SPD EuskirchenUrgestein Leo Pelzer hat nach mehr als 41 Jahren den Stadtrat verlassen

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Das Parteihaus der SPD war für Leo Pelzer, hier vor einem Porträt des Ex-Kanzlers Helmut  Schmidt,  so etwas wie eine zweites Zuhause.   Seit Jahrzehnten gehört er zu den Stützen des  Ortsvereins.

Euskirchen – Seit dem 30. September 1979 gehörte Leo Pelzer dem Euskirchener Rat an. Mit Ablauf der Legislaturperiode am Samstag ist der SPD-Mann, der nicht mehr kandidiert hatte, aus der Stadtvertretung ausgeschieden. Im Gespräch mit Johannes Bühl blickt der 77-jährige Euskirchener auf seine Zeit als Lokalpolitiker zurück.

Herr Pelzer, vor mehr als 41 Jahren saßen Sie  zum  ersten Mal  im Stadtrat. Ist Ihnen etwas Besonderes in Erinnerung geblieben?

Leo Pelzer: Eingeprägt hat sich bei mir wenig. Eine solche Sitzung war Neuland für mich. Ich erinnere mich  aber daran, dass wir es  schwer hatten gegen die CDU, die mit einer absoluten Mehrheit ausgestattet war.    Oppositionsarbeit ist  schwierig, sie fordert einen jedoch  auch ständig heraus, eigene Ideen zu entwickeln.

Wie waren Sie in die Kommunalpolitik gekommen?

Nach meiner Schulzeit habe ich Kupferschmied und Schweißer gelernt, nach zwölf Jahren in diesem Beruf aber auf Erzieher umgeschult, sodass ich  1970 nach Euskirchen ins Landesjugendheim Erlenhof kam. Dort haben mich zwei Kollegen, die in der SPD aktiv waren, Hubert Carls und Peter Reinboth, immer wieder angesprochen, sodass  ich  1976 in die Partei eingetreten bin. Im Ortsvereinsvorstand hat man mich  ziemlich  schnell zum Kassierer gewählt – ein unbeliebter Posten, den man gerne mit Neulingen besetzt.  Später war ich dann unter anderem fünf Jahre Vorsitzender.

In den 41 Jahren im Rat haben Sie eine  Reihe von Fraktionschefs erlebt.

Ja, das fing an mit Dieter Mahlberg. Dann kamen Willi Maurer, der spätere Bürgermeister Kurt Kuckertz, Wolfgang Seeck, Martina Grundler,  Michael Stabel, Josef Schleser und Michael  Höllmann, der auch jetzt  wieder zum Fraktionsvorsitzenden gewählt worden ist. Mit unserem Nachwuchsmann  Fabian Köster-Schmücker  als Stellvertreter,  der ja  auch den Ortsverein führt, wird er ein  gutes Gespann bilden. Mit Michael Höllmann hat die Partei einen guten Fang gemacht. Er verfügt über  viel Hintergrundwissen und hält keine Schaufensterreden.

Was hat sich denn geändert seit Ihrer Anfangszeit im Rat?

Schon seit einigen Jahren geht es in den Sitzungen  überwiegend sachlich zu, was  erfreulich ist. Früher lautete das Motto häufig „Auge um Auge, Zahn um Zahn“. Auch die Zeit von  1994 bis 1999, in der  Rot und Grün als Koalition  regierten und  Kuckertz zum ersten Euskirchener  SPD-Bürgermeister machten,    sogar zum  ersten hauptamtlichen Verwaltungschef nach dem Krieg,  verlief nicht immer harmonisch. Die Zusammenarbeit war nicht einfach, unter anderem weil die Grünen mit aller Macht versuchten, ihre Vorstellungen in die Tat umzusetzen.  Manchmal wussten  wir bis zur letzten Minute vor der Abstimmung nicht, ob ein  Vorhaben gelingen würde.    

Was ist geblieben aus der relativ kurzen Zeit, in der die SPD in Euskirchen  mit das Sagen hatte?

Wir haben den Stadtbus etabliert und die Einrichtung der Verbraucherberatungsstelle in der Wilhelmstraße in die Wege geleitet. Auf beides können wir  nach wie vor sehr stolz sein.  Damals wurde auch  der Bahnhofsvorplatz  komplett umgestaltet.  Ein anderes großes Projekt war  der Bau der Galleria.

