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Tierzucht in KallChristopher Kettner und Pascasia Schildt züchten Alpakas in Straßbüsch

Lesezeit 4 Minuten

Straßbüsch – Eine Kreuzung aus Teddybär und Kamel mit Beatles-Frisur schaut den Betrachter mit treu-dummen Augen an – und jodelt! Die Geräusche, die Alpakas von sich geben, entsprechen eher nicht denen, die man sich bei solch einem Tier vorstellt. Dafür sollen sie sehr beruhigend wirken. Christopher Kettner und Pascasia Schildt sprechen scherzhaft auch von Alpaka-Therapie. „Wer sehr gestresst ist, sollte sich einfach mit einem Hocker in den Stall setzen, die Tiere angucken und zuhören, wie sie sich summend unterhalten. Dabei kann man sehr gut entspannen“, sagt Kettner lachend. Kettner und Schildt halten seit ein paar Monaten Alpakas in ihrem Hof Hermanns in Straßbüsch. Der Rettungsassistent und die studierte Agrarwirtin möchten die Tiere züchten, um aus ihrer Wolle hochwertige Produkte herzustellen.

Feine Fasern im Fokus

Seit August leben die beiden auf dem Hof. Die Tiere sind etwas später zu ihnen gezogen. Vier Stück sind es – noch. „Alpakas sind Herdentiere. Und da eine Herde mindestens aus drei Tieren besteht, haben wir vier angeschafft. Wir haben sie aus einem sehr großen Zuchtstall in Windeck.“ Schildt und Kettner betonen, dass es sich bei den schönen Tieren um Zucht- und keineswegs um Kuscheltiere handle. „Wir wollen unsere Tiere auch nicht zähmen. Wenn man ihnen ein Halfter anzieht, kommen sie zwar mit, aber auf Zurufen reagieren sie nicht“, weiß Kettner.

In der Straßbüscher Herde leben vorläufig vier Stuten. Zum Decken müssen die beiden Neuzüchter mit den Tieren immer nach Windeck fahren. Die Auswahl der Stuten war auch gar nicht so einfach. „Wir wollen natürlich auf eine feine Faser hin züchten. Manche Tiere haben ein Fell mit feiner Faser, manche nicht. Dafür vererben sie es vielleicht. Das kommt immer drauf an“, beschreibt Kettner die Schwierigkeiten.

Für ihre Herde wählten sie die Leitstute Joy, die Zuchtstute Kaley und ihr Fohlen Kiss sowie die weiße Lindsay. Nur bei ihr lag dem Kauf keine taktische Überlegung zugrunde. Sie ist ein reines Hobbytier. Denn Lindsay war das erste Fohlen, dass Pascasia auf dem Arm hatte: Es war Liebe auf den ersten Blick. Lindsay hat bereits mit Problemen zu kämpfen, die auch Menschen nicht unbekannt sind: Sie hatte sich den Ischiasnerv eingeklemmt und musste, um die Rückenschmerzen zu lindern, ein Mäntelchen tragen. „Wir haben einfach die größte Hundedecke genommen, die es gab“, berichtet Schildt.

Sie ist auch die treibende Kraft hinter dem Plan der Alpakazucht. „Ich habe meine Bachelor-Arbeit über die Zucht von Alpakas geschrieben und welchen Einfluss die Fütterung auf die Faserqualität hat. Dafür war ich damals oft in Windeck. Und als die Tiere mich mit ihren großen Augen anschauten und ansummten, hat mich das Virus gepackt“, berichtet die 25-Jährige.

Kettners Großeltern kommen aus der Landwirtschaft und sowohl für ihn als auch seine Lebensgefährtin war klar, dass sie gemeinsam einmal Tiere halten wollen. Etwas Normales wie Kühe oder Schwein sollte es aber nicht sein. „Wir wollten gerne ein Nischenprodukt halten“, so Schildt. Als sie sich im Zuge ihrer Bachelor-Arbeit ausgiebig mit den Tieren beschäftigte, fiel die Wahl schnell auf die putzigen Alpakas, die übrigens zu den Kamelen gehören. „Die Tiere sind Schwielensohler und daher sehr bodenschonend. Sie kommen gut mit kühlen Temperaturen zurecht und benötigen keine großen Flächen wie zum Beispiel Kühe“, erklärt Schildt: „Außerdem ist Alpakawolle ein Nischenprodukt, das in Deutschland gerade auf dem Vormarsch ist.“

Drei bis fünf Kilogramm Wolle

Auf diese kostbare Wolle haben Schildt und Kettner ein Auge geworfen. Ein Alpaka wird einmal pro Jahr geschoren. Meist erhält man von einem Tier drei bis fünf Kilogramm Wolle. „Wir haben eine Kooperationen mit zwei Wollmühlen. Eine ist in Norddeutschland. Dort wird die Wolle gereinigt und zu Decken verarbeitet. Die Decken können sehr dünn sein, halten aber trotzdem die Wärme. In einer zweiten Mühle in Bayern lassen wir unsere Wolle spinnen, damit Kunden sie später selbst verarbeiten können“, erklärt Kettner.

„Das Tolle an Alpakawolle ist, dass sie allergikerfreundlich ist. Die Wolle enthält nämlich kein Wollfett, wie die von Schafen. Deswegen ist auch das Scheren etwas aufwendiger“, so Schildt weiter. „Ich habe den Test gemacht und meinen allergischen Kollegen in unseren Stall gestellt“, verrät Kettner schmunzelnd: „Es ist nichts passiert.“

Die beiden haben noch viele Pläne für ihre drei Hektar Land. „Wir wollen die umliegenden Wiesen in Weideparzellen einteilen und unser eigenes Heu produzieren. Dieses Jahr bekommen wir außerdem zwei Fohlen und kaufen vielleicht noch ein Tier dazu“, so Kettner. Damit nicht genug: Christopher Kettner und Pascasia Schildt planen für März die Eröffnung eines Hofladens.