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Auffangstation in HeimerzheimPaul Greve päppelt verwaiste Eichhörnchen auf

4 min

Paul Greve und seine Tochter Maike sind inzwischen Experten für die Aufzucht der kleinen Nager.

Euskirchen/Heimerzheim – Sie lieben Nüsse aller Art, ebenso Möhren, Mais und Maronen, Pilze, Zwieback und Gurken. Was Eichhörnchen gar nicht mögen, sind Nässe und Kälte.

Die vier Jungtiere, die Kilian Greve voriges Jahr an Ostern nach einem Sturm im Heimerzheimer Burgwald am Wegesrand fand, waren „klatschnass und durchgefroren, ihre Chancen standen schlecht“, wie sein Vater Paul erzählt. „Als Kilian mich anrief, habe ich ihm gesagt, er solle auf die Mutter warten und bis dahin Hunde und Katzen von den Hörnchen fernhalten.“

Mutter Eichhorn ließ sich aber nicht blicken. Also brachte Kilian das Quartett samt dem Kobel, in dem sie steckten, ins elterliche Haus. Sein Vater legte die nur wenige Tage alten Eichhörnchen, denen der Tod durch Unterkühlung drohte, auf eine Wärmflasche und griff zum Föhn. Der angenehme Luftstrom wirkte Wunder: „Plötzlich bewegten sie sich“, erzählt der 58-Jährige.

Länger behalten als nötig ist nicht erlaubt

Dass die Tiere überlebten, hatten sie auch der guten Pflege zu verdanken, die er ihnen anschließend angedeihen ließ. „Ich habe sie alle zwei Stunden gefüttert, auch nachts. Oft war ich morgens fix und fertig“, erinnert sich Greve, der den Nagern anfangs mit der Spritze eine Mischung aus Katzenaufzugsmilch, Fencheltee und Honig einflößte.

Die notwendigen Tipps hatte er sich bei einer Freundin geholt, die sich beim Eichhörnchen-Notruf in Bonn engagiert. Diese Stelle wandte sich einige Zeit später erneut an den Heimerzheimer und bat ihn, sich um ein Eichhörnchen zu kümmern, das in Grafschaft-Ringen durch die Kollision mit einem Auto verletzt worden war.

Mittlerweile ist das Haus Greve längst als Eichhörnchen-Auffangstation bekannt. Schon um die 20 Exemplare hat die Familie bei sich aufgenommen und aufgepäppelt. Sie länger als nötig zu behalten, ist nicht erlaubt. „Eichhörnchen sind Wildtiere. Man darf sie nur dann der Natur entnehmen, wenn sie krank, verletzt, als Jungtiere von ihrer Mutter verlassen oder in einer anderen misslichen Lage sind“, sagt Greve.

Große Namen für die kleinen Bewohner

Die Tiere aus dem Burgwald nannten er und seine Tochter Maike Wusel, Sherman, Lizzy und Chuck. Lizzy erhielt ihren Namen deshalb, weil sie ihre Gastgeber mit ihrem guten Benehmen an Queen Elizabeth erinnerte. „Chuck hieß so wegen Chuck Norris: Er ist dreimal vom Tisch gefallen, ohne sich wehzutun.“

Man ahnt es: In der Auffangstation geht es humorvoll zu. Es gibt aber auch traurige Tage, wie etwa im vergangenen Sommer, als die vier Hörnchen, die seit Ostern ordentlich an Gewicht zugelegt hatten, ausgewildert wurden. Bei Maike flossen die Tränen. „Wenn man sie mit aufgezogen hat, dann mag man sie automatisch sehr“, sagt die Elfjährige.

Momentan kümmern sie und ihr Vater sich wieder um vier Tiere, um sie über den Winter zu bringen. Sie heißen Sherlock und Watson, Luise und Luna. Mit Sherlock und Watson waren die beiden neulich in der Euskirchener Marienschule zu Gast. Sie stellten das Duo in Maikes Klasse, der 5 b, im Biologieunterricht von Lehrer Giovanni Nocera vor.

Maike stellte die Pflege der Eichhörnchen ihrer Klasse an der Marienschule vor.

Die Schüler waren an diesem Tag ungewöhnlich leise. Die Kinder stellten Fragen, durften die ungewöhnlichen Gäste streicheln und hatten ihre helle Freude, als die flinken und neugierigen Nager, die wie alle ihre Artgenossen dank ihrer spitzen und scharfen Krallen meisterhafte Kletterer sind, herumtollten und über Tische und Stühle sprangen.

Ausgewildert werden die Eichhörnchen, sobald keine kalten Nächte mehr zu erwarten sind. Häufig entlässt Greve die Tiere in einem Naturschutzgebiet im Kreis Euskirchen, dessen Standort er der Öffentlichkeit nicht verraten will, zurück in die Natur.

Zu Hause hält er die Eichhörnchen derzeit in zwei Käfigen. Sie sind mit Ästen und Nestern ausgestattet, die als Kobel-Ersatz dienen. Die Tiere fühlen sich darin sichtlich wohl. Bald haben sie in der Auffangstation noch deutlich mehr Platz: In seinem Garten baut Paul Greve gerade ein großes Gehege für seine rotbraunen Schützlinge.

Der Nager-Notruf

Weil man sie immer wieder in Hausgärten sieht, „könnte man meinen, es gäbe mehr Eichhörnchen als früher“, sagt Paul Greve. „Das stimmt aber nicht. Tatsächlich kommen sie in die Wohngebiete, weil sie vom Menschen immer stärker aus ihrem ursprünglichen Lebensraum verdrängt werden. Sie brauchen viel Platz, optimal sind mehrere Etagen: Buschwerk, halbhohe Bäume, hohe Bäume. Deshalb sieht man sie oft auf Friedhöfen.“

Wer Eichhörnchen über den Winter helfen will, kann sie füttern, zum Beispiel mit Nüssen. Das Futter solle man aber nicht am Boden ablegen, so Greve, sonst sei die Gefahr zu groß, dass die Nager „von einem Wiesel oder einer Katze geholt werden“.

Zum Schutz der Eichhörnchen sollte man zudem Regentonnen abdecken. „Wenn sie einmal im Wasser gelandet sind, kommen sie nicht mehr raus“, sagt der 58-Jährige, der früher als Zahnmediziner gearbeitet hat, heute Hausmann ist und nebenbei alte Fahrzeuge restauriert.

Wer ein hilfsbedürftiges Tier findet, kann sich unter Tel. 07 00/20 02 00 12 an den Verein Eichhörnchen-Notruf wenden.

www.eichhoernchen-notruf.com