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AquädukteDie Baukunst der alten Römer

Lesezeit 4 Minuten

Der Pont du Gard bei Uzès in Frankreich ist ein herausragendes Dokument für den ausgeklügelten Wasserleitungsbau der Römer, die in ganz Europa, in Nordafrika und in Vorderasien ähnliche Bauwerke errichteten. Im Bild ist eine Bauphase kurz vor der Vollendung des Bauwerks zu sehen

Kreis Euskirchen – Es gibt Leute, die verrückt nach Fußball sind, andere interessieren sich für Briefmarken oder für Schmetterlinge, sammeln Bierflaschen oder Hirschgeweihe. Und ganz besonders glücklich sind diejenigen, die eine solche Leidenschaft zu ihrem Beruf machen konnten. Zu diesem eher kleinen Kreis der Menschheit gehört Klaus Grewe.

Sein mittlerweile 47 Jahre andauerndes Berufsleben hat er alten Steinen gewidmet – genauer gesagt: der römischen Wasserleitung, die sich auf einer Strecke von exakt 95,4 Kilometern von Nettersheim nach Köln schlängelt.

Unglaubliche Fülle an Informationen

Grewe, promovierter Ingenieur und seit einigen Jahren auch Professor an der RWTH Aachen, hat jetzt ein fast 400 Seiten starkes Buch herausgebracht, das mit „Aquädukte – Wasser für Roms Städte“ betitelt ist. In diesem reich bebilderten Band fächert der Fachmann für Bodendenkmäler die Geschichte des aus technischer Sicht wohl einzigartigen Bauwerks auf, das im 1. Jahrhundert nach Christus entstand.

Die Fülle an Informationen, die Klaus Grewe in seiner Dienstzeit als leitender Mitarbeiter des Rheinischen Amtes für Bodendenkmalpflege in Bonn zusammengetragen hat, ist schier unglaublich. Als Ingenieur würdigt er im ersten Teil des Buches die Baukunst der Römer, die das leichte Gefälle von den Eifelhöhen in die Rheinebene geschickt auszunutzen wussten. Besonders beeindruckend waren natürlich die Aquäduktbrücken, die den künstlichen Wasserweg über Täler hinweg führten wie etwa bei Vussem, wo Reste des ursprünglichen Bauwerks immer noch zu besichtigen sind.

Bevor Grewe, der in der Gemeinde Swisttal zu Hause ist, mit seinen Forschungen begann, war nicht eindeutig klar, wo genau der Römerkanal einst verlief. Durch Probegrabungen und Auswertungen von Geländeaufnahmen konnte der Ingenieur schließlich den Verlauf nahezu lückenlos dokumentieren. Aber die Trasse war nur ein Aspekt, den Grewe bei seiner Arbeit interessierte. Im Buch geht er unter anderem auf die Gründe ein, weshalb der Kanal überhaupt gebaut wurde.

Als Köln im Jahre 50 n. Chr. Römerstadt wurde, änderten sich dort auch die Sitten. Die Besatzer brachten einen hohen Hygienestandard mit. Und dazu war sauberes Wasser nötig. Köln wurde täglich mit unglaublich erscheinenden 20 Millionen Litern versorgt. „Die Thermen, deren Besuch für die römischen Stadtbewohner offensichtlich zum Leben gehörte wie die Luft zum Atmen, dienten der Körperpflege ebenso wie dem gesellschaftlichen Leben. Hier wurde gebadet und Sport betrieben, aber auch der neueste Klatsch verbreitet und Politik gemacht“, heißt es im Buch wörtlich.

Da die Möglichkeiten der Wasseraufbereitung damals noch nicht weit fortgeschritten waren, überlegten die Römer, wie sie sich dauerhaft mit sauberem Quellwasser versorgen konnten. Das fanden sie zunächst im Vorgebirge, später in der Eifel. Die Qualität des von ihnen benutzten Wassers war den neuen Herren am Rhein so wichtig, dass sie den Bau einer Wasserleitung in Auftrag gaben, die auch heute noch zu ungefähr der Hälfte existiert – natürlich überwiegend im Erdreich verborgen.

Dass der Wasserweg nicht an einem Stück fortschreitend gebaut wurde, sondern in verschiedenen Losen, davon ist Klaus Grewe zutiefst überzeugt. Besonders interessierte er sich für Sammelbecken – eines wurde im Mechernicher Ortsteil Eiserfey freigelegt – oder kleinere Aquäduktbrücken, gefunden zwischen Urfey und Vollem. Einstiegsschächte (etwa bei Buschhoven) zogen ebenso Grewes verstärkte Aufmerksamkeit auf sich wie Brunnenstuben (etwa in Kallmuth).

Und so wurde im Laufe der Jahre aus dem Ingenieur ein richtiger Archäologe, dessen Forschungsergebnisse weltweit Beachtung fanden. Ein ausführliches Kapitel widmet der Wissenschaftler der nicht mehr vorhandenen Hälfte des Römerkanals. Unter anderem im Mittelalter wurde die Wasserleitung nämlich als kostenloses Baumaterial benutzt. Der Kalksinter, der sich im Laufe der Jahrhunderte im Inneren der Röhre abgesetzt hatte, findet sich in zahlreichen Bauwerken wieder. Wie etwa in der Münstereifeler Stiftskirche oder im Romanischen Haus, dem heutigen Hürten-Heimat-Museum.

„In unmittelbarer Nähe zu dem Trassenabschnitt der Eifelwasserleitung liegt die Heilig-Kreuz-Kirche in Euskirchen-Kreuzweingarten. Im Inneren sind mit 30 Zentimeter die stärksten verbauten Sinterschichten zu finden“, schreibt Grewe in seinem Buch. Er sei seinem Herrgott jeden Tag dankbar dafür, dass er sich mit einem solch erfüllenden Thema habe beschäftigen dürfen, betonte Klaus Grewe im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Und weil der Römerkanal-Experte in diesem Jahr 70 wird, könnte man auf den Gedanken kommen, dass das frisch gedruckte Werk so etwas wie sein Vermächtnis darstellt. „Nein, so sehe ich das nicht. Es gibt in diesem Zusammenhang noch immer einiges zu erforschen“, versicherte Grewe lachend.