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„Wir fahren nach Berlin!“Hellenthaler Gelatiere will deutsche Eismacher-Krone

Lesezeit 4 Minuten

Von seiner Eisdiele „Gelato“ in Hellenthal aus startet Pierluca Gavaz zur Meisterschaft nach Berlin.

Hellenthal – „Wir fahren nach Berlin!“ Das alljährliche Finalort-Motto beim DFB-Pokal gilt gerade auch für den 28-jährigen Pierluca Gavaz. Der Inhaber der Eisdiele „Gelato“ in Hellenthal hat sich für das deutsche Finale der World Masters der handwerklichen Eishersteller am Wochenende in der Hauptstadt qualifiziert. Es ist eine Voretappe auf dem Weg zur Weltmeisterschaft 2021 in Florenz.

Der Wettbewerb

Das „Gelato Festival“ hat Gabriele Poli aus Florenz im Jahr 2010 gegründet. Seit dem vergangenen Jahr ist daraus ein weltweiter Wettbewerb mit nationalen und internationalen Qualifikationen und Meisterschaften geworden. Er endet mit der Weltmeisterschaft 2021 in Florenz. 1559 wurde dort angeblich von Bernardo Buontalenti am Hof der Medici das erste Eis als Dessert gereicht.

Auf Basis der gesammelten Punkte in den „World Challenge“-Wettbewerben wird zudem eine Weltrangliste der 5000 besten Eismacher erstellt. Für die herausragenden Meister ihres Faches gibt es – vergleichbar mit den Gourmet-Führern – symbolische Auszeichnungen: Eine bis fünf Kronen sind zu erzielen.

Derzeit finden die diesjährigen, öffentlichen nationalen Wettbewerbe statt. Am Wochenende ist Berlin an der Reihe. Bis Mitte Juni zum Beispiel finden die Meisterschaften auch in Wien für Österreich und in Barcelona für Spanien statt.

Die Leistungsschau hat dabei auch einen dezidiert kommerziellen Charakter. „Wir wollen nicht nur die 5000 besten Eishersteller weltweit finden, sonder auch für die Branche ein Wachstum von 15 Prozent erzielen, mit einem globalen Durchschnittswert von geschätzten 50 Millionen Euro“, heißt es von Seiten der Veranstalter.

Infos zum Wettbewerb gibt es im Internet.

www.gelatofestival.com

Die „12“ als Startnummer beim Wettbewerb der besten deutschen Eishersteller hat Gavaz schon erhalten. Im offenen Food-Truck auf dem Berliner Alexanderplatz wird er so in einer Reihe mit 15 anderen Eismachern stehen. Aus seiner Eisdiele bringt Gavaz sein Rezept für „Odin’s Cassis Tarte“ mit: Schwarze Johannisbeeren, Skyr – eine Art Quark aus Island, dem Odin-Land –, weiße Schokolade und selbst gemachte Butterstreusel.

Mit dieser Neuentwicklung hatte Gavaz im April an einer der vier deutschen regionalen Vorentscheidungen zur Berliner „World Challenge“ teilgenommen, an deren Ende er als einer der 16 Besten von deutschlandweit 48 Teilnehmern in die Hauptstadt reisen kann. Schon das ist für den jungen Neu-Hellenthaler ein Erfolg. In Berlin kann er nun weitere Punkte auf dem Weg zur WM in zwei Jahren in Florenz sammeln. Aber vielleicht kommt er ja auch in Berlin schon aufs Treppchen der aktuell Besten aus Deutschland.

Das Eisgeschäft ist Familiensache

Kurz bevor er mit seiner Freundin nach Berlin abreist, ist Gavaz verständlicherweise nervös. Er ist in der sechsten Saison Inhaber der seit rund 50 Jahren bestehenden Hellenthaler Eisdiele „Gelato“. „Nervös war ich auch bei der Qualifikation, jetzt natürlich erst recht“, sagt Gavaz. Die Nervosität kommt aber nicht nur durch die knapp zwei Tage dauernde Abstimmung über seine „Odin“-Eiskreation. Dabei will er Punkte aus dem Publikum und von einer Fachjury sammeln, der unter anderem Dario Fontanella aus Mannheim angehört – er gilt als Erfinder des Spaghetti-Eis. Gavaz: „Ich muss am Freitag in Berlin aus den Zutaten, die ich mitbringe, erst mal mein Eis machen, das dann bewertet wird.“

Dabei hat Gavaz beste Voraussetzungen für das Traditionshandwerk nach italienischer Art: Sein Großvater hatte eine Eisdiele in Troisdorf und der Vater eine in Mülheim an der Ruhr. Ursprünglich stammt die Familie aus dem berühmten Eismachertal Val Di Zoldo in der Dolomiten-Provinz Belluno. Pierluca Gavaz hat nicht nur im Elternhaus Grundkenntnisse des Eismachens gelernt, sondern auch die nötigen Fortbildungen an den anerkannten Eismacher-Schulen in seiner Heimat absolviert. Er kann sich Gelatiere nennen: Eismacher, streng nach den Vorgaben des Qualitätsverbandes Uniteis, in dem Gavaz Mitglied ist.

Ob ihm das am Ende in Berlin nützen wird? „Es kommt auf jeden Fall auf Geschmack und Konsistenz des Eises, Kreativität und auch die Dekoration der Eisschale an“, weiß Pierluca Gavaz aus der Vorqualifikation. Sein „Odin’s Cassis Tarte“ wird er nach der Rückkehr aus Berlin – egal wie er dort abschneiden wird – auf die Eiskarte in Hellenthal setzen.

Gavaz ist optimistisch

Pierluca Gavaz ist unabhängig von Platzierungen einer derjenigen, die Eis jenseits von „Erdbeer, Vanille und Schoko im Hörnchen“ denken: „Unsere Eismacherwelt ist ständig im Wandel. Heute können Sie aus fast allem Eis machen: aus Gemüse, aus Kräutern, sie können Gewürze zugeben.“ Der Beruf des Gelatieres wird so immer mehr zu einer Mischung aus Konditor und Patisseur.

In Berlin steht Gavaz mit diesem Anspruch nicht allein da. Und er hat es dort auch nicht nur mit ambitionierten italienischstämmigen Kollegen zu tun. Gutes, handwerklich gemachtes Eis gibt es längst auch von deutschen Eismachern: Craft-Eis wird es häufig genannt. Die Kreationen für den Wettbewerb tragen Namen wie „Almduft“ oder „Scharfe Königin“. Das hört sich auf jeden Fall verkaufsfördernd an.

Der Gelatiere aus Hellenthal ist jedenfalls optimistisch – Odins Zaubermacht soll ihm helfen. Das Abenteuer der Berlin-Reise und die Ehre ist ihm jedenfalls schon viel wert. Und wer weiß: Vielleicht heißt es am Ende in zwei Jahren ja: Auf nach Florenz zum WM-Finale! (sli)