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TechnikAmateur-Funker im Kreis Euskirchen haben auch ohne Internet Kontakte in alle Welt

Lesezeit 7 Minuten
Funker Klaus Baer inmitten seines Equipments, das um ihn herum steht.

Ein bisschen wie in einem Cockpit sieht es in Klaus Baers Shack aus. Der ganze Raum ist vollgestopft mit Technik.

Amateur-Funker sind keineswegs Laien. Sie sind hochmodern ausgestattet, technisch versiert und können bei Katastrophen helfen.

Es rauscht und knistert, es piepst und jault. Dann sind Wortfetzen zu hören, aber nicht zu verstehen. Kurz gesagt: Es klingt genau so, wie man sich Amateurfunk vorstellt. Allerdings sieht es ganz anders aus als erwartet, nämlich hochmodern. Die Vorstellung von solider, aber doch eher altertümlicher Technik sollte schnellstens aufgeben, wer mit Funk-Amateuren zu tun hat. Und am besten auch den Begriff Amateur weglassen. „Funk-Amateure heißt nicht, dass wir Amateure sind“, stellt Hans-Jürgen Bersch klar.

Bersch ist Vorsitzender des Ortsverbandes Rureifel des Deutschen Amateur-Radio-Clubs (DARC). Der Ortsverband, Ende vergangenen Jahres entstanden durch den Zusammenschluss der Ortsverbände Rurland und Nordeifel, trägt die Nummer G26. Wie es in der Funkersprache überhaupt wimmelt von Abkürzungen, die auf den Laien höchst verwirrend wirken. „Wir können mit wenigen Buchstaben einen ganzen Satz sagen“,  erklärt der Fachmann.

Auch in Not- und Katastrophenfällen können die Funker helfen

„Amateurfunkdienst ist ein Funkdienst, der von Funkamateuren untereinander, zu experimentellen und technisch-wissenschaftlichen Studien, zur eigenen Weiterbildung, zur Völkerverständigung und zur Unterstützung von Hilfsaktionen in Not- und Katastrophenfällen wahrgenommen wird“, so steht es im Gesetz über den Amateurfunk. Das mit der Hilfe bei Katastrophen sei hierzulande nicht unbedingt erwünscht, bedauert Bersch. In den USA würden die Funker da wesentlich stärker eingebunden.

Im Distrikt G (Köln-Aachen) gibt es zwölf Notfunk-Kreise mit jeweils einer Leitstelle. Sie können nicht nur miteinander sprechen, sondern auch Mails verschicken. Die Ziele des Notfunks sind klar definiert. Zum einen geht es um Hilfe untereinander, für Angehörige und Nachbarn. Mithilfe der Notfunkteilnehmer soll ein Lagebild erstellt werden, außerdem sollen Bedarfsgüter koordiniert und Informationen weitergegeben werden. Wie es funktionieren kann, ist im Nachbarkreis zu beobachten (siehe weiter unten: „Im Fall der Fälle helfen Funker“).

Auf einer Weltkarte ist durch rote Markierungen zu sehen, wo der Funker gerade Kontakt mit einem anderen Funker hatte.

Auf dem Bildschirm sind die Stellen, mit denen Baer Funkkontakt hatte, rot markiert. Zu sehen ist auch, wo es gerade hell ist auf der Welt und wo Nacht ist.

Zahlreiche Antennen eines Amateurfunkers ragen in Schleiden-Schöneseiffen in den Himmel.

Ein ganzer Wald von Antennen steht im Garten der Familie Bear in Schöneseiffen.

Klaus und Andrea Baer gewähren Zutritt zu ihrem Shack – so heißt der Funkraum in der Fachsprache. Dass in dem Haus in Schöneseiffen Funker wohnen, ist nicht zu übersehen. Im Garten steht ein ganzer Wald unterschiedlich großer Antennen.

Und spätestens im Shack wird klar, dass hier modernste Technik genutzt wird. In einem Regal stehen die Geräte, mit denen Klaus Baers Leidenschaft ihren Anfang nahm. Jetzt setzt er sich ans Laptop, vor sich zwei große Bildschirme, auf denen die staunende Zuschauerin später sehen wird, wo auf der Welt gerade die Grenze zwischen Tag und Nacht, zwischen hell und dunkel verläuft. Und mit welchen entlegenen Punkten auf dem Globus Baer in Kontakt getreten ist.

