des Themas nicht ganz leicht. „Da muss man sehr differenzieren“, sagt er. Es gebe Betreiber, die sich an die Vorgaben des Umweltministeriums halten. „Dort gibt es Schonbereiche für frisch eingesetzte Fische“, sagt Pilgram, „die Mindestaufenthalt-Dauer der Fische im Teich wird berücksichtigt, es gibt Ruhezeiten.“ Und dann, keine Frage, gebe es auch Anlagen, an denen all das zulasten der Fische eher lax gehandhabt wird.

Viele Angler nennen die Parks auch „Forellen-Puff“

Auch unter Anglern sind die Angelparks nicht völlig unumstritten – der gerne benutzte Begriff „Forellen-Puff“ vermittelt einen Eindruck davon. In Naturseen, Talsperren und erst recht im Fluss gehört es zu den Herausforderungen, die Fische zu finden. Das muss man können. Die Tiere wechseln beständig Standort und Wassertiefe, je nach Art, je nach Wetter und Temperatur, je nach Tages- und nach Jahreszeit. Da ist Erfahrung vonnöten, Fischwissen und gute Orts- und Gewässerkenntnis. Diese Kunstfertigkeit spielt am Angelteich eher keine Rolle – da weiß jeder mit Blick auf die Becken immer, wo die Fische sind: Da drin!

Angelpark 3

Jens mit einem der Fische, die Weihnachten gegessen werden sollen.

„Das ist doch kein Angeln!“, sagen dann gerne mit dem Hochmut des Mittelmäßigen solche wie ich, die am Rhein in der letzten Zeit wieder nichts gefangen haben. Vor einiger Zeit stand im Kölner Süden ein freundlicher Herr mit am großen Fluss. Peter ist ein erfahrener, preisgekrönter Meisterangler. Und er hat keine Einwände gegen einen Tag im Angelpark. „Ist doch schön“, findet er, „Freunde treffen, paar Bier trinken, Fische fangen. Und vertun Sie sich nicht“, fügt er hinzu, „das sind oft gestandene Angler, die da stehen.“

Angelparks kommen auch bei Frauen gut an

„Wir erleben gerade eine Renaissance des Angelns“, sagt Andreas Pilgram mit Verweis auf eine Studie zum Thema. „Das passt zum Zeitgeist – das Selbstversorgen, der Reiz des Archaischen auch als Gegenreaktion auf den Veganismus.“ Das sei etwas, das auch vermehrt Frauen anzieht. Das ist interessant, Frauen sieht man bislang eher selten am Wasser. Das ändert sich gerade, sagt Pilgram.

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Valentina Baranova und ihr Mann Wladimir

Den Angelpark Eicherscheid betreiben Valentina Baranova und ihr Gatte Wladimir Baranov, die beiden kommen ursprünglich aus Sibirien. Bilder aus der schönen Heimat laufen ununterbrochen auf dem großen Fernseher in der Angelhütte. Hier gibt es Angeln, es gibt Kescher, Kühlboxen, verschiedene Köder und eigentlich alles, was man braucht und vielleicht vergessen hat. „Und wenn Sie wollen, bekommen Sie auch einen Kaffee“, sagt Valentina.

Wer angeln will, dem erklärt sie die Teichordnung: Die Fische müssen waidmännisch verarbeitet werden, kein Fisch wird zurückgesetzt. Angelscheine? Ja. „Gut.“ Am Ende wird gewogen; Preis: 10 Euro pro Kilo Fisch. Acht bis zehn Tonnen werden hier im Jahr geangelt, meist Forellen.

Ein Erfolgserlebnis für Kinder

„Ich habe hier das Angeln gelernt“, sagt Max, als Kind war er mit dem Onkel schon hier – genau so kommt man ans Angeln: Man geht ans Wasser, Wurm an den Haken und fängt – wahrscheinlich – einen ordentlichen Fisch, der später fangfrisch zubereitet wird. „Ein tolles Erfolgserlebnis für ein Kind“, sagt Max.

Zahlen, Daten, Fakten

In NRW sind etwa 250.000 Menschen im Besitz eines Fischereischeins.

Die 1100 Angelvereine im Land zählen 125000 Mitglieder.

Rund 54000 Hektar Wasserfläche stehen den Anglern zur Verfügung.

Rund 2500 Tonnen Fisch werden in NRW jährlich geangelt.

100 Aquakulturbetriebe produzieren 2000 Tonnen Fisch pro Jahr – meist Forellen.

Das Angeln ohne Fischereischein ist verboten, es ist eine Straftat; Angel- und Forellenteiche bilden da keine Ausnahme.

Den Fischereischein erhält man nach bestandener schriftlicher und praktischer Prüfung von der Unteren Fischereibehörde. Informationen gibt es unter: www.angelschein-ratgeber.de und www.fischerprüfung-köln.de

Eine Übersicht über Angel- und Forellenteiche in der Region gibt es unter: www.angelteich-nrw.de und www.simfisch.de/forellenseen-in-nordrhein-westfalen

Und ja, man wird ein besserer Angler: Man lernt, den Fisch beim Biss richtig anzuschlagen, sodass man ihn sicher landen kann; man lernt, wie die Fische auf welche Köder reagieren; man lernt den Umgang mit dem Kescher und wie man den Fang versorgt – der beste Angelschein nutzt ja nichts, wenn nicht der Schritt von der Theorie zur Praxis erfolgt.

„Weihnachten“, sagt Valentina, „ist eine besondere Zeit. Da wollen die Leute auch Karpfen, Aal und Stör haben.“ Weil diese kapitalen Fische nicht zwingend zum Besatz gehören, müssen sie bestellt werden. Ein paar Tage Vorlauf wären nicht schlecht – und ob man die Fische dann gerne fangen will oder küchenfertig geräuchert kaufen möchte, sollte man auch unbedingt mitteilen.

Denn das ist ja ein Unterschied.

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