Zur Person

Leo Pelzer, geboren am 3. September 1943 in Düren, seit 2001 verwitwet, zwei Kinder, drei Enkel, scheidet nach mehr als 41 Jahren aus dem Euskirchener Stadtrat aus. Die Schwerpunkte seiner politischen Arbeit setzte der SPD-Mann im Sozialausschuss, im Ausschuss für Tiefbau und Verkehr sowie im Haupt- und Finanzausschuss. Pelzer war zudem in  einer Reihe städtischer und überörtlicher Gremien aktiv, unter anderem 35 Jahre im Vorstand des Jugendorchesters  Euskirchen (Träger der Musikschule), zehn Jahre im Aufsichtsrat des Energieversorgers e-regio sowie in der Gesellschafterversammlung der Stadtverkehrsgesellschaft SVE und in der Verbandsversammlung des Wasserversorgungsverbandes Euskirchen-Swisttal. Nach seiner Zeit als Erzieher im Landesjugendheim Erlenhof und  den Rheinischen Wohngruppen (1970 bis 1998) war er zehn Jahre stellvertretender Leiter  des Gehörloseninternats  Euskirchen. Ehrenamtlich war er  außerdem  13 Jahre Vorsitzender der  Siedlergemeinschaft Euskirchen.   (ejb)

Kurt Kuckertz wurde 1999 von Dr. Uwe Friedl abgelöst, der nun seinerseits in den Ruhestand gegangen ist.   Wie war das Verhältnis  zwischen Ihnen beiden? Sie sind ja im Rat das eine oder andere Mal mit dem Bürgermeister verbal aneinandergeraten.

Zu Beginn seiner Amtszeit haben wir uns nicht besonders gut vertragen. Damals hätte ich mit ihm keine gemeinsame Bergtour gemacht. Das ist heute anders, nachdem ich ihn einmal um ein klärendes  Gespräch gebeten hatte. Wenn ich als Stadtverordneter ein Anliegen hatte, hat er die Dinge meistens   geregelt. Dr. Friedl ist ein guter Verwaltungsmanager, sein Umgang mit Menschen hat mir nicht immer gefallen.

Wie bewerten Sie den Zustand der SPD in Euskirchen?  In Stotzheim  und Umgebung  existiert immer noch ein separater Ortsverein. Erschwert dieses Konstrukt  nicht unnötig die Fraktionsarbeit im Stadtrat?

Das soll bald geändert werden. Aus meiner Sicht ist es sinnvoll, dass  die beiden Ortsvereine wieder zusammenkommen.  Unabhängig davon hat sich die SPD-Fraktion gut entwickelt.  Wir können  auf einige Erfolge verweisen. So hat sich die Straßensozialarbeit, das Projekt Moses, fest etabliert. Und der Verjüngungsprozess läuft, ich bin dafür das beste Beispiel.

Trotzdem ist es grundsätzlich offenbar schwierig, junge Leute für die Lokalpolitik zu begeistern. Mit welchen Argumenten würden Sie  um Nachwuchs werben?

Dass der Zeitaufwand groß ist, ist kein Geheimnis. Meine Motivation habe ich immer daraus bezogen, dass  man in der Lokalpolitik  Dinge gestalten kann. Das gelingt aber nur  mit einer Mannschaft. Wer  Team-Arbeit nicht beherrscht oder nicht mag, ist für die Politik nicht geeignet.

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Worauf sind Sie als Politiker stolz, wenn Sie zurückblicken?

Eines meiner Ziele war immer, mich um die Menschen  in  meinem Wahlbezirk zu  kümmern, ihr Wohnumfeld zu verbessern. Ich habe mich beispielsweise für den Bau der Boule-Bahnen an der Eupener Straße starkgemacht und   mit der Kunsterzieherin Ingrid  Müller das triste Trafo-Häuschen an der Monschauer Straße  künstlerisch gestaltet.

Wichtig war mir auch, die Lastwagen vom Friedhofsparkplatz verbannen zu lassen, die dort lange  Besucherplätze blockiert haben. Und  auch die  Fassadensanierung an der Trauerhalle auf dem Friedhof geht auf eine Initiative von mir zurück. Als Stadtverordneter  muss man natürlich stets das große Ganze im Blick haben.

Das  habe ich  vor allem  mit meiner Arbeit im Sozialausschuss und im Ausschuss für Tiefbau und Verkehr getan. Gerade die Jugend und  andere soziale Themen haben mir stets am Herzen gelegen.

Was werden Sie vermissen, wenn Sie nicht mehr  im Rat aktiv sind? Und wie nutzen Sie die  neu gewonnene Zeit?

Vermissen werde ich das Miteinander, den Austausch mit anderen.  An den Zugewinn an Freizeit muss ich mich wohl zuerst gewöhnen. Ich reise gern, aber das ist ja jetzt schwierig. Auf jeden Fall  werde ich  weiterhin, was ich seit Jahrzehnten mache, viel mit dem Rad unterwegs sein.  Außerdem kümmere ich mich um einen Verwandten, der nach dem Tod seiner Frau Hilfe braucht.

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