Freude und Hoffnung gebrachtDie schönsten Bilder vom Kaller Lichterzug

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Den Nikolaus an Bord hatte Lukas Keutgen, der mit dem liebevoll dekorierten Fahrzeug der Kaller Feuerwehr den Lichterzug anführte.

Den Nikolaus an Bord hatte Lukas Keutgen, der mit dem liebevoll dekorierten Fahrzeug der Kaller Feuerwehr den Lichterzug anführte.

Kall – Es ist ein wenig wie eine Mischung aus Weihnachtsmarkt und Karnevalszug, wenn in der Adventszeit die mit Lichterketten beleuchteten Traktoren und Lkw durch die Orte rollen, um unter dem Motto „Ein Funken Hoffnung“ Freude und Licht zu bringen. Doch wenn sich die Fahrzeuge der Fluthelfer, die in den Tagen nach der Katastrophe bei den Aufräumarbeiten halfen, in den Konvoi einreihen, bekommt es eine viel tiefere Bedeutung.

So waren am Samstag rund 30 Lastwagen und Ackerschlepper in der Gemeinde Kall unterwegs. Von Steinfeld aus rollte der Lichterzug durch Urft und Sötenich, um in Kall am Hallenbad und Feuerwehrgerätehaus vorbei den Weg durch die im Sommer überfluteten Bereiche am Neuen Markt zu nehmen. Vor der Grundschule löste sich der Zug schließlich auf.

„Wir fahren im geschlossenen Verband“, so die Ansage der Polizei, die den Lichterzug begleitete. Was bedeutete, dass beim Abbiegen an einer Kreuzung alle mitabbiegen und der andere Verkehr zu warten hat. Für die Mitarbeiter der verschiedenen Verwaltungen stellte die Genehmigung einen Kraftakt dar. Denn erst am Montag war die Idee aufgekommen, nach dem Lichterzug in der Stadt Schleiden auch in Kall einen zu veranstalten. Rund zwei Monate sei normalerweise der notwendige Vorlauf, um so ein Vorhaben zu realisieren, so die Polizisten. Doch: „Mitgefühl macht vieles möglich“, so Wilfried Lemke, der mit Blaulicht den Zug eskortierte.

Den Fendt in Kall mit Sohn Elias geschmückt

Initiator des Kaller Zugs war Georg Schmitz aus Fronrath. Nachdem am vergangenen Wochenende die Traktoren und Lkw in der Nachbarkommune unterwegs gewesen waren, hatte er sich überlegt, dass so etwas doch auch in Kall möglich sein müsse. Schließlich habe auch diese Gemeinde schwer unter dem Hochwasser gelitten. So waren im Juli in dem Pflegewohnhaus am Vogtpesch, in dem er tätig ist, die Wohnbereiche im Erdgeschoss zerstört worden. Mitarbeiter hatten in der Flutnacht die Bewohner aus dem Erdgeschoss in die oberen Stockwerke in Sicherheit bringen können. „Wir waren froh, dass niemandem etwas passiert ist“, sagte Georg Schmitz.

Als er vergangenen Montag beim Ordnungsamt sein Vorhaben angekündigt habe, sei er auf offene Ohren gestoßen. Am Mittwoch entschied die Verwaltung, Anmeldung und Genehmigungen zu übernehmen. Für die Organisation der Fahrer mit ihren Fahrzeugen war Sebastian Walter zuständig, der mit seinem Deutz teilnahm. Oldtimertraktoren waren genauso unterwegs wie riesige Ackerschlepper. Auf der Ladefläche des Lkw der Firma Völler aus Sistig fuhr ein Rentierschlitten mit; der gelbe Lastwagen aus dem Fuhrpark der Firma Kurth in Blankenheim, mit dem Dieter Hartmann unterwegs war, transportierte einen Weihnachtsmann.

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Hunderte Menschen versammelten sich in Urft, Sötenich oder Kall, um den Lichterzug zu verfolgen. „Mein Mann Marco fährt auch mit“, so Silke aus Sötenich. Mit seinem Sohn Elias habe er den ganzen Tag seinen Fendt geschmückt. „Elias hatte damit nach der Flut in Satzvey geholfen, er wollte auf jeden Fall mitfahren“, sagte sie. Jedes Mal, wenn sie durch Kall fahre, denke sie an die Flut. „Ich finde es gut, dass man uns auf diese Weise ein Licht bringt, das schafft Gemeinschaft.“ Gerade jetzt, wo wegen Corona Treffen wieder schwierig seien, sei das wichtig.

„Die Kinder wollten die Traktoren sehen“, sagte Michael Thelen aus Steinfelderheistert. Mit den Schleppern seines landwirtschaftlichen Betriebes hatte er nach dem Hochwasser in Schleiden und Gemünd geholfen: „Daran denkt man an so einem Abend zurück.“

Mit Beifall feierte das Publikum am Straßenrand den Konvoi, der laut hupend vorüberzog. Auch für Georg Schmitz, der auf dem Traktor seines Nachbarn Ralf Mertens am Zug teilnahm, waren das emotionale Momente: „Da sind einem auch mal ein paar Tränen gekommen.“ Und: „Ich habe die ganzen Fahrzeuge erst am Schluss gesehen, als sich der Lichterzug auflöste.“

Erinnerungen an die Flutnacht

Im Publikum kamen auch die Erinnerungen an die Flutnacht hoch. Jonas, Stefan und Christoph Mager verfolgten den Zug von vor dem Haus ihrer Tante am Neuen Markt. Über die Julinacht sagte Stefan Mager: „Eigentlich hatte ich meiner Frau gesagt, ich komme gleich wieder, ich fahre nur kurz mal den Keller abdichten.“ Doch bald mussten er und der zur Hilfe geeilte Jonas den Kampf gegen die immer weiter steigenden Fluten aufgeben. Als sie Gasgeruch wahrnahmen, flüchteten sie aus dem Gebäude und standen bis zum Hals im Wasser, wo sie fast von dem Wohnwagen des Nachbarn getroffen worden wären. „Einen Meter weiter, und wir wären weg gewesen“, erzählte er.

Noch heute könne er diesen Weg nicht entlangfahren, ohne an diese Nacht zu denken. Die materiellen Folgen der Flut seien etwas ganz anderes als die Traumata, ergänzte Christoph Mager, der am nächsten Tag aus Köln zur Unterstützung gekommen war: „Emotionalität kann man nicht versichern.“

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