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Hospize in Euskirchen und MechernichEin Ort, der ein Zuhause sein soll

Lesezeit 6 Minuten

Zehn Schwerstkranke werden im Euskirchener Hospiz auf ihrem letzten Lebensweg begleitet.

Kreis Euskirchen – Sie wissen, dass ihnen nicht mehr viel Zeit bleibt. Sie werden sterben – vielleicht morgen, vielleicht in ein paar Tagen, vielleicht in ein paar Wochen. Die Menschen im Hospiz wünschen sich einen schönen, einen guten Tod – und die Mitarbeiter wollen genau das möglich machen. So gut es eben geht. Etwa 230 stationäre Hospize gibt es in Deutschland – eins davon in Euskirchen, eins in Mechernich.

Das Stella Maris in Mechernich gibt es seit 2003, im September 2011 eröffnete auf dem Gelände der ehemaligen Malzfabrik das Hospiz in Euskirchen. Zwölf Zimmer gibt es in Mechernich, zehn in der Kreisstadt. Einen Hospiz-Platz erhalten Menschen, die vom Arzt bescheinigt bekommen, an einer fortschreitenden Erkrankung zu leiden und daran sterben werden. Oder wenn sie eine besondere palliative, eine lindernde medizinische und pflegerische Versorgung brauchen.

Schicksale, die zu Herzen gehen

„Wir haben auch schon mal Schwerstkranke wieder nach Hause geschickt, weil es ihnen verhältnismäßig gut ging“, berichtet Iris Koopman-Hündgen, Leiterin des stationären Hospizes der Stiftung Marien-Hospital in Euskirchen. Das sei aber die Ausnahme. „Wir versuchen, den Gästen die Zeit so lebenswert wie möglich zu gestalten. Dazu gehören natürlich auch Besuche zuhause oder in der Stadt“, sagt Koopman-Hündgen.

„Wir betreuen 60 Palliativpatienten“

Unter dem Begriff Palliativpflege versteht man die Pflege schwerstkranker Menschen in der letzten Lebensphase. Hierbei handelt es sich meist um Tumorpatienten, aber auch um Menschen mit anderen fortschreitenden Erkrankungen mit zunehmend schwerem Verlauf.

Das Hauptanliegen der Palliativpflege und -medizin ist die Linderung von Symptomen wie Schmerzen, Übelkeit oder auch Luftnot. Das Ziel der Behandlung ist nicht die Heilung, sondern die Verbesserung der Lebensqualität im häuslichen Umfeld.

Mittlerweile gibt es in Deutschland viele Hospize, einige Palliativstationen in Krankenhäusern und auch wenige auf palliative Pflege spezialisierte ambulante Dienste. Die Diakonie-Station Euskirchen und die Caritas im Kreis bieten einen solchen Palliativpflegedienst an und den palliativen Hospizdienst an. Dafür stehen 25 bei der Diakonie weitergebildete Pflegefachkräfte zur Verfügung. Die Diakonie ist für den Nord-, die Caritas für den Südkreis zuständig. „Wir betreuen aktuell 60 Palliativpatienten. Das Durchschnittsalter ist etwa 50 Jahre. Der jüngste Patient ist 38“, sagt Walter Steinberger von der Diakonie.

Die Schicksale prallen laut Steinberger nicht so einfach an den Fachkräften ab. „Vor allem, wenn die Patienten jünger sind als die Pfleger, ist das hart“, so Steinberger. Dennoch sei die Begleitung auf dem letzten Lebensweg extrem wichtig. „Das nimmt den Menschen die Angst“, versichert er.

Als zusätzliches Angebot gibt

es im Kreis Euskirchen noch das Trauercafé Insel an der Frauenberger Straße. An jedem dritten Freitag im Monat kann sich dort unter der Leitung von Christel

Eppelt ausgetauscht werden. (tom)

Sonja Plönnes, Pflegedienstleiterin im Stella Maris, fügt hinzu: „Der Pflegebedarf kann sich innerhalb weniger Stunden ändern.“ Es sei nicht selten, dass man sich abends von einem Menschen verabschiede und ihn morgens nicht mehr begrüßen könne, weil er über Nacht verstorben sei. „Das gehört leider zu unserem Beruf dazu, aber an den Tod gewöhnt man sich nicht“, sagt Koopman-Hündgen. Man müsse die Arbeit als Berufung ansehen und nicht als Job, sagt sie: „Wenn ich nicht gerne hier arbeiten würde, könnte ich es auch sein lassen.“

Nach Plönnes’ Worten gibt es aber auch immer wieder Schicksale, die einem zu Herzen gehen. Wenn das der Fall sei, fange das Team einen auf. „Wir reden unheimlich viel miteinander, es gibt regelmäßige Supervisionen“, sagt die Stella-Maris-Chefin. Da sein – die Prämisse gilt nicht nur für die Schwerstkranken, sondern auch die Mitarbeiter. Zum Dasein gehört auch die Trauerarbeit für die Angehörigen, die noch Monate nach dem Tod eines Hospizgastes geleistet werde.

Im Mechernicher Hospiz ist in der Mitte des Gebäudes ein Baum gepflanzt worden. Davor steht ein kleiner Tisch mit Kerzen, deren Flammen in der Zugluft zittern. Daneben liegt ein aufgeschlagenes Buch. Jemand hat liebevolle Zeilen auf das weiße Papier geschrieben und ein Bild hineingeklebt. Schwestern, Angehörige oder Besucher: Immer wieder wird eine Kerze angezündet. Es ist eine Geste des Innehaltens – wenn auch nur für einen Moment, während das Leben weitergeht. In Euskirchen liegt ein ähnliches Buch in der Hospiz-Kapelle.

Beide Einrichtungen haben eins gemeinsam: Es ist schön dort – persönlich, ruhig und gemütlich. Es hängen Papiersterne in den Fenstern, frische Schnittblumen stehen auf den Fensterbänken. In Euskirchen gibt es eine Hospiz-Katze, ein Klavier. In Mechernich dürfen Hospiz-Bewohner ihr Haustier mitbringen, sofern das mit dem Alltag in der Einrichtung zu vereinbaren ist. „Ein Hospiz soll ein Ort sein, der möglichst viel auffängt und den Kranken so etwas wie ein Zuhause ist“, sagt Plönnes. Und zu Hause ist es eben persönlich, gemütlich und schön.

Keine Patienten, sondern Gäste

„Bei uns heißen die Bewohner nicht Patienten – sie sind Gäste“, erklärt Ulrike Müller, die in Mechernich die komplette Einrichtung der Communio in Christo, inklusive Langzeitpflege und Seniorenpflege, leitet.

Netzwerk

Die Bedürfnisse sterbender und trauernder Menschen sind vielschichtig und individuell. Eine umfassende Begleitung und Betreuung braucht den Erfahrungsaustausch, die gegenseitige Unterstützung und die Hilfe anderer Menschen. Um die Angebote und Aktivitäten im Kreis zusammenzufassen, haben sich Personen, Institutionen und Unternehmen zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Das Netzwerk für Sterbe- und Trauerbegleitung (NEST) setzt sich dafür ein, dass Menschen auch die letzte Phase ihres Lebens selbstbestimmt gestalten können. Ansprechperson des Netzwerks ist Ursula Koch-Traeger, Tel. 0 22 53/54 44 47. (tom)

vorsitz@nest-euskirchen.de

Wie sie sagt, werden die Gäste dennoch medizinisch versorgt, Pflegerinnen und Schwestern sind auf die Versorgung am Lebensende spezialisiert. Wer möchte, bekommt Schmerz- oder Beruhigungsmittel oder Tabletten gegen die Übelkeit.

„Es geht nicht mehr darum, den Körper künstlich am Leben zu halten. Im Hospiz passiert nichts, was der Sterbende nicht will. Wir sind nicht ständig um ihn herum, aber wenn er etwas braucht, sind wir immer da“, sagt Koopman-Hündgen. Nicht immer sichtbar, aber doch immer da zu sein, sei eine Kunst. Genau diese Zeit zu haben, sei das Schöne im Hospiz. „Im Hospiz geht es anders zu als im Altenheim, im Alltag der Pflege. Wir haben die Zeit, um uns um die Schwerstkranken zu kümmern und uns individuell auf sie einzulassen“, sagt die Euskirchener Hospiz-Leiterin.

Weil man hier mit weniger Druck seiner Arbeit nachgehen, könne, habe man keine Probleme geeignetes Personal zu finden. Immer wieder trudeln laut Koopman-Hündgen Initiativbewerbungen ein. „Die menschliche Komponente ist wichtig“, sagt sie. Es müsse passen. „Nicht jeder kann im Hospiz arbeiten“, so Koopmann-Hündgen.

Auch in Mechernich ist man mit dem Team sehr zufrieden. „Ich glaube, hier gibt es niemanden, der nicht gerne zur Arbeit kommt“, so Plönnes. Wäre es anders, würde sich das auch negativ auf die Gäste übertragen.

Wer einen Einblick in die Hospizarbeit erhalten möchte, kann ihn beim Sommerfest des Hospizes in Euskirchen am Sonntag zwischen 11 und 17 Uhr bekommen.