Euskirchener Firmengeschichte geht zu EndeSüdstadt-Gärtnerei weicht einem Wohngebiet

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Zu Beginn der Abbrucharbeiten wurden die Blumentische mit ihren asbestzementhaltigen Einlegeplatten entfernt.

Zu Beginn der Abbrucharbeiten wurden die Blumentische mit ihren asbestzementhaltigen Einlegeplatten entfernt.

  • Schon 2019 wurde der Betrieb eingestellt, jetzt beginnt die Demontage: Die Gärtnerei Dahmen verschwindet von der Bildfläche.
  • Die Geschichte der Gärtnerei reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück.
  • Bevor auf dem 12.500 Quadratmeter großen Gebiet Wohnraum entstehen soll, wird das Areal zunächst von Asbest gereinigt.

Euskirchen – In der Euskirchener Südstadt geht eine lange Firmengeschichte zu Ende. Im Karree zwischen Billiger Straße, Pappelallee und Augenbroicher Straße verschwinden die Gewächshäuser der ehemaligen Gärtnerei Dahmen von der Bildfläche. Der Betrieb war schon im April 2019 eingestellt worden. Jetzt wird das Gelände geräumt, damit Platz entsteht für ein Wohngebiet.

Regie führt die Firma G und S Wohnbau. Sie wird auf dem rund 12 500 Quadratmeter großen Areal zwölf Gebäude mit insgesamt knapp 100 Wohneinheiten errichten. Im Dezember sollen die Aushubarbeiten beginnen. Ein gutes Jahr später werden die ersten Wohnungen bezugsfertig sein, wie Geschäftsführer Jörg Wiskirchen sagt.

Bauleiter Holger Nagel

Bauleiter Holger Nagel

Mit der Demontage der Gewächshäuser hat sein Unternehmen die Firma Wahl aus Remagen beauftragt. Die Arbeiten begannen am 31. August und werden rund zwei Monate dauern.

Asbesthaltiger Fensterkitt

Arbeiter haben zuerst das Gros der Seitenfenster ausgebaut. Mittlerweile sind sie dabei, die Scheiben der Glasdächer zu entfernen, wobei die meisten zu Bruch gehen. Die verschiedenen Materialien werden getrennt entsorgt, zum Teil wiederverwertet. Das gilt auch für die per Hand demontierten Seitenscheiben, die heil geblieben sind, so Bauleiter Holger Nagel.

Zu Beginn der Abbrucharbeiten wurden die Blumentische mit ihren asbestzementhaltigen Einlegeplatten entfernt.

Zu Beginn der Abbrucharbeiten wurden die Blumentische mit ihren asbestzementhaltigen Einlegeplatten entfernt.

Weil der Fensterkitt Asbest enthält, tragen die Männer Schutzkleidung, Handschuhe und Atemmasken. Sie trennen den Kitt mit einem oszillierenden Messer von den Rahmen, sodass er auf Folie fällt, die auf dem Boden ausgebreitet ist, sagt Nagel: „Alles zusammen kommt zum Abtransport in Asbest-Säcke.“ Schon vorher waren Blumentische mit asbestzementhaltigen Einlegeplatten aus den Gewächshäusern geholt worden.

Bezirksregierung Köln kontrolliert die Arbeiten

Das Gesamtkonzept ist mit der Bezirksregierung Köln abgestimmt worden, wie eine Sprecherin der Behörde auf Anfrage sagte. Die Kreisverwaltung Euskirchen nahm die Arbeiten vorigen Freitag in Augenschein. Man habe keine unsachgemäße Handhabung mit asbesthaltigen Stoffen festgestellt, erklärte Pressesprecher Sven Gnädig.

Arbeiter in Schutzkleidung bauen die Glasscheiben der Gewächshäuser aus.

Arbeiter in Schutzkleidung bauen die Glasscheiben der Gewächshäuser aus.

„Die Kontrollen von Kreis und Bezirksregierung haben ergeben, dass hier alles in bester Ordnung ist. Die Nachbarn müssen sich keine Sorgen machen“, sagt Jörg Wiskirchen mit Blick auf Anlieger der Augenbroicher Straße, die die Befürchtung geäußert hatten, dass die Arbeiter womöglich nicht vorschriftsmäßig mit dem Asbest umgehen.

Gartenwirtschaft

Familie Appel, auf die die Gärtnerei in der Südstadt zurückgeht, betrieb nach Angaben von Barbara Dahmen im 19. Jahrhundert auch eine Gartenwirtschaft in der Nähe der Kölner Straße am nordöstlichen Stadtrand von Euskirchen. „Die Gaststätte hieß im Volksmund Appelsgarten. So wurde irgendwann auch eine Straße in dieser Gegend benannt“, erzählt die Floristin. Der Name existiert heute noch. (ejb)

Die Gewächshäuser umfassen eine Fläche von rund 6500 Quadratmetern. Die jüngsten wurden 1990 errichtet, die meisten stammen aus den 1960er- und 1970er-Jahren, wie Barbara Dahmen am Mittwoch erzählte. Sie führte die Gärtnerei mit ihrem Ehemann Josef Dahmen von 1988 bis zu dessen Tod im vergangenen Jahr.

Blumen statt Bombentrichter

Vorfahren ihres Mannes, die Familie Appel, hatten auf dem Gelände im 19. Jahrhundert eine Baumschule betrieben. Nach dem Zweiten Weltkrieg, so die Floristin weiter, habe ihr Schwiegervater, der ebenfalls Josef hieß, auf dem von Bombentrichtern übersäten Grundstück eine Gärtnerei gegründet. „Anfangs hat er Schnittblumen und auch etwas Gemüse produziert, im Laufe der Jahre dann auf Beet- und Balkonpflanzen umgestellt – Primeln, Geranien, Alpenveilchen, Begonien und im Winter Weihnachtssterne.“ Die Ware habe man hauptsächlich auf dem Blumengroßmarkt in Köln verkauft, „der Einzelhandel hier in Euskirchen lief nebenbei mit“.

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Jetzt endet ein langes Kapitel. „Das ist traurig. Daran hängt viel Herzblut“, sagt Barbara Dahmen, deren Wohnhaus auf dem Areal bald auch abgerissen wird.

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