Der CDU-Abgeordnete Seif ist erleichtert, nachdem Friedrich Merz doch noch zum Kanzler gewählt wurde. AfD-Mann Lucassen sieht Merz beschädigt.
BundeskanzlerDetlef Seif (CDU) spricht nach Merz' Wahl von einem „leichten Fehlstart“

Detlef Seif glaubt, dass die Wahl von Friedrich Merz zum Bundeskanzler noch zustande kommt.
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Aus Detlef Seifs Worten sprach pure Erleichterung: „Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen“, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete aus Weilerswist, nachdem Friedrich Merz am Dienstagnachmittag doch noch zum Bundeskanzler gewählt worden war.
„Instabile Verhältnisse wären das Letzte, das wir hätten gebrauchen können“, fügte Seif hinzu. Merz' Scheitern im ersten Wahlgang umschrieb er als einen „leichten Fehlstart“. Er sei froh, dass mit der Wahl eine Zitterpartie verhindert worden sei, die bis zum dritten Versuch zwei Wochen hätte dauern können: „In dieser Zeit hätte viel Porzellan zerschlagen werden können.“
Am Mittag war die Enttäuschung bei Detlef Seif groß
Am Mittag hatte Detlef Seif seine Enttäuschung darüber, dass Friedrich Merz im ersten Durchgang gescheitert war, nicht verhehlt. Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD hatten in geheimer Wahl die erforderliche Mehrheit von 316 Stimmen nicht zustande gebracht. Er sagte auf Anfrage, er habe „gedacht, dass sich jeder Einzelne seiner Verantwortung bewusst“ und im Klaren darüber sei, „wo dieses Land steht und was es braucht“.
Dass das erste Wahlergebnis nicht dementsprechend ausgefallen sei, sei „einfach nur traurig und schade“, fügte Seif hinzu: „Hier ist die Chance verpasst worden, ein Zeichen des Aufbruchs zu setzen.“
In der aktuellen Situation kann ,Verantwortung für Deutschland' nur bedeuten, dass wir schnellstmöglich eine stabile Regierung bilden.
Überlegungen, welche Abgeordneten von Union und SPD dem CDU-Vorsitzenden die Gefolgschaft verweigert haben könnten, seien Spekulation. Unabhängig davon wisse er nicht, welche Motivation hinter diesem Wahlverhalten stecke, so Seif, der im Bundestag den Kreis Euskirchen und Teile des Rhein-Erft-Kreises vertritt.
„Hoffentlich denken die, die nicht für Friedrich Merz gestimmt haben, über die Konsequenzen ihres Tuns nach“, sagte Seif vor dem zweiten Wahlgang, der dann mit 325 Ja-Stimmen das aus seiner Sicht gewünschte Resultat erbrachte. Die angestrebte Regierungsbildung sei Voraussetzung für den dringend notwendigen Politikwechsel in Deutschland.
CDU-Abgeordneter hatte am Morgen „Daumen drücken“ gepostet
Am Morgen hatte Detlef Seif in einem Facebook-Post „Deutschland, uns allen und Friedrich Merz die Daumen“ gedrückt. Ob er etwas geahnt hatte? Wie auch immer: Nach dem gescheiterten ersten Versuch schrieb er, er finde es bedauerlich, dass nicht alle Abgeordnete der Koalitionsfraktionen für Merz gestimmt hätten.
Und weiter: „In der aktuellen Situation kann ,Verantwortung für Deutschland' nur bedeuten, dass wir schnellstmöglich eine stabile Regierung bilden.“ CDU/CSU und SPD dürften keine Zeit verlieren und müssten die „erforderlichen wichtigen Maßnahmen für den Politikwechsel in Deutschland auf den Weg bringen“.
Für AfD-Abgeordneten Rüdiger Lucassen ist Merz schwer angeschlagen
Rüdiger Lucassen, AfD-Abgeordneter aus dem Kreis Euskirchen, sieht Friedrich Merz bereits jetzt schwer angeschlagen. Der CDU-Chef habe schon wegen des Koalitionsvertrages einiges an Kritik einstecken müssen. Nach dem Scheitern in der ersten Runde sei Merz noch deutlicher geschwächt: „Dieser Makel bleibt an ihm hängen – da gibt es kein Vertun, auch wenn die Erleichterung nach dem zweiten Wahlgang im CDU-Block groß war.“

Der AfD-Abgeordnete Rüdiger Lucassen.
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Merz habe die Union in eine politische Sackgasse manövriert und sich vollends den linken Parteien ausgeliefert, sagte Lucassen. Die schwarz-rote Koalition besitze keine stabile Mehrheit, weil sie für ihre Politik keine Mehrheit in der Bevölkerung habe: „Das Volk hat mehrheitlich Mitte-Rechts gewählt und bekommt Mitte-Links verordnet. Das wird nicht funktionieren.“
Dieser Makel bleibt an ihm hängen – da gibt es kein Vertun.
Auch wenn Merz nun Kanzler geworden sei: Eine wackelige Mehrheit in einer Koalition sei wie ein Damoklesschwert, das über ihm schwebe und dazu führen werde, „dass er bei Gesetzesvorhaben auf die Grünen angewiesen sein wird“. Die Folge werde sein, „dass die CDU ihr Markenzeichen, das Konservative, verliert“.
Lucassen sagte auch, grundsätzlich bringe es nichts, Mutmaßungen darüber anzustellen, welche Abgeordneten im Auftaktwahlgang nicht für Merz gestimmt hätten. Eines sei aus seiner Sicht aber unbestritten: „Es wäre zu kurz gesprungen, die Abweichler nur bei der SPD zu suchen.“
Dr. Georg Kippels aus Bedburg, der die Interessen des mittleren und des nördlichen Teils des Rhein-Erft-Kreises vertritt, hatte vor dem zweiten Wahlgang versichert: „Die Unionsfraktion steht weiterhin geschlossen hinter Kanzlerkandidat Friedrich Merz und zur Verantwortung für unser Land. Die künftige Koalition hat objektiv eine Kanzlermehrheit. Jetzt sind alle gefordert, ihrer Verantwortung für Deutschland gerecht zu werden und für eine stabile Regierung zu sorgen. Die Lösung der Probleme in unserem Land duldet keinen Aufschub.“
Nach dem geglückten zweiten Wahlgang frohlockte Kippels, der Parlamentarischer Staatssekretär im Gesundheitsministerium geworden ist: „Ich freue mich sehr, dass wir nun eine handlungsfähige Regierung haben, um unserer nationalen und internationalen Verantwortung gerecht zu werden.“ Mit der im zweiten Anlauf erfolgten Wahl von Friedrich Merz zum Bundeskanzler habe das demokratische System seine Resilienz und Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt.