Keine Familien „zweiter Klasse“Gemeinde Kall erhöht Zuschüsse für Essen in Grundschulen und Kitas

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Eine Kantinenküche mit leeren Regalen.

Weil die Küche in der Grundschule Kall seit der Flut nicht mehr genutzt werden kann, wird das Essen angeliefert.

Aktuell unterstützt die Gemeinde die Mittagessen an den Grundschulen Kall und Sistig mit zehn Euro pro Kind und Monat.

Die Kaller Politik will die Gemeinde attraktiver für junge Familien machen und wird deshalb ab August 2023 mehr Geld für das Mittagessen in den Offenen Ganztagsschulen und den Kindertagesstätten ausgeben. Der Haupt- und Finanzausschuss hat entschieden, dass die Zuschüsse für die gemeindeeigenen Schulen um 50 Prozent angehoben und zusätzlich erstmals auch die Kindertagesstätten in freier Trägerschaft unterstützt werden. Das führt laut Verwaltung zu freiwilligen Mehrausgaben von jährlich rund 65.000 Euro.

Wenn die geplante Kita in der Auelstraße in Betrieb geht, werden noch rund 20.000 Euro hinzukommen. Die Verwaltung hatte mit Verweis auf die Haushaltslage davon abgeraten, die Zuschüsse auszuweiten. Aktuell unterstützt die Gemeinde die Mittagessen an den Grundschulen Kall und Sistig mit zehn Euro pro Kind und Monat. Das verursacht laut Verwaltungsvorlage Kosten von 24.000 Euro pro Jahr. Die Ausgaben werden durch die beschlossene Verdoppelung künftig auf 48.000 Euro pro Jahr steigen.

Eltern müssen derzeit nur zwei Euro pro Mahlzeit zahlen

Die Schule in Kall erhält zudem aktuell aufgrund der besonderen Situation mit der Unterbringung in Containern einen weiteren Zuschuss von 62 000 Euro in diesem Jahr. „Weil die Schulküche seit der Flut nicht mehr genutzt werden kann, wird das Essen von einem Caterer angeliefert. Deshalb sind die Kosten pro Essen höher als vorher“, sagte Alice Gempfer, stellvertretende Teamleiterin für den Bereich Schule und Kindergärten. Auch um diese Mehrkosten abzufangen, sei der Zuschuss der Gemeinde erhöht worden.

Eltern müssten derzeit nur zwei Euro pro Mahlzeit zahlen. In den von der Gemeinde betriebenen Kindergärten werden bislang 50 Prozent der Kosten für die Mittagessen der Kinder übernommen. Dafür sind im Haushalt 2023 rund 75.000 Euro veranschlagt. Diese Regelung bleibt unverändert. Anders sieht es mit der inklusiven Kindertagesstätte St. Nikolaus der Caritas Lebenswelten GmbH und dem Waldkindergarten „Amselnest“ der KitaRouter GmbH aus. Die freien Träger bekommen bislang keine Unterstützung für die Mittagessen. Um den Zuschussbedarf der Gemeinde zu ermitteln, hatte die Verwaltung deshalb bei den beiden Trägern die Essenspreise und die Anzahl der durchschnittlich verteilten Mittagessen abgefragt.

„Darf keine Familien zweiter Klasse geben"

Heraus kam, dass in den beiden Einrichtungen zurzeit 90 Kinder mittags verköstigt werden. Nach der beschlossenen Neuregelung erhalten die Kitas dafür künftig einen Zuschuss von insgesamt knapp 39.000 Euro. Der Posten wird nach der für 2024 geplanten Inbetriebnahme der Kindertageseinrichtung Auelstraße noch um knapp 20.000 Euro steigen. „In den aktuell wirtschaftlich schwierigen Zeiten wollen wir den Eltern ein Stück weit unter die Arme greifen und für einen gewissen Inflationsausgleich sorgen“, erklärte Emmanuel Kunz (SPD). Die Regelung, dass die freien Träger von Kindergärten keinen Zuschuss erhalten, müsse abgeschafft werden: „Es darf keine Familien zweiter Klasse geben.“ Das Ziel müssten qualitativ hochwertige und zugleich bezahlbare Mahlzeiten sein.

Die Kinder, die keinen Kitaplatz bekommen und deshalb auf andere Angebote ausgewichen sind, werden nicht berücksichtigt.
Bert Spilles, CDU

Bert Spilles (CDU) kritisierte, dass die Vorlage „zu kurz gesprungen“ sei: „Die Kinder, die keinen Kitaplatz bekommen und deshalb auf andere Angebote ausgewichen sind, werden nicht berücksichtigt. Das gilt auch für die Jungen und Mädchen, die Einrichtungen außerhalb der Gemeinde besuchen.“ „Wir versuchen damit Ungerechtigkeiten zu verringern“, meinte Dr. Manfred Wolter (FDP). Spilles habe nun weitere angesprochen, die man sich ansehen müsse. Jörg Jenke (Grüne) betonte: „Langfristig wären kostenlose Essen wünschenswert.“

Sein Parteifreund Dr. Guido Huppertz erinnerte daran, dass die Gemeinde bei der Ansiedlung jungen Familien im Wettbewerb mit anderen Kommunen stehe und deshalb etwas für ihre Attraktivität tun müsse. Die Argumente konnte Martin Diefenbach, Teamleiter der Kämmerei, nachvollziehen, mahnte aber: „Als Mitarbeiter der Kämmerei kann ich nur dafür plädieren, von der Ausweitung der Zuschüsse abzusehen. Freiwillige Leistungen belasten den Haushalt auf lange Sicht.“

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