Die Kontakte können Plaudereien sein oder nur ganz kurz dauern

Ein paar Minuten scheint es allerdings, als verhalle sein Ruf in den Äther ungehört. Oscar Eco sieben, Alpha Whisky Tango – die Kennungen erinnern an alte Agentenfilme. Endlich bekommt der Eifeler Antwort. Ein Funker aus der Steiermark nimmt das Gesprächsangebot an. Jeder erzählt ein bisschen über seine Station, dann noch ein kleiner Plausch übers Wetter – in der Steiermark ist der Himmel klar, die Nacht dürfte kalt werden. Und dann die entscheidende Frage: Ob der Steiermärker denn eine QSL-Karte wolle, und wenn ja, digital oder per Post.

Zwei Männer und eine Frau stehen beieinander. Sie bilden den Vorstand des Ortsverbands Rureifel.

Ihr Fachwissen in Sachen Funken teilen Peter Schmücking (v.l.), Andrea Baer und Hans-Jürgen Bersch gern.

In einem Regal stehen technische Gerätschaften, die beim Funken zum Einsatz kamen oder kommen.

So fing alles an: Die alten Funkgeräte haben immer noch ihren Platz in einem Regal, auch wenn sie nicht mehr benutzt werden.

QSL-Karten, so erklärt Peter Schmücking, seien die Bestätigung, dass ein Funkkontakt stattgefunden habe. Er ist Referent für Presse, Ausbildung und EMV, was für elektromagnetische Verträglichkeit steht. QSL dagegen heißt schlicht „Ich bestätige den Empfang“. Schmücking zeigt ein paar unterschiedlich gestaltete Postkarten, die er für diesen Zweck hat. Der Mann aus den Alpen möchte es lieber digital. Klaus Baer hätte es sonst einfach gehabt: Er hätte die Karte einfach seiner Frau in die Hand gedrückt, denn die ist stellvertretende QSL-Managerin und damit für die Weiterleitung zuständig.

Funk-Amateure kennen keine Einsamkeit im Alter.
Peter Schmücking von der DARC Rureifel

Der nächste Kontakt läuft ganz anders ab. Die Stimme kommt etwas gehetzt an, aber nicht etwa, weil sich der fremde Funker in einer Notlage befunden hätte. Er nimmt gerade an einem Wettbewerb teil, bei dem möglichst viele Kontakte binnen zwei Stunden hergestellt werden müssen. Für Small Talk ist da schlicht keine Zeit, die Verbindung ist schon beendet, bevor Baer nachfragen kann.

„Unser Hobby ist so vielseitig“, sagt der Funker aus Schöneseiffen. Das ist einmal die Faszination an der Technik, aber auch das Tüfteln. Das sind die Kontakte in alle Welt, aber auch und vor allem mit den gleichgesinnten Vereinsmitgliedern. Jeder suche sich seine Nische, so beschreibt es Hans-Jürgen Bersch. Der eine bastele sich das Funkgerät selbst, der andere sammele internationale Kontakte wie andere Leute Briefmarken.

In der Corona-Zeit erhielt das Hobby eine neue Bedeutung

In der Corona-Zeit, so erzählt Peter Schmücking, seien viele alte Funkgeräte entstaubt worden. Jeden Abend hätten sich Vereinsmitglieder auf dem 80-Meter-Band getroffen. Schmücking: „Da haben wir einander besser kennengelernt als vor Corona. Unser Hobby hat dadurch neues Leben bekommen.“ Seit fünf Jahren trifft sich die Nordeifelrunde jeden Abend auf der Kurzwelle im 80-Meter-Band auf 3626 kHz. Jeder Besitzer eines Kurzwellenempfängers sei eingeladen, dabei zuzuhören, sagt Schmücking.

