PraxiseröffnungHebammen in Bad Münstereifel wollen Schwangere und junge Mütter vernetzen

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Katja Räthe-Orth war Hebamme der Hebamme Roxy Jahn.

Eröffnen jetzt eine gemeinsame Praxis: die Hebammen Katja Räthe-Orth (l.) und Roxy Jahn.

Die Hebammen Katja Räthe-Orth und Roxy Jahn haben sich zusammengeschlossen und eröffnen in Bad Münstereifel eine neue Praxis.

Die goldene Mitte ist laut dem römischen Dichter Horaz der Maßstab für alle Dinge. Für Katja Räthe-Orth und Roxy Jahn ist die „Goldene Mitte“ mehr: Geografisch für die beiden Bad Münstereifelerinnen der Mittelpunkt zwischen ihren Wohnungen.

Aber vor allen Dingen ihre neue Hebammenpraxis an der Kölner Straße, in der sie ein Rundum-Paket für Schwangere und junge Mütter anbieten wollen – von der Vorsorge über die Wochenbettbetreuung bis zur Beratung. Auch Externe wollen die beiden mit ins Boot holen, etwa für Yoga, Babymassage oder Erste Hilfe.

Vernetzung von Frauen ist Kernarbeit der Bad Münstereifeler Hebammen

Eine weitere Kernarbeit innerhalb der Praxis ist die Vernetzung von Frauen. Denn die Situation habe sich geändert. Oft haben junge Mütter als Ansprechpartner nur ihre Männer, vielleicht noch eine der beiden frisch gebackenen Omas. „Aber die Dorfgemeinschaft, so wie früher, ist nicht mehr da“, berichtet Räthe-Orth.

Und Jahn spricht das manchmal problematische Bild junger Mütter in den sozialen Medien an, durch das suggeriert werde, dass man innerhalb von einer Woche wieder sein altes Gewicht hat und überhaupt mit Babys immer nur alles eitel Sonnenschein ist. Das Gegenteil ist oft der Fall. Und deshalb brauchen junge Mütter auch den Austausch untereinander, um zu sehen, dass andere die gleichen Probleme haben, wie man selbst.

Für Katja Räthe-Orth geht ein Traum in Erfüllung

Am Samstag wird die Hebammenpraxis, die sich über zwei Etagen erstreckt, eröffnen. Und es werden 34 Jahre Erfahrung als Hebamme gebündelt an einem Ort zusammenarbeiten. Räthe-Orth ist seit 25 Jahren in dem Beruf tätig, vor 20 Jahren war sie bei der Gründung der Praxis „Hand in Hand“ in Euskirchen dabei und später in Stotzheim selbstständig. Jahn ist seit neun Jahren Hebamme, zuerst in Alfter und seit 2019 im Kreis tätig. Kennengelernt haben sich die beiden beruflich-privat: Katja Räthe-Orth war die Hebamme ihrer Kollegin Roxy Jahn.

Roxy Jahn (l.) und Katja Räthe-Orth stehen in ihren Kursräumen im Keller.

In den Kursräumen im Keller findet ein Großteil der Arbeit statt. Vernetzung ist für die beiden Hebammen eine wichtige Aufgabe.

Elf Jahre Altersunterschied liegen zwischen den beiden Frauen. Und auch ein anderer Ansatz. Während Räthe-Orth sagt, „Es war ein Traum von mir, gemeinsam wieder etwas zu machen“, sagt Jahn: „Eine Praxis war nie Teil meiner Gedankenwelt, der Gedanke hat mich total gestresst.“ Das ist mittlerweile anders. Und was viel wichtiger ist: Beide ticken gleich. „Wir haben einen gleichen Nenner und fahren eine Linie“, sagen die beiden unisono.

Für Katja Räthe-Orth und Roxy Jahn steht die Frau im Mittelpunkt

„Bei der Hebammenarbeit ist die Frau der Kern der Arbeit“, erklärt Jahn den gemeinsamen Ansatz. „Sie wollen wir auffangen.“ Frauen sollen auf ihrem Weg von der Schwangerschaft bis zur Nachsorge begleitet werden. „Wir sehen uns die Frauen an. Wir beurteilen, verurteilen aber nicht“, so Räthe-Orth. Gemeint ist: Die beiden Hebammen geben Tipps zu bestimmten Situationen, schreiben den Frauen aber nicht vor, was sie zu tun haben. Das müssen diese dann selbst entscheiden.

Zunächst bringen beide ihren jeweiligen Kundenstamm mit. Ab 1. Januar wird die Praxis als GbR geführt, dann nehmen beide gemeinsam Frauen an. Ihr Einzugsgebiet erstreckt sich zwischen Eicherscheid und Schönau im Süden bis nach Lommersum im Norden. „In den ersten Tagen nach der Geburt kommen wir nach Hause. Wenn die Frauen wieder fit sind, also ab der dritten oder vierten Woche, kommen sie dann zu uns“, beschreiben sie das Konzept.

Diana Marx vom Kreisverband der Hebammen begrüßt neue Praxis

Dass eine neue Hebammenpraxis im Kreis entsteht, „finde ich super“, sagt Diana Marx, Vorsitzende der Hebammen im Kreis Euskirchen. Es sei immer gut, wenn Kolleginnen sich zusammenschließen. Grundsätzlich gebe es ausreichend Hebammen im Kreis: „Bisher haben wir zum Glück immer Nachwuchs bekommen, wenn Ältere ausgeschieden sind.“ Einen Mangel gebe es nur in den Kreißsälen. „In Mechernich und Euskirchen gibt es aber noch Beleghebammen“, so Marx.

Aber klar ist auch: Je weiter es in den Südkreis hineingeht, desto ausgedünnter ist die Situation, die Eifel sei unterversorgt. „Man ist teilweise schon länger unterwegs“, sagt Marx. Dafür seien im Bereich Euskirchen/Mechernich doch zahlreiche Hebammen ansässig. Schwierig sei auch die Situation in Randgebieten des Kreises oder gar des Bundeslandes – und zwar wegen der Abrechnungen. Kreisübergreifendes Arbeiten werde erschwert. Das soll sich zum 1. Januar aber ändern, wenn der Kreisverband als Verein arbeiten wird.

Viele Hebammen scheuen den gestiegenen bürokratischen Aufwand

Für Freiberufler wird die Situation durch gestiegenen Aufwand bei Administration, Dokumentation und Qualitätsmanagement immer schwieriger. „Es gab viele Umstellungen in den letzten Jahren. Einige ältere Kolleginnen scheuen das und hören dann auf“, weiß Marx. Hinzu komme, dass die horrenden Versicherungsbeiträge bei Geburtshilfe weiter steigen.

Wichtig ist aber: „Nur ein geringer Teil der Frauen bekommt keine Hebamme. Und dann versuchen wir als Kreisverband, eine Betreuung zu finden.“

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