Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Stolzes PfarrjubiläumStatt 900 Jahren feiert Ripsdorf nun halt 901 Jahre

Lesezeit 5 Minuten
Neuer Inhalt

Die Tradition des Glockenbeierns wird in Ripsdorf noch gepflegt. Hier zieht Ulrich Schnichels (vorne) am Seil. 

Blankenheim/Ripsdorf – In diesem Jahr wird – wegen der Corona-Pandemie – in Ripsdorf ein besonderer Anlass gleich zwei Mal nachgefeiert: 901 Jahre besteht die Pfarrei des Dorfes. Und Ripsdorf selbst mindestens genauso lange.Den Anfang macht an diesem Wochenende die St.-Johannes-Kirchengemeinde mit dem Patronatsfest. Das Jubiläumsfest des Dorfes folgt Ende August.

„Ich habe zwei Sachen: den Karneval und die Kirche. Ich weiß nicht, was mir mehr bedeutet.“ Alois Jütten, seit mehr als 30 Jahren im Kirchenvorstand der St.-Johannes-Pfarrgemeinde von Ripsdorf, dessen stellvertretender Vorsitzender er ebenfalls seit Jahren ist, wirkt nur einen kurzen Moment lang unsicher.

Sorge vor geplanter Reform im Bistum Aachen

Die Zweifel rühren aber vermutlich eher von der Sorge um die Zukunft der Kirchengemeinde. Die, so will es das Bistum Aachen, mit der geplanten großen Bistumsreform wohl nur noch Teil eines von 50 „pastoralen Räumen“ sein wird, wie alle anderen Pfarreien im Bistum auch.

Wenige Sekunden später ist Jütten über die Zukunftssorge hinweg. Es ist der Tag vor dem diesjährigen Patronatsfest, der Kirchweih von St. Johannes Ripsdorf – und der Tag vor der Feier zum 900-jährigen Bestehen, das coronabedingt ein Jahr verspätet nachgeholt wird.

Neuer Inhalt

Das Innere von St. Johannes in Ripsdorf: Im Chorraum wurden bei Sanierungsarbeiten des Fußbodens Mitte der 1950er-Jahre die Grabkammern dreier Pfarrer entdeckt.

Frisch geputzt und mit Blumenschmuck verziert strahlt St. Johannes im Sonnenlicht. Alles ist bereit für das festliche Hochamt am morgigen Sonntag, wenn Bischof Dr. Helmut Dieser Hauptzelebrant in St. Johannes sein wird. Auch von außen ist natürlich alles vorbereitet: Die Fahnen sind gehisst, wie sonst nur an Fronleichnam, Ostern und am Weißen Sonntag.

Mit den Glocken wird eine Melodie gebeiert

Zum Feiertag wird auch ein selten zu hörendes „Geläut“ erklingen. Es wird gebeiert. Eine Gruppe Ripsdorfer Männer steigt zu dem Zweck im trutzigen Kirchturm hoch zu den Glocken. Nach einem überlieferten Rhythmus wird eine ebenso traditionelle Melodie durch Ziehen des Klöppels mit einem Seil erklingen: „Bim, bim, bam, der Heiland ist erstanden“, heiße die Weise im Volksmund in Ripsdorf, schmunzelt Alois Jütten.

St. Johannes Ripsdorf

Die Pfarrei

Aktuell hat die Pfarrei St. Johannes Ripsdorf 690 Mitglieder in Ripsdorf und Hüngersdorf, Nonnenbach und einigen dazugehörigen Weilern. Zum Sprengel gehören neben der Pfarrkirche die Kapellen St. Anna in Hüngersdorf, St. Brigida und St. Michael in Nonnenbach und die Hermann-Joseph-Kapelle an der Straße zwischen Hüngersdorf und Ripsdorf.

Zur Entstehung des kleinsten Gotteshauses im Pfarreibezirk gibt es eine Legende, die Alois Jütten aufgeschrieben hat: Demnach verirrte sich der Rittmeister Heinrich Joseph von Roesgen von Vellerhof im Schneetreiben auf den Höhen zwischen Ripsdorf und Hüngersdorf. Er gelobte für den Fall der glücklichen Heimkehr die Errichtung einer Kapelle zu Ehren des hl. Hermann-Joseph von Steinfeld. Zwischen 1860 und 1864 ließ er sie erbauen.

Zu diesem Zeitpunkt wird er im in der Region eher selten anzutreffenden zweischiffigen Kirchenbau neben der kleinen seitlichen Eingangstür eine besondere Holztafel aufgehangen haben. Sie ist mit den Namen aller Priester in Ripsdorf seit dem Jahr 1148 beschriftet.

Wie es dazu kam? Im Pfarrhaus nebenan hatte Dr. Thomas Michels, der das Gebäude 2004 gekauft und seitdem innen wie außen umfangreich saniert hat, eines Tages auf dem Dachboden eine alte Kiste entdeckt. „Darin befanden sich Fliesen. Darunter fand er ein altes Notizbuch“, so Alois Jütten. Wie sich zeigte, eine Art Haushalts-, Rechnungs- und Tagebuch der Ripsdorfer Pfarrer. Darin stand etwa, wem man Geld geliehen hatte und anderes mehr.

