Fußballtrainer will absteigenÜlpenich wartet seit 856 Tagen auf einen Sieg

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Die Auswechselbank des TuS Ülpenich hat schon bessere Zeiten erlebt.

Zülpich-Ülpenich – „Wir haben ein Ziel – wir wollen absteigen“, sagt Timo Eschweiler. Der 36-Jährige ist Trainer des derzeit schlechtesten Vereins im Kreis Euskirchen. Seit 856 Tagen hat der TuS Ülpenich in der Kreisliga B kein Spiel mehr gewonnen.

Am 10. November 2019 gewannen die Ülpenicher letztmals. 3:0 gegen den SSV Lommersum II hieß es damals. Lange vor Corona, noch länger vor der Flut. Auch die Reserve hat in dieser Saison in der C-Klasse noch keinen Punkt geholt. Die Bilanz vom vergangenen Wochenende erneut ernüchternd: In der B-Klasse setzte es eine 3:5-Niederlage gegen Türk Gencligi und die Zweitvertretung verlor in der C-Klasse gegen die Gencligi-Reserve mit 1:4.

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Fehlenden Einsatz kann man den Spielern des TuS Ülpenich nicht vorwerfen.

Doch von Resignation oder gar Auflösungserscheinungen ist in dem Verein, den einst sogar mal Weltmeister Heinz Flohe trainierte und der zu Glanzzeiten in der Bezirksliga kickte, keine Spur. Obwohl die Hochzeiten gefühlte Lichtjahre entfernt sind. Das sieht man allein schon beim Blick aufs blau-weiße Geländer rund um den Sportplatz. Auch die Reservebank hat schon bessere Zeiten erlebt – genau wie der Rasen. „Wir haben einen der schlechtesten Plätze im Kreis“, sagt der TuS-Coach. Das Spielfeld haben die TuS-Verantwortlichen bewusst verkleinert. Auch um eigene Kräfte zu schonen, weil der Kader ein hohes Durchschnittsalter erreicht hat.

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Seit 2013 Trainer beim TuS Ülpenich: Timo Eschweiler (l.)

Trotz aller Widrigkeiten wird Fußball beim TuS Olympia Ülpenich 1910 gelebt, ist mehr als nur ein Spiel. „Ich habe bei jedem Training 14 bis 18 Jungs. Davon können andere Trainer nur träumen“, sagt Eschweiler. 2013 übernahm er die Mannschaft von Markus Esser. Aus der Interimslösung könnte ein „für immer“ geworden sein. Denn Lust am Trainerdasein hat der 36-Jährige mehr denn je. „Natürlich würden wir gerne noch mal einen Punkt holen. Wir wissen aber alle, dass es wichtigeres im Leben gibt“, sagt Eschweiler, der in dieser Spielzeit als Coach schon den einen oder anderen Rückschlag hinnehmen musste.

So wird sein Bruder Phil, immerhin Torschütze beim Sieg gegen Lommersum, wegen einer Knieverletzung kein Fußball mehr spielen. Gleiches gilt für Jannik Haack. Der Offensivspieler musste nach einer Verletzung ebenfalls seine Karriere beenden – mit gerade einmal 19 Jahren.

Fußball, Bier und Pizza

Doch dann beginnen, Eschweilers Augen zu glänzen. In ihnen spiegelt sich plötzlich eine Art Fußballromantik wider, die viele seiner Kollegen seit Jahren vermissen. „Die Jungs gehören trotzdem zur Mannschaft, identifizieren sich. Kommen zum Spiel, trinken ein Bier, sind dabei“, erzählt er. Überhaupt sei das Miteinander das große Plus. Einmal im Monat vertrinke man die Mannschaftskasse in der Dorfpizzeria. Nicht selten sitzt man nach den Spielen stundenlang in der Kabine, schaut Fußball und bestellt Pizza – Kreisliga-Fußball eben.

„Unsere Kabine ist ein Highlight“, sagt Eschweiler. Jeder Spieler hat einen festen Platz, mit Foto im Spind. An zu wenig Bass aus der Box mangelt es auch nicht. „Wir verlieren zusammen, wir gewinnen zusammen. Und wenn wir verlieren, dann immer mit Anstand“, berichtet er. Dass hinter den Worten mehr als nur eine Phrase steckt, merkt man schnell. Eschweiler steht zu seinem Wort.

Spielgemeinschaft kein Thema

Und so dürfte jetzt schon klar sein, dass es in der kommenden Saison keine SG Ülpenich-Irgendwas geben wird. „Vielleicht werden wir keine zweite Mannschaft melden, aber eine SG ist für uns in der aktuellen Situation kein Thema“, so Eschweiler. Laut dem 36-Jährigen haben sowohl der TuS Elsig als auch Nemmenich angefragt. Doch der Zusammenhalt innerhalb seines Kaders sei zu groß, um ihn aufs Spiel zu setzen. Und die Qualität für Siege in der Kreisliga C im kommenden Jahr sei schlichtweg vorhanden.

