Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Erfolgreichste Hochschule in DeutschlandWie die Uni Bonn exzellent wurde

Lesezeit 4 Minuten

Der Rektor der Uni Bonn, Michael Hoch (2.v.r.), bei der Eröffnung des akademischen Jahrs.

Bonn – Sie war der Shooting-Star in der jüngsten Runde der Exzellenzinitiative: Die Universität Bonn erhielt nicht nur den begehrten Status der Elitehochschule, sondern konnte 2018 auch gleich noch sechs Exzellenzcluster einwerben. Mehr als jede andere Universität in Deutschland. Damit kann die Uni Bonn in den kommenden sieben Jahren nicht nur über ein zusätzliches Budget von 400 bis 500 Millionen Euro verfügen. Der Sprung unter die Top-Universitäten beschert ihr auch einen nicht zu unterschätzenden Imagegewinn.

Zahlreiche Gründe für den Erfolg

Auch wenn die Uni Bonn zu den wenigen Exzellenz-Hochschulen gehört, die den Titel zum ersten Mal führen, ist die Wahl nur bedingt eine Überraschung. Denn auch in den vergangenen Jahren hat die Hochschule viele Preise erhalten: Bislang konnte sie zwölf Sonderforschungsbereiche, 39 ERC-Grants und 21 Leibniz-Preise einwerben. Und 2018 wurde der Mathematiker Peter Scholze mit der renommierten Fields-Medaille ausgezeichnet. Dennoch ist der Exzellenzstatus eine besondere Auszeichnung für die Uni. Oder wie es Rektor Michael Hoch kürzlich bei der Eröffnung des akademischen Jahres ausdrückte: „Es ist ein Meilenstein in der 200-jährigen Geschichte der Universität.“

Die Gründe für den Erfolg sind vielfältig und über viele Jahre gewachsen. Die Uni Bonn sei immer schon eine gute Hochschule – mit Stärken in der Ökonomie, Mathematik und Physik – gewesen, die obendrein gut international vernetzt war, sagte Uni-Sprecher Andreas Archut dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Allerdings hätten sich lange Zeit die Fakultäten zu wenig vernetzt und auf die Qualität der Berufungen sei nicht immer geachtet worden. Mit der Berufung von Rektor Michael Hoch, habe sich die Hochschule 2015 neu aufgestellt.

Das könnte Sie auch interessieren:

Nach einer uniweiten Forscherkonferenz, entschloss sich die Hochschule, sogenannte transdisziplinäre Forschungsbereiche (Transdisciplinary Research Areas) auszuweisen, die zwischen den sieben Fakultäten angesiedelt wurden. Zu diesen zählen etwa die Bereiche „Innovation und Technologie für eine nachhaltige Zukunft“, „Leben und Gesundheit“ und „Vergangene Welten – Zeitgenössische Fragen. Kulturen in Zeit und Raum“. Diese Netzwerke waren die Keimzellen der sechs Cluster, die Deutsche Forschungsgemeinschaft und Wissenschaftsrat nun prämiert haben.

So befasst sich das Cluster „Phenorob“ mit Methoden und Technologien, um Pflanzenwachstum zu berechnen und gezielt zu behandeln. Dafür werden Felder zunächst aus der Luft überwacht. Computer verarbeiten die Bilddaten so, dass Roboter, wenn nötig, automatisch und gezielt einzelne Pflanzen behandeln können. „Hier sprechen Informatiker und Forscher aus der Landwirtschaft miteinander, die sich zuvor nicht einmal kannten“, sagt Archut. „Diesen interdisziplinären Austausch hat es vorher in dieser Weise nicht gegeben.“

HOCHSCHULMANAGER DES JAHRES

Der Rektor der Universität Bonn, Michael Hoch, ist zum Hochschulmanager des Jahres gewählt worden. Eine Jury der „Zeit“ und des Centrum für Hochschulentwicklung würdigte ihn für seine Verdienste um die Bonner Uni. Die Juroren verwiesen auf den Erfolg der Hochschule bei der Exzellenzstrategie. „Der herausragende aktuelle Erfolg beruht maßgeblich auf einer fächerübergreifenden Profilbildung in der Forschung. In einem von Hoch angestoßenen Erneuerungsprozess wurden seit 2016 mit Professoren der Universität Bonn gemeinsam sechs transdisziplinäre Forschungsbereiche identifiziert, in denen zentrale Forschungsfragen der Zukunft ausgemacht wurden. (ris)

Auch bei den Berufungen tat sich was: So wurde unter anderem die Wirtschaftswissenschaftlerin Isabel Schnabel , die jüngst als Direktorin in die Europäische Zentralbank berufen wurde, an die Uni Bonn geholt.

Das Geld aus der Exzellenzstrategie erhält die Bonner Uni nun sieben Jahre lang von Bund und Ländern. „Das ist der Gegenwert von mehr als 1000 Stellen“, sagt Archut. „Das wird das Gesicht der Universität völlig verändern.“ Gestärkt werden sollen zum einen die transdisziplinären Forschungsbereiche, zum anderen der Nachwuchs. Zudem will die Hochschule die Zusammenarbeit mit drei renommierten Hochschulen in Melbourne, Tokio und St. Andrews in Schottland ausbauen.

Ambitionierte Ziele

Rektor Hoch formuliert nun durchaus ambitionierte Ziele: „Wir wollen auf Dauer unter die Top-3 der Universitäten in Deutschland und unter die Top-20 in der Welt.“ Dazu bedürfe es aber weiterer Anstrengungen, zumal der Exzellenzstatus der Hochschule in sieben Jahren überprüft werde. Hoch will künftig jede dritte Professur mit internationalen Dozenten besetzen, den Frauenanteil unter den Professoren von derzeit 19 Prozent auf 30 Prozent anheben und wissenschaftliche Leistungen schneller in die Gesellschaft transferieren. Hier müsse kritisch über Forschungsergebnisse diskutiert werden. „Die Universität ist ein Forum für wissenschaftliche und gesellschaftliche Debatten.“

Einige Baustellen im wörtlichen Sinn bleiben: Denn die Gebäude des Hochschul-Campus sind nicht überall in Schuss. Hoch zufolge schiebt die Universität einen Sanierungsstau von einer Milliarde Euro vor sich her. Anfang des Jahres mussten Dozenten und Studenten das marode Dachgeschoss des Hauptgebäudes im Schloss in der Bonner Innenstadt räumen – mitten in der Prüfungsphase.

In einem Institutsgebäude wurde Quecksilber gefunden und derzeit stehen rund um das Hauptgebäude Bauzäune, weil derzeit eine Tiefgarage gebaut wird. „Die baulichen Rahmenbedingungen der Universität Bonn sind desolat.“ Es gibt also noch viel zu tun. „Unsere Arbeit fängt gerade erst an“, sagt Rektor Hoch.