Kommentar zur Flut 2021Wiederaufbau nach Katastrophe – die Gesellschaft kann es noch!

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Bad Münstereifel zwei Jahre nach der Flut

Fast fertiggestellt ist der Aufbau der Erftmauer in Bad Münstereifel

In Zeiten, in denen Krisen ausgenutzt werden, um einen Keil in die Gesellschaft zu treiben, kann der Wiederaufbau als positives Beispiel dienen.

Als der Deutsche Wetterdienst am Wochenende in Nordrhein-Westfalen vor Unwettern warnte, wird das bei vielen Menschen in der Region ein mulmiges Gefühl hervorgerufen haben. Tief haben sich die schrecklichen Geschehnisse aus der Flutnacht im Juli 2021 ins Gedächtnis eingebrannt. Die Betroffenen erzählen noch heute, dass sie bei langanhaltendem Regen sofort die Bilder von der zerstörerischen Kraft der Wassermassen im Kopf haben.

Flutschäden in Bad Münstereifel fast vollständig beseitigt

Und mit diesen Bildern kommt auch das Gefühl zurück, der unbändigen Wucht der Natur hilflos ausgeliefert zu sein. Zeit heilt Wunden, heißt es. Bei vielen Flutopfern wird es dafür noch mehr Zeit brauchen als die Spanne von zwei Jahren.

Trotzdem ist viel passiert seit der verhängnisvollen Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021. Wer heute beispielsweise durch das seinerzeit stark zerstörte Bad Münstereifel im Kreis Euskirchen spaziert, wird zumindest auf den ersten Blick kaum mehr etwas sehen, was an die Flutschäden erinnert. Die Wassermassen hatten Straßen bis zur Kanalisation aufgerissen, Häuser wurden regelrecht entkernt. Heute präsentieren sich die Flaniermeile und viele der pittoresken Fachwerkbauten so schön wie zuvor, zahlreiche Geschäfte sind bereits wieder geöffnet.

Kraftakt, der Respekt und Bewunderung verdient

Mit unbändiger Willens- und Schaffenskraft haben die Menschen dort und auch in anderen Flutorten den Wiederaufbau vorangetrieben. Ein Kraftakt, der größten Respekt und Bewunderung verdient. Auch, weil Behörden für die Bewohnerinnen und Bewohner – insbesondere in der Anfangsphase – unnötige bürokratische Hürden errichteten. Komplizierte Antragsformulare und zähe Genehmigungsverfahren vermittelten vielen Betroffenen das Gefühl, dass die Flut wohl nicht Strafe genug gewesen sei. Sie fühlten sich im Stich gelassen.

Inzwischen mag mit rund 3,1 Milliarden Euro ein Großteil der Finanzhilfen bewilligt sein, doch die Anlaufschwierigkeiten sollten ebenso evaluiert und kritisch analysiert werden wie fehlende Warnsysteme und mangelhafter Hochwasserschutz. Extremwetterlagen wie die von 2021 werden in Zukunft eher noch häufiger auftreten.

Die Akkus der Menschen werden immer leerer

Zudem lohnt auch weiterhin ein Blick hinter die Fassaden. Vielerorts kommen Hausbesitzer nicht weiter, weil ihnen Handwerker samt Material fehlen oder weil Versicherungen Zahlungen zurückhalten. Der Wiederaufbau zehrt an den Nerven, die Akkus der Betroffenen leeren sich zusehends. Daher ist es wichtig, ihnen weiterhin die Unterstützung zukommen zu lassen, die sie benötigen. Davon profitieren am Ende alle.

In Zeiten, in denen Krisen wie eine weltweite Pandemie und ein brutaler Angriffskrieg schamlos ausgenutzt werden, um einen Keil in die Gesellschaft zu treiben, kann die Bewältigung der Flutfolgen als positives Beispiel dienen. Viele Betroffene sind immer noch gerührt ob der tatkräftigen Hilfe und der Solidarität, die ihnen zuteil wurde und wird. Eine solche Geschlossenheit stünde den Deutschen dieser Tage auch anderweitig gut zu Gesicht.

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