Die Spiele vom Wochenende

SF Wü-Bü gegen Metternich

Sportfreunde Wüschheim-Büllesheim – SV Metternich 3:2 (3:1). Die Sportfreunde schossen bereits in der ersten Hälfte drei Tore durch Marcel Rainer Maus (10.), Daniel Bernstein (14.) und Leo Macioszek (22.). Metternich gelang durch Timo Schönenstein (44.) sowie Patryk Krzoska (87.) lediglich noch der Anschluss. (vju) 

Dahlem-Schmidtheim - SV Sötenich II

SG Dahlem-Schmidtheim – SV Sötenich II 7:0 (4:0). Klare Angelegenheit für Dahlem-Schmidtheim gegen Sötenich. Schon nach der ersten Hälfte hatten sich Luca Caputo (20.), Antonio Schnichels (37.) und Yannick Merget (39., 45.) in die Torschützenliste eingetragen. In der zweiten Hälfte folgten Kolja Schmitz (48., 63.) und Gidion Schmitz (51.). „Das Ergebnis gibt den Spielverlauf wieder“, so der Trainer der SG Marcel Timm. „Es hätte auch noch deutlich höher ausfallen können, was aber oft an unkonzentrierten Abschlüssen lag. Festhalten muss man natürlich, dass Sötenich nie aufgesteckt hat“, erklärte Timm. (vju)

Eintracht Eifel gegen SG Oleftal

SG Eintracht Eifel – SG Oleftal 1:2 (0:1). Oleftal gewinnt nach Treffern von Joshuah Rieser (35.) und Jan Hallmann (75.). Die SG traf durch Jarne Borchmeyer (90.). (vju)

Dreiborn - Rotbachtal/Strempt

TuS DJK Dreiborn – SG Rotbachtal/Strempt 3:1 (2:0). Drei Punkte bleiben in Dreiborn nachdem durch ein Eigentor und dann Doppelpacker Matthias Herr (25., 47.) früh für klare Verhältnisse sorgten. Jake Meyer (62.) traf für Rotbachtal / Strempt. (vju)

Mutscheid - Kommern

SG Mutscheid / Effelsberg / Houverath – VfL Kommern 4:3 (2:2). Die SG holt drei Punkte im Abstiegskampf. Die Treffer erzielten für die SG Jan Dederichs (38.), Lukasz Zsibrita (43.), Julian Bodenbender (84), hinzukam ein Eigentor von Kommern. Für den VfL traf Maurice Weiermann doppelt (31., 45.), sowie Jens Große (50.). Zudem beendete Kommern das Spiel nach Gelb-Roter Karte nur noch zu Zehnt. (vju)

Firmenich - Rinnen

SSC Firmenich – SV Rinnen 1:2 (0:0). Rinnen feiert einen Auswärtssieg durch eine starke Schlussphase. Tom May (80.) und Julian Weiler (85.) drehten den das Spiel. Firmenich war durch Christian Kolb in Führung gegangen (58.). (vju)

Und dann bemüht Eschweiler eher unbewusst den legendären Vorsitzenden der Fortuna aus Köln, Jean Löhring. Der sagte einst nach dem Rauswurf von Toni Schumacher als Trainer: „Ich als Verein musste reagieren.“ Zwar hat sich Eschweiler, der nicht nur Trainer, sondern auch Vorsitzender des TuS ist, nicht selbst entlassen, aber angesprochen auf die Rückrundenvorbereitung sagt er: „Ich bin wohl der einzige Verein, der so viele Vorbereitungsspiele absolviert hat.“

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Seit mehr als 850 Tagen wartet der B-Ligist auf ein Erfolgserlebnis.

Elf Mal stand der TuS vor dem Rückrundenstart am vergangenen Wochenende nach eigenen Angaben auf dem Platz. Immerhin drei Siege fuhr man ein. „Wir haben 13, 14 Jungs, die können schon gut Fußball spielen“, sagt Eschweiler.

Das Problem sei aber, dass die ihm nur selten zur Verfügung stünden. Ein Berufsfeuerwehrmann sei genauso dabei wie zwei Pflegefachkräfte. Fußball und Schichtpläne passten eben nicht zusammen, so der leidenschaftliche Fan von Borussia Dortmund.

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Und so wünscht er sich auf lange Sicht eine Reserve, die sich aus vielen ehemaligen TuS-Kickern zusammensetzt. Eine große WhatsApp-Gruppe, die sich selbst verwaltet. „Die ersten 15 Kicker, die sich samstags melden, spielen sonntags. Das ist doch geil“, erklärt er. Und wer den „Verein Eschweiler“ kennt, der weiß, dass er mit Hochdruck auch an diesem Projekt arbeiten wird.  

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