Und dann schwärmen alle vier von dem Field Day, den der Ortsverband im Sommer wieder veranstalten will. Da bauen die Mitglieder eine Funkstation auf, die mindestens 100 Meter von der nächsten festen Stromquelle entfernt sein muss. Und dann wird 24 Stunden lang gefunkt, 400 bis 600 Verbindungen werden da hergestellt.

Dass es schwierig ist, junge Leute für das Hobby zu begeistern, ist den Vorstandsmitgliedern klar. Mit dem Internet ist halt schwer zu konkurrieren. Der Altersdurchschnitt liege über 60. Doch Schmücking sieht auch das positiv: „Funk-Amateure kennen keine Einsamkeit im Alter. “


Lebenslanges Lernen mit Spaß

Im November des vergangenen Jahres haben sich die DARC-Ortsverbände Rurland und Nordeifel zum Ortsverband G26 Rureifel zusammengeschlossen. Die Mitglieder des neuen Ortsverbands – 56 sind es – wohnen in der Städteregion Aachen, dem Kreis Düren und dem Kreis Euskirchen. Sie treffen sich jeden ersten Freitag im Monat um 19 Uhr im Landgasthof Stollenwerk, Im Hech 4, in Simmerath-Steckenborn.

Im Bauernmuseum Lammersdorf treffen sich an jedem dritten Freitag im Monat Funkamateure des Ortsverbandes, Technikinteressierte und Gäste zu Ausbildungsabenden, Technikprojekten und Gesprächsrunden. „Lebenslanges Lernen, aber bitte mit Spaß“ lautet das Motto.

Der DARC-Ortsverband Rureifel bietet einen Lehrgang für die Vorbereitung auf die Einsteiger-Prüfung zur Klasse N an. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Anmeldung bei Peter Schmücking, Tel. 02471/3105 oder per E-Mail.


Im Fall der Fälle helfen Funker

Schon seit 25 Jahren arbeiten in Hürth (Rhein-Erft-Kreis) Feuerwehr und Funkamateure zusammen. Vor der Jahrtausendwende sei ein Ausfall der Infrastrukturen befürchtet worden, erinnert sich Michael Mund, Leiter der Feuerwehr Hürth. Um gewappnet zu sein, falls kein Telefon mehr funktioniert, wurden damals in jedem Ort Anlaufstellen eingerichtet für den Fall, dass jemand einen Notruf absetzen musste.

„Wir haben schnell erkannt, dass auch bei einem langfristigen Stromausfall die Hilfe der Funk-Amateure sinnvoll sein kann“, sagt Mund. Oder auch bei einem Cyber-Angriff, der die Handysysteme lahmlegt. Deshalb ist der DARC-Ortsverband Hürth mittlerweile eine Unterstützungseinheit der Feuerwehr. Die Mitglieder seien auch mit der Funktechnik der Feuerwehr vertraut. Sie würden beispielsweise auch bei Großveranstaltungen eingebunden, bei denen eventuell die Handynetze überlastet werden könnten.

„Wir ergänzen die Truppenstärke“, so formuliert es Edgar Kindel, Vorsitzender der DARC-Ortsgruppe. Es sei klar, dass die Mitglieder, die oft in fortgeschrittenem Alter seien, im Falle einer Katastrophe keine Sandsäcke schleppen könnten: „Aber Informationen einholen kann man auch mit 80 noch.“  Die meisten Funkamateure haben Akkus oder Notstromaggregate, um auch bei einem flächendeckenden, längerfristigen Stromausfall, dem gefürchteten Blackout, Kontakt halten und Nachrichten zu übermitteln zu können.

Edgar Kindel hält nicht nur die Zusammenarbeit mit der Feuerwehr, sondern auch mit Hilfsorganisationen wie DRK oder THW für wichtig. Es gehe darum, Ressourcen zu bündeln und sinnvoll zu nutzen. Deshalb üben die Hürther Funker auch immer wieder gemeinsam mit der Feuerwehr. Die DARC-Mitglieder seien gut strukturiert, lobt Michael Mund. Er nennt die Kooperation ein Leuchtturmprojekt, von dem beide Seiten profitierten. Funker und Feuerwehr haben sich auf dem Stadtfest auch gemeinsam präsentiert.