Neuer Inhalt

Alois Jütten mit der von ihm gefertigten Holztafel mit den Namen aller Ripsdorfer Pfarrer seit 1148.

Das Büchlein stammt vermutlich aus der Zeit um 1650, damit nah am für die Geschichte der Pfarrei wichtigen Jahr 1667, als die Kirche neu gebaut wurde. Lediglich der Kirchturm scheint noch vom ersten Bau zu stammen, von dem keinerlei Urkunden vorliegen. Der Turm wurde aus statischen Gründen 1677 wegen Baufälligkeit repariert und erhielt damals wohl die schrägen Seitenstützen, die eigentlich untypisch für Kirchenbauen in der Region sind.

Spannender Fund auf dem Dachboden

Der Dachbodenfund löste das Interesse von Michels aus: Wer war alles unter den Vorbesitzern des Pfarrhauses? Wie hießen noch weiter zurück die Pfarrer von Ripsdorf? Bei der Recherche kam ihm auch das Archiv in Kloster Steinfeld zugute. Von 1121 bis 1827 stellten die Prämonstratenser von Steinfeld die Pfarrer für Ripsdorf.

Eifelpilger

Matthias-Bruderschaft

Ripsdorf und seine Pfarrkirche sind auch unter den Eifelpilgern bekannt. So gibt es in Ripsdorf eine Matthias-Bruderschaft, die an Christi Himmelfahrt mit zwischen 80 und 100 Teilnehmern zur Fußwallfahrt nach Trier zum Grab des Apostels Matthias startet. Weitere Pilgerziele der Ripsdorfer Christen sind Barweiler (Lilienblüte-Muttergottes), Freilingen (Marienverehrung) und Langenfeld in der Osteifel zur Wallfahrtskapelle des hl. Jodokus.

Die Kirchengemeinde veranstaltet zudem monatliche Seniorennachmittage im Pfarrheim – nach der „Ripsdorfer 3G-Regel“: Gebetet, Geklönt, Gegessen. Ripsdorf hat schließlich als einziger Ort in der Gemeinde Blankenheim noch eine ehrenamtliche Pfarrbücherei, die einen Nachmittag pro Woche geöffnet ist.

1121, das Jubiläumsjahr, ist das Datum, zu dem Graf Theoderich von Are den Konvent zu Steinfeld, zu dem auch die Pfarrei Ripsdorf gehörte, an den Kölner Erzbischof Friedrich I. übertrug. Die Urkunde des Verwaltungsaktes ist zugleich die erste urkundliche Erwähnung von Ripsdorf.

Immerhin ab 1148 sind in Steinfeld alle Pfarrer in Ripsdorf verzeichnet. Die Gebeine von dreien von ihnen wurden bei Bodenarbeiten vor dem Altar 1954 in bis dahin unbekannten Grabkammern gefunden, so Alois Jütten: „Es war üblich, dass die Pfarrer in ihrer Pfarrkirche beigesetzt wurden.“

Sterbliche Überreste des Pfarrers entdeckt

Unter anderem wurden die sterblichen Überreste von Pfarrer Benedikt Ohrem, der 37 Jahre lang von 1763 bis zu seinem Tod 1800 Pfarrer in Ripsdorf war, entdeckt. Ohrem ließ die Gebäude des Pfarrhofs und 1755 das barocke Pfarrhaus errichten.

Neuer Inhalt

Aus der Kirchweihzeit stammt mutmaßlich noch der Turm, das Kirchenschiff wurde 1667 erneuert.

In jüngerer Zeit ist Ripsdorfs Pfarreigeschichte eng mit der Amtszeit von Pfarrer Josef Offermann aus Stolberg verbunden, der von 1935 bis 1972 in Ripsdorf tätig war. Nach dem Zweiten Weltkrieg baute er die Wirtschaftsgebäude zum Pfarrheim um und schuf unter anderem mit dem „Haus der Landfrau“ eine öffentliche Badeanstalt und einen öffentlichen Wäschereibetrieb in Ripsdorf.

Das könnte Sie auch interessieren:

Nicht nur diese zur Pfarrkirche gehörenden Wirtschaftsgebäude wurden immer wieder saniert, zuletzt mit viel ehrenamtlichem Engagement der Ripsdorfer Bürgerschaft und Vereine 2008 bis 2016. Auch die Pfarrkirche selbst war immer wieder Baustelle.

Im Rahmen der Feierlichkeiten wird Bischof Helmut Dieser am Sonntag, 26. Juni, ab 10.30 Uhr das Patrozinium zelebrieren. An den Gottesdienst schließen sich ein Treffen mit dem Bischof im Pfarrsaal und auf dem Pfarrhof an.