Unternehmen in Bad MünstereifelAuto Heinen macht mächtig Druck
Bad Münstereifel – Ingo Schneider bringt einen der sechs Schmelzöfen mittels Hydraulikkippmechanismus in Stellung. Die Aluminiumlegierung, die der Mitarbeiter in der Schmelze der Auto Heinen GmbH langsam durch die trichterförmige Öffnung in einen Tiegel fließen lässt, ist 820 Grad Celsius heiß.
Das flüssige Metall, das je nach Mischverhältnis der einzelnen Elemente Bezeichnungen wie AISi9Cu3 oder AISi12CuNiMg trägt, transportiert Schneider anschließend mit dem Gabelstapler in die Gießerei.
Dort beginnt der nächste Prozess, Bauteile für Motoren, Getriebe, Kupplungen und Lenkungen herzustellen. Dreizehn vollautomatische Fertigungszellen für die Kaltkammergießerei, die mit einer Schließkraft von 300 bis 1200 Tonnen arbeiten, produzieren die Druckguss-Rohteile. Diese werden anschließend mittels Fräsen, Drehen oder Bohren behandelt. Durch diese Prozesse entstehen Bauteile, die bei dem Kunden in weitere Verarbeitungsschritte wie Montagen, oder auch zur direkten Verwendung am Fließband, eingesetzt werden. Alle Prozesse in den Hallen an der Heinenstraße in Bad Münstereifel müssen mit absoluter Effektivität ablaufen, um im hart umkämpften Markt den hohen Anforderungen der Automobilbranche gerecht zu werden.
Die Prozedur der Kunden- und Auftragsgewinnung ist langwierig und kann sich über Jahre hinziehen. Im Idealfall ist Auto Heinen schon im Anfangsstadium, sprich in der Entwicklungsphase, mit im Boot. „Auch wenn mit der Einbindung in die frühe Entwicklungsphase ein gewisser Vorteil in der Auftragsgewinnung entsteht, müssen am Ende alle Zahlen detailliert offengelegt werden. Um im Wettbewerb auf dem Markt bestehen zu können, sind effektive Prozesse mit höchster Produktqualität unabdingbar“, betont Robert Mahlberg, der 1977 bei Auto Heinen seine Ausbildung zum Werkzeugmacher begann. Seitdem hat der 55-Jährige, der neben der Meisterschule auf weitere Qualifizierungen setzte, im Unternehmen verschiedene Arbeitsbereiche durchlaufen. Heute obliegt ihm im Bereich Projektmanagement die Aufgabe, potenzielle Kunden von den Produkten des Traditionsunternehmens zu überzeugen.
Dabei geht es nicht nur um Kostenminimierung, Optimierung von Werkzeugwechselzeiten oder Senkung von Fehlerquoten, sondern auch um spezielle Legierungen, die unterschiedlichen Anforderungen gerecht werden müssen. Neben der Präzision der Gussteile, deren Maße sich im Abkühlungsprozess um 0,7 Prozent verringern, spielen auch Dichtheit, Dehnbarkeit, Verschleißfestigkeit und Sauberkeit je nach späterem Einsatzbereich eine maßgebliche Rolle.
Die digitale Simulation der Gießprozesse zeigt vorab den Füll- und Erstarrungsprozess, wobei die Geschwindigkeit der Berechnung dank modernster Computertechnik von 48 auf ein bis zwei Stunden gesenkt werden konnte. Eingeschlossene Luftbläschen, die im Gussteil als winzige Poren zu erkennen sind, können ebenso zum Ausschluss des Produkts führen, wie Schmutzpartikel, die in ihrer Größe vergleichbar sind mit dem Durchmesser eines Haares. Bevor die Waschanlagen in mehreren Durchgängen diese Mikroteilchen entfernen, werden Gewinde oder Zahnungen gedreht oder gefräst, oder, je nach Auftrag, weitere Komponenten montiert.
„Jeder hat Kunden, egal auf welcher Position jemand im Unternehmen steht“, verdeutlicht Mahlberg die Verantwortung des Einzelnen, den hohen Qualitätsstandard zu gewährleisten. Vollautomatische Bearbeitungslinien, in denen Roboter die Zentrierplatten für Acht-Gang-Getriebe oder Trägerteile für Cabriosicherheitsbügel in die Bearbeitungsmaschinen einlegen, in neuer Spannlage fixieren oder zur Kontrolle auf Poren vor Kameraobjektive halten, ersetzen immer mehr die manuelle Fertigung. „Um auf dem Weltmarkt mithalten zu können, sind Lohnkosten einfach zu teuer“, erläutert Mahlberg die Strategie des Unternehmens, die manuelle Fertigung immer weiter zu reduzieren. „Zukünftig werden daher mehr höher qualifizierte Mitarbeiter benötigt.“
Hier kommt Irina Stier ins Spiel. Sie organisiert Weiterbildungsmaßnahmen für die Kolleginnen und Kollegen. Die 27-Jährige, die 2007 bei Auto Heinen ihre Ausbildung zur Industriekauffrau begann, ist heute in der Personalentwicklung des Unternehmens tätig. „Es wird offen kommuniziert, dass auf dem Weg zur Automatisierung eine berufliche Weiterentwickelung für viele Mitarbeiter unumgänglich wird“, berichtet Stier, die Mitte der 1990er-Jahre als Siebenjährige mit ihrer Familie aus Kasachstan nach Euskirchen kam. „Da ist jeder auch selbst gefragt, sich auf diese Veränderungen einzulassen“ bestätigt Mahlberg aus seiner eigenen Erfahrung.
Auto Heinen bildet zudem in verschiedenen Fachbereichen aus, um selber die Grundlage für qualifiziertes Personal zu setzen. Zu den Ausbildungsberufen zählen Elektroniker, Mechatroniker, Werkzeugmechaniker, Zerspanungsmechaniker, Industriemechaniker, Gießereimechaniker und Industriekaufleute.
Alex Moser, der seine Ausbildung als Landesbester für NRW als Gießereimechaniker, Fachrichtung Druck- und Kokillenguss, im November 2015 abgeschlossen hat und von der Industrie- und Handelskammer für seine herausragende Leistung geehrt wurde, bestätigt die qualifizierte und gute Ausbildung bei Auto Heinen.